Neue CD der Hannoveraner A-cappella-Formation
Die Anschaffung der neuen CD „Sistemfeler“ (kein Rechtschreibfehler) ist mit Sicherheit keine Fehlinvestition. Mit ihrem neuesten Album übertrifft sich die Vocal Band Maybebop selbst und stellt erneut wieder dar, welche musikalischen Experimente mit der menschlichen Stimme möglich sind. Maybebop, das sind Jan Bürger, Countertenor; Lukas Teste, Tenor und Vocal Percussion; Oliver Gies, Bariton und Sebastian Schröder, Bass. Ob Popsong, Balladen, Comedy oder Hip Hop – die neue CD deckt die komplette Bandbreite der Musik ab, die vokal umsetzbar ist.
Musikalische Bandbreite: von traditionell über Klassik und Pop bis hin zu Hip Hop
Oliver Gies, der die meisten Songs auf der neuen Scheibe arrangiert hat, beweist immer wieder aufs Neue ein gutes Händchen dafür, Volksliedern wie „Dat du min Leevsten büst“ ein modernes Gewand zu schneidern, ohne den Kern des Liedes zu verletzten. Dieses Geschick zeigt sich auch beim Umgang mit dem Klassiker „Bolero“ von Maurice Ravel. Hier thematisiert Oliver Gies in Anlehnung an einen Loriot Sketch humoristisch einen Konzertbesuch des kulturinteressierten Bürgertums. Der Text ist hierbei sicherlich zweitrangig, während das Arrangement an „The Swingle Singers“ und ihre Version von Piazzollas „Libertango“ erinnert. Es wurde ein Meisterwerk aus der Feder von Oliver Gies, das Ravels Klassiker auf eine ganz neue Klangebene hebt.
Eine A-cappella-CD mit einem Marsch ist eher ungewöhnlich. Dass es dennoch funktioniert, beweisen die Hannoveraner im Song „Marschbefehl“, in dem rein vokal fast ein komplettes Blasorchester ersetzt wird. Maybebop und Marschmusik – eine Mischung, die gute Laune garantiert.
Themen aus der digitalen Welt, dem Alltag und der Gesellschaft
Der Titel des Albums „Sistemfeler“ lässt ein thematisch sehr technisches Programm vermuten. Dies trifft aber nur auf wenige Tracks der insgesamt 15 Songs zu. Die „Ode an die Heimat“ thematisiert u. a. das Leben auf der ständigen Suche nach einem WLAN-Empfang. Was singt man, wenn jemand Geburtstag hat? Am besten das neue Lied „Weil du heut Geburtstag hast“. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, der oberflächlichen Freundschaften vielleicht zur Ernsthaftigkeit verhelfen könnte. Aber auch „Auf der Suche“ zeigt, dass unsere Gesellschaft immer nach etwas Neuem sucht und dadurch sich selbst nicht immer treu bleibt. Maybebop thematisiert die Tagesschau und ihre ursprüngliche Relevanz von damals und ihren Stand heute mit arabischen Klängen.
Menschlichkeit und Seele
Autobiografisch wird es im Song „Verdammt zu lieben“. Eigentlich ein sehr schönes Lied über das Leben einer Kleinfamilie, lässt es doch erahnen, wie das Leben in einer Band wie Maybebop ist. Doch die CD hat so viel Gefühl, Menschlichkeit und Seele wie kein Maybebop-Album zuvor.
Das „Lied vom Nicht-Verstehen“, in dem politische Entscheidungen oder Glaubensfragen thematisiert werden, lässt den Hörer mit offenen Fragen alleine zurück und regt zum Nachdenken und Handeln an. Spätestens bei „Ab und zu ein paar Geigen“ ist jeder seinem melancholischen Gefühl ergeben und verdrückt eine Träne, wenn die Stimmen von Maybebop zusammen mit den Instrumenten der NDR Elbphilharmonie verschmelzen und musikalische Schallgrenzen durchbrechen.
Fazit
„Sistemfeler“ ist eine CD mit Songs, die Ohrwurmpotential und Hitcharakter haben. Als Hörer erkennt man, dass Jan, Lukas, Oliver und Sebastian sehr viel Spaß mit ihrem neuen Produkt haben. Die CD ist für den heimischen Gebrauch mehrfach am Tag zu empfehlen. Der Besuch eines Live-Konzertes von Maybebop ist ein Muss.