Das Erlebnis Chorgemeinschaft – ein Beispiel für ein vielleicht etwas anderes Konzertmodell
Nunmehr zum fünften Mal präsentierten sich meine Chöre in einem gemeinsamen Konzert im Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle. In den vergangenen Jahren wurden in dieser Struktur ausschließlich Weihnachtskonzerte veranstaltet, in 2017 das erste Mal ein Neujahrskonzert.
Jeder meiner sieben Chöre präsentierte sich – zum Teil auch in mehreren Formationen (Junger Chor / Gemischter Chor / Männerchor) ca. fünf bis zehn Minuten lang den anderen Chorfreunden und einem Publikum, welches – und das ist wohl das Besondere – mitten zwischen den Chören sitzt. Die meisten Ensembles singen – ob a cappella oder mit Klavierbegleitung – natürlich von der Bühne aus, aber einzelne Chöre befinden sich tatsächlich im Zuschauerraum (chorisch stimmlich verteilt) und stehen zu ihren Vorträgen auf, um dann direkt vom entsprechenden Sitzplatz aus zu singen.
Dies geht natürlich nur a cappella und da die Zuschauerränge nicht als Bühne konzipiert sind, stellt dies auch immer eine ganz besondere Herausforderung an die dort platzierten Chöre dar. Ebenfalls ist die Logistik der Hauptprobe und auch die Vorbereitung und Organisation der genauen Platzaufteilung im Saal – selbstverständlich bevor der Kartenverkauf beginnt – jedes Mal aufs Neue eine interessante, mathematisch und auch musikalisch äußerst anspruchsvolle Aufgabe, die wie immer durch meine eifrigen Mitstreiter Karin Willet-Darcis, Jörg Henning und Thomas Koschke bestens bewältigt wurde.
Der besondere Reiz für das Publikum ist aber zweifelsohne der bei den gemeinschaftlichen Stücken erzielte Stereosound im akustisch hervorragenden Mozartsaal, welcher unbenommen die Voraussetzung für so ein außergewöhnliches Unterfangen ist. Hat man als Veranstalter keinen akustisch wirklich einwandfreien Saal, kann man so ein Konzert sofort vergessen! Aus allen Ecken, von allen Seiten, von der Bühne und von den hinteren Zuschauerrängen kommt aus ca. 300 Kehlen ein nahezu einheitlicher mitreisender Chorklang, der – ob als Männer – oder Gemischter Chor – Sänger und Publikum immer gleichermaßen begeistert.
In der Einleitung habe ich schon darauf hingewiesen, dass es das erste Jahr war, dass ein Neujahrskonzert veranstaltet wurde. Dies hat den einfachen Grund, dass man im Vergleich zu einem Weihnachtskonzert in der Literatur im Januar viel flexibler ist.
Jeder Chor konnte sich so mit dem Repertoire seines letzten, vorletzten, oder aktuellen Konzertes, oder auch mit neuen Stücken in seiner kurzen Auftrittszeit individuell präsentieren und hatte somit eigentlich kaum Vorbereitungszeit auf dieses Konzert und: Die meisten Sängerinnen und Sänger fanden es toll, die besten Titel aus dem noch einigermaßen abrufbaren Konzertprogramm noch einmal in so einer tollen Umgebung in Stuttgart vor ausverkauftem Haus wiederholen zu dürfen.
So ein ganzes Projekt steht und fällt natürlich neben einer perfekten Vorbereitung und musikalisch ordentlichen Vorträgen mit der Moderation, die die komplett individuellen Präsentationen der Chöre zu einer Einheit, einer Chorgemeinschaft zusammen führen muss. Hier konnten wir, wie auch in den ganzen Jahren zuvor, mit Peter Gorges, dem SCV ja nicht unbekannten professionellen Sprechkünstler, einen außergewöhnlichen Moderator gewinnen, der es immer wieder aufs Neue versteht, genau diese nicht ganz einfache Aufgabe auf seine eigene und sehr beliebte Art professionell zu meistern.
Zusammengefasst kann so ein Konzertmodell nur empfohlen werden, da mit verhältnismäßig wenig musikalischem Aufwand ein großartiges Gesamtkunstwerk als Gemeinschaftskonzert geschaffen werden kann. Selbstverständlich kann dies auch von mehreren Chören und Chorleitern gemeinsam – auch auf Verbandsebene – geplant und veranstaltet werden, jedoch wird es erfahrungsgemäß mit steigender Zahl der Verantwortlichen womöglich nicht unbedingt einfacher.