Wenn am Ende einer oft langen und anstrengenden Probenphase die Organisation des Konzerts ansteht, so sind die Aufgaben rund um das eigentliche Ereignis eher ungeliebte Tätigkeiten, die nur auf den ersten Blick wenig mit dem künstlerischen Moment zu tun haben.
Dabei gibt es an dieser Stelle eine Fülle von hochinteressanten und wichtigen Aufgaben die genauso wie die Aufführung unmittelbar zum Erfolg beitragen. Vier tragende Säulen stehen im Mittelpunkt der Bemühungen:
- das künstlerische Gelingen
- die Wertschätzung des Konzertpublikums
- das harmonische Miteinander der Beteiligten
- die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit
Das künstlerische Gelingen soll hier nicht im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Allerdings ist das der Kern jeglichen Engagements und die Basis einer erfolgreichen Konzertorganisation. Wie sollen alle anderen Aufgaben sonst erfolgreich gedeihen, wenn das Wesentliche nicht ausreichend tragfähig ist. Das wird nicht funktionieren.
Die Wertschätzung des Publikums muss hart erarbeitet werden. Das Konzertereignis ist hierfür der einzige Moment.
Die Phase der Proben, die Vorbereitung und Organisation des Konzerts sollen alle Beteiligten zu einer Gemeinschaft zusammenschweißen, die zusammenhält und jeden noch so scheinbar geringen Beitrag als wertvoll empfindet. Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit hat zunächst den unmittelbaren Zweck, Publikum anzulocken. Langfristig lässt sich darüber ein Image transportieren. Die Reflexion der künstlerischen Leistung in den Medien ist zudem Motivation und Ansporn.
Deligieren ist der Schlüssel zum Erfolg
Jeder kennt das Gefühl, für alles verantwortlich sein zu müssen und zu wollen. Die Gruppendynamik eines Chores fördert ein Stück weit diesen Anspruch, weil es – ob wir es wollen oder nicht – um Anerkennung und Wertschätzung geht. Wer viel macht, bekommt viel Anerkennung. In der Praxis ist es freilich immer ein eingeschworener Kreis, der die Verantwortung trägt. Es lohnt sich dennoch, immer die Gruppe offen zu halten für neue oder jüngere Mitglieder. Dann bleibt Raum für neue Impulse und Ideen. Klare Aufgabenbereiche ohne Hierarchien, aber mit einer genauen
Definition, sorgen für Struktur und Konfliktvermeidung. Im Übrigen macht es Sinn, die eigene Toleranzbereitschaft gegenüber den Mithelfern möglichst hoch zu halten. Jeder tut sein Möglichstes, das verdient im Ehrenamt immer ein Mindestmaß an Hochachtung. Streit und Grabenkämpfe haben hier – wie eigentlich in vielen anderen Lebensbereichen – nichts verloren.
Die Öffentlichkeitsarbeit: Presse und Social Media
Es ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Einerseits sind die Möglichkeiten, an die Öffentlichkeit zu treten, so vielfältig wie nie. Andererseits sind die Leser von Zeitungen und User von Social Media von Informationen überflutet und gesättigt. Wer beispielsweise Mitglied bei facebook ist, kennt die große Masse an Konzerthinweisen und Einladungen. Ebenso tun sich die Redaktionen genauso schwer, sich zu orientieren und eine Auswahl zu treffen. Auch sollte man sich nicht darin verlieren, immer außergewöhnliche Alleinstellungsmerkmale zu finden. Nicht jedes Konzert taugt dazu, zum absoluten Highlight der Saison aufgeblasen zu werden. Dennoch gelten immer noch drei alte Regeln, die die Arbeit mit den Medien erleichtern:
- gutes, hochauflösendes Bildmaterial
- ein guter, knapper Text mit der Möglichkeit, ihn inhaltlich ohne viel Mühe zu kürzen
- persönliche Kontakte zu wichtigen Journalisten und Redaktionen
Print-, aber auch viele Onlinemedien haben immer noch einen klassischen Redaktionsschluss für die nächsten Tage oder den folgenden Monat. Möchte man einen größeren Artikel oder sogar ein Interview platzieren, sollte viel früher als die üblichen 5 bis 6 Wochen vor dem Konzert der Kontakt gesucht werden. Eines muss klar sein: Es gibt keinen Anspruch auf Berichterstattung. Die Grenze zwischen einer gesunden Hartnäckigkeit gegenüber einem Redakteur und einer penetranten Lästigkeit ist ein schmaler Grat. Wer darüber hinaus auch noch beleidigt und empört auf das fehlende Wohlwollen der Redaktionen reagiert, zerstört unnötig Porzellan.
Newsletter und Einladungen
Genauso lästig kann auch der Versand von Newslettern per Mail für die Empfänger sein. Eine Information pro Quartal und unmittelbar vor dem Konzert sollte genügen, um dieses Potential ausreichend abzuschöpfen. Will man Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Kultur ansprechen, ist eine persönliche Einladungskarte in Zeiten der elektronischen Kommunikation fast schon wieder ein Alleinstellungsmerkmal. Hier gilt es, über die Jahre Adressbestände aufzubauen und zu pflegen.
Plakate und Flyer
Das Plakatieren ist fast überall schwierig geworden. Öffentliche Flächen sind rar, zudem ist es mittlerweile in vielen Städten verboten, „wild“ Plakate zu kleben. Hinzukommt, dass es die Helfer viel Zeit kostet. Dennoch sollte man darauf nicht ganz verzichten, immer noch gehört das Plakat zu den klassischen Werbemitteln. Wer ein Kirchenkonzert veranstaltet, hat meist gute Chancen, in den Nachbarpfarreien aushängen zu dürfen. Auch die Kontaktpflege mit Geschäftsinhabern erleichtert diese Aufgabe enorm. Als überaus effektiv – wenn auch nicht weniger aufwändig – erweist sich immer noch die direkte Verteilung von Werbekarten bei anderen Konzerten.
Internet
Eine höhere Wahrnehmung im Internet erreicht man übrigens auch durch die Benutzung kostenloser Presseportale (z. B. www.openpr.de). Zwar hat ein solcher Eintrag keine große unmittelbare Auswirkung auf das anstehende Konzert, jedoch steigert sich dadurch das Ergebnis bei den Suchmaschinen. Die Veranstaltungstools bei facebook sind einfach und schnell zu bedienen, die Erfahrung zeigt aber, dass sich dadurch der Kreis der potentiellen Interessenten nur schwer vergrößern lässt. Die erhaltenen „likes“ sind nette Gefälligkeiten, die selten in einen tatsächlichen Konzertbesuch münden.
Das Programmheft
Ein wertig aufbereitetes Programmheft gehört ebenso zu den wichtigen Image- und Informationsträgern. Eine gute Werk-einführung, Texte und Biographien mit einem Interview des Dirigenten und guter Bildaufbereitung macht es auch zu einem attraktiven Werbeträger für Inserate. Jeden-
falls sind die Zeiten lieblos zusammenkopierter Faltblätter endgültig vorbei.
Die Helfer vor Ort
Reden wir hier von der Konzertorganisation, so handelt es sich meist um das Konzert in Eigeninitiative, meist an denselben Orten. Die Infrastruktur ist bekannt, die handelnden Personen kennen sich gut. Umso wichtiger ist es, möglichst allen Helfern – sei es an der Kasse, beim Einlass oder bei der Verpflegung der Solisten und des Chores, oder am Ende bei der Reinigung der Räume – immer wieder zu danken und ihnen gegenüber die notwendige Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Das Programmheft bietet dazu auch sicher den richtigen Platz. Wer im Dank vergessen wird, reagiert meist enttäuscht und wird sein Engagement ohne viele Worte zurückfahren oder einstellen.
Vorverkauf
Der Kartenvorverkauf ist ein wichtiges Marketinginstrument und kann über die Wochen vor dem Konzert ein sehr guter Gradmesser für die Nachfrage sein. Die Erfahrungen beim Vorverkauf hierzu sind regional verschieden. Viele Vorverkaufstellen gehen leider zunehmend dazu über, nur noch Karten über die eigenen Abrechnungssysteme zu verkaufen. Das muss kein Nachteil sein, es ist jedoch das Ende des eigenen Kartenbestands, über den man als Veranstalter bisher frei verfügen konnte. Die Vorverkaufsgebühr wird zuzüglich zum Kartenpreis erhoben. Je nach Kartenpreis kann das die Schmerzgrenze des Interessenten übersteigen. Eine gute Kostenkalkulation des Konzerts hilft bei der Preisgestaltung.
Blick auf die Finanzen und Öffentlichen Zuschüsse
Zur Konzertorganisation gehört natürlich auch der sorgsame Umgang mit den Finanzen. Dies fußt auf der üblichen Organisationsform eines Vereins oder einer Kirchengemeinde. Da dies sicher immer Thema in den Publikationen und Fortbildungen des Schwäbischen Chorverbandes ist, sei hier nicht gesondert darauf eingegangen. Ebenso nicht auf das weite Feld der Regeln zum Urheberrecht (GEMA), wenngleich dies ganz existenziell zum Wesen der Konzertorganisation und -aufbereitung gehört. Hier sollte man unbedingt böse Überraschungen vermeiden. Die Bemühungen um öffentliche Zuschüsse der Kommunen sind aufwändig und oft nicht sehr ertragreich. Dennoch schaffen die Anträge eine Aufmerksamkeit bei den Entscheidungsträgern in der Kulturpolitik. Eine Zusammenarbeit erschließt oft noch andere Werbemöglichkeiten in den Medien einer Stadt oder eines Landkreises.
Fazit
Die Konzertorganisation bildet zusammen mit der künstlerischen Qualität der Veranstaltung die wichtigsten Grundpfeiler für den Erfolg und Nachhaltigkeit. Sie erfordert mindestens so viel Energie, Planung und Leidenschaft wie die Proben und die Aufführung selber. Wer sich ein tragfähiges Netzwerk aus Pressekontakten, Multiplikatoren und Helfern aufbaut, dies sorgsam und emphatisch pflegt, und sich auf der breiten Klaviatur der Möglichkeiten im Internet mit Fingerspitzengefühl zu bewegen lernt, sorgt für die notwendige Wahrnehmung und damit für die finanzielle Grundlage der Konzerte, die ohne diesen Unterbau kaum denkbar sind.
To Do Liste Konzertorganisation
- Erstellung der Kostenkalkulation ab Zeitpunkt der Konzertplanung
- Terminprüfung: Gibt es Konkurrenzveranstaltungen? Ferienzeiten? Regionale Großveranstaltungen?
12 Wochen vorher:
- Erstellung der Grafik für Plakat, Programmheft und Flyer, auch optimiert auf die elektronische Verwendung Pressetext nach den gängigen Regeln erstellen: Head – Subhead – Anlauf – Artikeltext – Bilder – Kontaktdaten – zusätzliche Pressefotos des Ensembles sichten, ggf. neu erstellen
- Inhalte auf die eigene Homepage setzen
- Erstinformationen in den Social Media streuen
- Helferteam zusammenstellen, Aufgabenverteilung festlegen.
- Spätestens: Eintrag in die regionalen Online-Terminkalender
6 Wochen vorher:
- Presseversand per Mail mit Pressetext, hochauflösendem und attraktivem Bildmaterial.
- 1. Newsletter-Versand
- Plakatierung und Flyerverteilung beginnen, beständig fortführen bis in die letzten Tage vor dem Konzert
- Drei „Making of“- Bilder (z. B. Impressionen aus Proben, GP oder anderen erzählenswerten Momenten) vorbereiten für die Verwendung auf der Homepage oder facebook.
- Versand der persönlichen Einladungen über Postweg
Über den Autor
Andreas Meixner ist seit Frühjahr 2007 Mitgesellschafter des renommierten Klassiklabels SPEKTRAL RECORDS. Er ist Produzent vieler CD-Produktionen und kümmert sich um das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit.
In seiner weiteren Profession als Kulturmanager betreut er seit 2008 die STIMMWERCKTAGE und übernimmt in 2012 die Kammermusikreihe PRO MUSICA EICHSTÄTT im Spiegelsaal der Residenz. Darüber hinaus ist er Herausgeber der REGENSBURGER MUSIKEDITION, für die er in 2013 mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg ausgezeichnet wurde. Als Bariton ist er Mitglied professioneller Vokalensembles. Für das Feuilleton der Mittelbayerischen Zeitung ist er seit 2014 als Konzertkritiker tätig, für die Süddeutsche Zeitung seit 2016.
Seine vielfältigen Erfahrungen im Kultur- und Musikgeschäft führten zu Lehraufträgen und Gastvorträgen an den Hochschulen in Jena und Regensburg. 2015 wurde er zudem zum künstlerischen Leiter der Kammermusikreihe “Musikförderkreis Neutraubling-Köfering” berufen. In 2017 übernimmt er auch die Verantwortung für die „Kirchenkonzerte Sallern“ in Regensburg.