Die in den Chören unseres Verbandes gesungene Musik ist breit gefächert. Das Volkslied, die moderne Chorliteratur, die klassischen Kunstlieder des 19. Jahrhunderts stehen in Konkurrenz zur modernen Chorliteratur, aber auch zu unzähligen Bearbeitungen, Potpourris und – eben auch – Coverversionen.
Häufig gestellte Fragen in diesem Zusammenhang:
- Wann liegt eine Bearbeitung vor?
- Ist jede Umgestaltung eines Originals eine Bearbeitung, auch wenn sie nur in einer Tonanhebung oder dem unselbstständigen Nachlauf einer weiteren Stimme besteht?
- Ist eine Coverversion eines Originals eine Bearbeitung?
- Was ist das originalgetreue Nachspielen oder Nachsingen urheberrechtlich?
- Welche GEMA-Lizenz muss ich wofür einholen, welche Verlagserlaubnis?
Viele Fragen, die in der kreativen Gestaltung des Repertoires vieler Chöre eine wesentliche Rolle spielen. Oft ist der Chorleiter selbst der Arrangeur oder Bearbeiter, der damit auch zum Urheber wird. Hier können nicht alle Fragen beantwortet werden, einige aber schon. Es sind hoffentlich die, die im Alltag der Chorarbeit am häufigsten gestellt werden und vorkommen.
Die Bearbeitung:
Was also ist eine Bearbeitung? Das ist die erste Frage. Nicht jede Veränderung der Originalnoten und –texte ist eine Bearbeitung im Sinne von § 3 UrhG. Man kann drei Stufen unterscheiden:
Die (absolut werkgetreue, daher seltene) Wiedergabe eines Stückes, das von einer anderen Gruppe komponiert und aufgeführt wurde.
Zweite Stufe: Die „andere Umgestaltung“, im Gegensatz zu – drittens – der Bearbeitung als eigentliche Form der Umgestaltung. Einzelheiten ergeben sich aus den §§ 3, 16 und 23 UrhG.
Fangen wir von hinten an: Die Bearbeitung. Sie setzt zunächst ein zu bearbeitendes Original voraus. Wenn dieses geschützt und nicht schon gemeinfrei ist, ist grundsätzlich die Genehmigung des Urhebers durch den Bearbeiter einzuholen.
Die Bearbeitung ist eine eigene geistige Schöpfung und hat zur Folge, dass ein – freilich an das Original angelehntes – eigenes Werk entsteht. Es lässt sich vorstellen, dass die Nähe oder Entfernung zum Original in großer Vielfältigkeit stattfindet.
Der Bearbeiter genießt einen eigenen Urheberrechtsschutz, wenn seine Bearbeitung gegenüber dem Original eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreicht, diese also eine eigene kreative Leistung in Anlehnung an das Original ist.
Die Umgestaltung
Nun zur zweiten Stufe, der „sonstigen Umgestaltung“ im Sinne von § 23 UrhG. Das Gesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen Bearbeitungen und anderen Umgestaltungen. Der Unterschied liegt im Grunde genommen darin, dass die Veränderung des Originals bei der Bear-
beitung in höherem Maße das Ergebnis einer schöpferischen Leistung des Bearbeiters ist, wohingegen die sonstige Umgestaltung sich stärker am Original orientiert und dieses eher nachahmt, als es schöpferisch umzugestalten.
Beide Begriffe berühren sich natürlich vielfältig und es gibt nicht selten Abgrenzungsschwierigkeiten. Im Übrigen gibt es auch noch eine weitere Stufe, nämlich die der „freien Benutzung“ im Sinne von § 24 UrhG. Ein wesentlicher Anwendungsfall der freien Benutzung ist die Improvisation. Diese nimmt charakteristische, eingängige Elemente des Originals auf und umgibt sie mit meist auf spielerischer Qualität und Kompetenz beruhender eigener Gestaltung.
So entsteht ein – meist mangels Dokumentation flüchtiges – Werk, aber ein urheberrechtlich geschütztes. Die Rechte eines Improvisators finden sich vor allem im Bereich der Leistungsschutzrechte, § 73 UrhG. Auf YouTube werden viele von Ihnen schon „nachgespielte Improvisationen“ gehört haben; eines der berühmtesten Beispiele ist sicherlich das Kölner Konzert von Keith Jarrett, das ausnahmslos aus Improvisationen besteht und häufig „vorbildgetreu“ nachgespielt wurde. Nun sind wir am gedanklichen Ziel dieser Ausführungen: der Coverversion.
Die Coverversion
Es liegt auf der Hand, dass die Identität oder zumindest Ähnlichkeit von Original und Coverversion größer ist als die von Improvisation oder Bearbeitung. Wer covert, bringt zum Ausdruck: Ich will eine andere Version des gecoverten Stückes musizieren, bestenfalls mit dem Original „in Dialog treten“.
Deshalb ist ein taugliches Unterscheidungskriterium, dass die Coverversion ein aufgeführtes Stück in anderer Weise wiedergibt (Beispiel: In den achtziger und neunziger Jahren wurde „Yesterday“ von den Beatles etwa 2.000 mal gecovert). Die „sonstige Bearbeitung“ bringt eher eine originalnahe Umarbeitung zu (Noten) Papier, die Bearbeitung eine freiere, kreativere. Die freie Bearbeitung schließlich, wie wir sie beispielsweise in der Improvisation erkennen, zitiert häufig markante Stellen oder Gedanken des Originals und kreist in mehr oder weniger großer Entfernung um dieses.
Allen Formen des Umgangs mit fremden Kompositionen ist gemein, dass sie den Urheber des Originals erkennen lassen und seine Rechte wahren. Das geschieht durch die Wahrung seiner Urheberrechte, die im Wesentlichen im Vergütungsrecht und seiner Nennung als Urheber liegen.
Und schließlich: § 14 UrhG schützt den Urheber vor Entstellung. Es gehört zu seinen unverzichtbaren Rechten, dass er eine solche Entstellung untersagen kann.
Im Übrigen gilt: Änderungen seines Werkes sind im Sinne der hier gemachten Ausführungen zulässig, wenn er den Änderungen zugestimmt hat oder die Zustimmung nach Treu und Glauben nicht verweigern kann, § 39 Ziff. 2 UrhG.
In der Praxis gibt es zahllose Streitfragen und unterschiedliche Meinungen. Auch der Bundesgerichtshof hat sich wiederholt mit diesen Fragen beschäftigt. Des-
halb gilt auch für unsere Chorarbeit: Im Urheberrecht wird es stets mehr Fragen als Antworten geben.
Deshalb: Nutzen Sie die Beratungsangebote des Schwäbischen Chorverbandes, wo Zweifel bleiben, und gehen Sie im Übrigen „den sicheren Weg“.