Musikdirektor Marcel Dreiling stellt Chorbücher für Gemischte Chöre vor.
Eine alternative zu einzelnen Notenausgaben sind Chorbücher die nach verschiedenen Kriterien geordnet, verschiedene Chorsätze in gebundener Form bieten.
Diese Sammlungen gehen mit der Zeit und sind so ein Abbild der Chorlandschaft: Aus dem Klassiker „Ars musica“ (latein) wird „Chor aktuell“ (deutsch) und schließlich „pop 4 voices“ (englisch mit sprachlicher Verkümmerung: die Zahl 4 für „for“
In diesem Artikel möchte ich die gängigen Sammlungen vorstellen und jeweils ein charakteristisches Werk vorstellen.
1. „ars musica“ , Möseler Verlag, Wolfenbüttel, 1965
Dies ist der Oldtimer unter den gängigen Sammlungen – aber immer einfach unersetzlich. Der vierte von insgesamt fünf Bänden richtet sich ursprünglich an „höhere Schulen“. Er bietet in zwei Kapitel zum ersten Chormusik in geschichtlicher Reihenfolge und zweitens Chormusik im Leben der Schule. Für Schulungen, so die Ausbildungen von Dirigenten ist dies Werk nach wie vor hervorragend, da es sowohl für den musikpraktischen Gebrauch, aber auch für musikgeschichtliche Betrachtungen eine Fülle von sehr guten Beispielen gibt. Hier möchte ich zwei davon benennen:
a) Das „Kyrie“ aus der „Missa brevis“ von Giovanni Pierluigi da Palestrina.
Dies ist ein schönes Beispiel der klassischen Vokalpolyphonie, die in seiner Schlichtheit viel Ruhe ausströmt und den Zuhörer wie den Chorsänger gleichermaßen berührt.
Für die neuere Musik wähle ich von den Komponisten Distler, Strawinsky, Hindemith von letztgenanntem einen Kanon
„Wer sich die Musik erkiest“.
Der archaisch anmutende Text stammt von keinem Geringeren als Martin Luther. Die dorische Komposition ist über einem Orgelpunkt auf dem Ton D der beigefügten Instrumentalbegleitung aufgebaut. Ein schöner, aber nicht einfacher zweistimmiger Kanon endet mit dem Text
„.. weil die lieben Engelein selber Musikanten sein“ – was gibt es denn schöneres als solch einen Text vertonen zu können: wahrlich himmlische Musik.
2. „Chor aktuell “ Bosse Verlag, 1983
Sollten Sie noch den olivgrünen „Ur-Band“ besitzen, wissen Sie sicherlich was Sie für einen Schatz haben: der Beatles-Titel „Michelle“ im Satz von K.-F. Jehrlander. Dieser ist so geschickt arrangiert, dass er keine Wünsche offen lässt. Leider musste dieser Titel bei der Neuauflage aus rechtlichen Gründen entfernt werden.
Dieser erfolgreiche Band wurde u. a. 2012 als „Chor aktuell 2“ fortgeführt. Die Kapitel sind benannt: „Weltliche Chormusik“, „Geistliche Chormusik“, „Weihnachten“, „Spiritual/Pop/Rock“.
Hier möchte ich Ihnen „A hymn to the virgin“ von Benjamin Britten empfehlen. Das doppelchörig angelegte Werk ist mit Chor und Solistenquartett relativ einfach und sehr stimmungsvoll zu gestalten. Responsorisch antworten und ergänzen die Solisten in den zwei ersten Strophen dem Chor. Die dritte Stophe, auch von der Dynamik her der Höhepunkt, überlagert die beiden Chorgruppen schließlich, bevor das Werk morendo (ersterbend) im pianissomo ausklingt.
3. „Pop 4 voices“, Helbling-Verlag, 2010
Es ist eine große und langwierige Aufgabe die Rechte für die Bearbeitung und Vermarktung aktueller Pop-Titel zu erwerben. Genau dies sucht und benötigt aber der „Junge Chor“. Hier besteht die Möglichkeit auf Arrangements deutscher Musiker zuzugreifen. Schön, dass manche Titel für den Sänger, und nicht für den Pianisten geschrieben sind. So ist mit ein wenig Aufwand ein respektables Ergebnis zu erreichen: Herbert Grönemeyers „Mambo“ im Arrangement von Oliver Gies oder vom Herausgeber Lorenz Mairhofer „The Scat Calypso“
4. „Einfach vokal“ Strube Verlag, 201
Nach „Eine kleine Melodie“ ist im Strube Verlag 2011 von Siegfried Bauer „Einfach vokal“ erschienen. Bewusst einfache geistliche und weltliche Gebrauchsmusik muss nicht trivial sein! Allein 10 Geburtstags-lieder bringen endlich mal Abwechslung! Eine schöne Geste: der katholische Diözesanmusikdirektor Walter Hirth vertonte den lustigen Text des Rottenburger Bischofs Johan Baptist Sproll „Heute wird ich sechzig“. Der evangelische Kirchenmusikdirektor Prof. Siegfried Bauer nimmt das in seinen Band auf. Das ist gelebte Ökumene.
5. „Chor im Jahr 1“, Helbling-Verlag, 2011
Dieser gewichtige, gebundene Sammelband mit 230 Chorsätzen stellt mit über einem Kilogramm Gewicht eine sportliche Herausforderung für die Sänger dar. Manches Werk wäre dabei schlichtweg überflüssig, so der „Neuaufguss“ des Klassikers „Kommt, ihr G’spielen“ im Satz von Melchior Frank (1630) mit neuem Text „Freut euch und singet“; Text, Musikergänzung und Arrangement: Lorenz Maierhofer.
6. „Chorissimo!“, Carus-Verlag, 2008
Auch dieser Band richtet sich eigentlich an dem Bedarf der Schulen aus, ist aber für jeden Chor eine wahre Fundgrube. CD und ein Klavierband sind eine sinnvolle Ergänzung für dieses Werk. Die Chorwerke sind oft für SAM (Sopran, Alt, Männerstimme) angelegt, was manch einem schrumpfenden Chor hilfreich ist. Dabei ist diese Literatur von traditionell bis modern – ganz ohne Staub.
Exemplarisch wähle ich „You’ve got a friend“ von Carol King im Arrangemant von Christoph Schönherr. Nach einstimmigen Beginn entwickelt sich das Arrangement über die Zweistimmigkeit bis hin zur Dreistimmigkeit. Die einzige Männerstimme ist, wie bei diesem Genre üblich, keine Bassstimme, sondern ein Tenor. Dies stellt für herkömmlich geprägte Männerstimmen durchaus eine Herausforderung dar.
7. „Cantabile1“, Schott-Verlag, 2007
Dieser Sammelband ist Teil eines 5-bändigen Schobers „Chorleitung in Theorie und Praxis“. Besonders geglückt ist der Kommentarband zu diesen Chorbüchern, der die Kompositionen erklärt und sinnvolle Tipps zum Dirigat und zur Einstudierung gibt. Bei „Komm holder Lenz“, dem Eingangschor des Hayden’schen Oratoriums „Die Jahreszeiten“ lesen wir: „Zum Dirigat: Ausschwingendes Allabreve-Dirigat“ und weiter ganz sinnvoll unter „Vorschläge zur Einstudierung: Der Chorsatz eignet sich auch mit Klavierbegleitung hervorragend … der Klavierpart sollte allerdings erst nach der Einstudierung aller Chorstimmen hinzugezogen werden“
8. „Loreley“, Carus Verlag, 2006
Endlich gibt’s unsere schönen Volkslieder, ansprechend im neuen Kleid. Bravo! Bei diesen Arrangements geht die Post ab. Schauen Sie sich mal die „Schwäb‘sche Eisenbahn“ im Satz von Joachim Rohrer (*1964) an. Den anspruchvollen durchkomponierten Satz können Sie sich auch auf der zugehörigen CD anhören. Dieser Band darf in ihrer Sammlung nicht fehlen.
Die Verlage haben uns in den letzten Jahren eine wahre Fülle von neuer und ansprechender Chormusik geboten. Neben Fremdsprachlichem, Englischem gibt es auch wieder schöne, aktuelle Chormusik in deutscher Sprache. Helfen wir alle den Veragen mit dieser wichtigen Arbeit fortfahren zu können indem wir die Noten kaufen – in Chorstärke!