…und Zusammensetzung des Vorstandes.
Der Hintergrund dieses ersten Beitrags im neuen Jahr wird manchem Vereinsvorstand bekannt vorkommen. Ich berichte über eine Entwicklung, die in den vergangenen Jahren bei den Vereinen des Schwäbischen Chorverbandes deutlich zugenommen hat und die darin besteht, dass anstelle der klassischen Vorstandsbesetzung „erster Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender, Kassier und Schriftführer“ neue Zusammensetzungen gewählt werden, welche ein Vorstands“team“ im Auge haben und welche neben einer Gleichberechtigung in der Wahrnehmung der Vorstandsämter auch eine Verteilung der Vorstandsverantwortung auf mehrere Vorstände beabsichtigt.
Hintergrund ist die allgemein bekannte Situation, dass es immer noch und eigentlich zunehmend schwer ist, Verantwortliche an die Vereinsspitze zu wählen. Häufig wird im Rahmen der Erstberatung gefragt, was zu tun sei, wenn nicht alle Vorstandsämter bei Neuwahlen besetzt werden können. Gefragt wird auch, ob ein „Vorstandsteam“ vom Amtsgericht akzeptiert und ins Vereinsregister eingetragen wird.
Zwei Vorbemerkungen:
Zum einen: Die Wahl des Vorstandes kann nur entsprechend der Satzungsregelungen erfolgen, die zum Zeitpunkt der Wahl gültig sind. Wenn also ein Vorstand in anderer Zusammensetzung als in der bisher gültigen Satzung genannt gewählt werden soll, muss zunächst die Satzung geändert werden.
Zum anderen: Das Gesetz verlangt einen mehrköpfigen Vorstand nicht. § 26 Abs. 1 Satz 1 BGB sagt lapidar: „Der Verein muss einen Vorstand haben.“ Mehr nicht. Es genügt also, wenn der Verein nur einen Vorsitzenden hat.
Dass dies unzweckmäßig ist (keine Stellvertretung, keine Arbeitsteilung), liegt auf der Hand. Deshalb ist der mehrköpfige Vorstand seit 150 Jahren und länger eingeführt. Und: das System hat sich bewährt. Funktionen und Arbeitsanfall konnten nach Qualifikation und verfügbarer Zeit verteilt und erledigt werden.
Unter den Mitgliedern des „klassischen“ Vorstands waren auch diejenigen, die den Verein im Sinne von § 26 BGB nach außen vertreten, alleinvertretungsberechtigt oder gemeinsam.
Das oder die vertretungsberechtigte/n Vorstandsmitglied/er wurde/werden in das Vereinsregister eingetragen; er/sie vertreten im Sinne von § 26 BGB den Verein nach außen. Auf diese Weise wird dem Rechtsverkehr zugänglich, wer der/die gesetzlichen Vertreter des Vereins ist/sind. Deshalb ist auch wichtig, für die alsbaldige Austragung eines vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieds beim Registergericht Sorge zu tragen, der nach dem Willen der Mitgliederversammlung den Verein nicht mehr vertreten soll (Abwahl, Ende der Wahlperiode, keine Wiederwahl).
Klassischer und erweiterter Vorstand
Der „klassische“ Vorstand im Sinne von § 26 BGB wird in vielen Vereinen ergänzt durch einen „erweiterten“ Vorstand, eine „Vorstandschaft“ oder wie sonst die weiteren Vorstandsmitglieder und ihr Gremium bezeichnet werden. Sie haben teils beratende Funktion, teils begrenzte Aufgaben (Ausrichtung von Veranstaltungen, Vertretung eines von mehreren Chören im Gesamtvorstand etc.) und sind entweder gewählt oder vom jeweiligen Chor im Verein entsandt.
Auch der Chorleiter gehört häufig zum erweiterten Vorstand; zum Geschäftsführenden oder engeren Vorstand sollte er nicht gehören, da er angestellter Mitarbeiter des Vereins (freiberuflich) ist und er natürlich nicht soll darüber mitentscheiden müssen/können, wie sein eigenes Dienstverhältnis ausgestaltet wird (Kündigung, Gehaltserhöhung etc.).
Viele Vereine haben begonnen, dieses klassische System zu verändern. Zum einen können Vorstandsposten nicht selten bei Wahlen nicht besetzt werden, zum anderen sind Vorstände in vielen Satzungen mit zu vielen Vorstandsposten ausgestattet. Verschlankung und Verantwortungsverteilung (Haftungsverteilung!) sind deshalb zunehmend Motiv für die Veränderung der Vorstandsstruktur.
Die Registergerichte tragen dieser Entwicklung Rechnung. § 26 BGB steht einem „Vorstandsteam“ aus gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern nicht entgegen. Wichtig ist nur, dass die Vorstandsfunktionen eindeutig zugeordnet werden können und unmissverständlich klar ist, wer (alles) den Verein nach außen vertritt.
Natürlich kann ein Vorstandsteam in der Satzung auch so geregelt sein, dass alle Vorstandsmitglieder nur gemeinsam vertretungsberechtigt sind. Praktisch ist das allerdings nicht. Bei jeder Unterschriftsbeglaubigung, bei jedem Vertragsabschluss müssten die Vorstandsmitglieder gemeinsam handeln. Deshalb ist es auf jeden Fall zu bevorzugen, dass Mitglieder eines Vorstandsteams einzelvertretungsberechtigt sind.
Die Flexibilität der Vorstandsbesetzung kann auch dadurch erhöht werden, dass eine variable Zahl von vertretungsberechtigten Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstands in der Satzung geregelt wird.
Beispiel:
Der Vorstand setzt sich aus „bis zu“ drei gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern zusammen.“ Oder: „Der Vorstand besteht aus zwei bis vier gleichberechtigten, einzelvertretungsberechtigten Vorstandsmitgliedern.“
Eine Stellvertreterregelung ist bei solchen Vorstandsteams nicht erforderlich. Allerdings kann – und sollte – in einer internen Geschäftsordnung nicht nur die Aufgabenverteilung auf die einzelnen Vorstandsmitglieder, sondern auch eine Aufgaben- und Funktionsstellvertretung geregelt sein. Diese Geschäftsordnung, die durch einen Geschäftsverteilungsplan ergänzt werden sollte, unterliegt nicht der Eintragungspflicht ins Vereinsregister und auch nicht dessen Kontrolle. Die Geschäftsordnung kann vom Vorstand beschlossen werden oder von der Mitgliederversammlung. In der Satzung sollte nur geregelt sein, wer zuständig ist.
Ämter attraktiver gestalten
Gesetzgeber und Verbände tun viel, um Mut und Motivation für die Übernahme von Vereinsämtern zu geben. Dazu gehört die gesetzliche Haftungserleichterung für Vorstandsmitglieder durch Begrenzung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Dazu gehören auch Gesamt- und Rahmenversicherungen, welche für den (seltenen) Haftungsfall einen geeigneten, weder den Verein noch sein Vorstandsmitglied wirtschaftlich gefährdenden Schutz vorsehen.
Kein Grund also, nicht mit Freude und Engagement ein Vorstandsamt zu übernehmen!
Die Mitgliederversammlungen unserer Vereine finden in aller Regel im Frühjahr eines Kalenderjahres statt. Wir haben es deshalb für richtig gehalten, zu möglichst guten und vollständigen Vorstandsbesetzungen durch unsere heutigen Hinweise beizutragen.
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
Telefon: 07453 1677
Telefax: 07453 9554596
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.