Die Förderung der Jugend ist bundesweit wichtig, doch nicht überall ausreichend.
Das Ergebnis des Rechtsgutachtens im Auftrag des Deutschen Bundesjugendrings ist eindeutig: Jugendverbände sind zu fördern. Doch die Realität zeigt, dass hier bundesweit immense Unterschiede bestehen, die die Deutsche Chorjugend nun in ihrer aktuellen Kampagne aufzeigt.
Das Land, in dem Milch und Honig fließen. So nehmen viele Chorjugenden aus Deutschland Baden-Württemberg wahr. Wer hier lebt weiß, ja, die Bedingungen sind gut, aber noch lange nicht ideal. Dass viele Bundesländer neidvoll auf Baden-Württemberg (und zuweilen auch Bayern und Nordrhein-Westfalen) sehen, dürfte eigentlich nicht sein. Denn die Bundesrepublik hat sich selbst zum Ziel gesetzt, gleichwertige Lebensverhältnisse für alle zu schaffen.
Die Deutsche Chorjugend hat im vergangenen Jahr ihre Mitgliedsverbände befragt. Ziel war es, herauszufinden, ob und wie die Jugendarbeit in den Verbänden von den jeweiligen Bundesländern gefördert wird. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick ernüchternd. 43 % der Mitgliedsverbände der Deutschen Chorjugend erhalten keine Landesfördermittel für ihre Kinder- und Jugendarbeit.
Chorjugend ist nicht gleich Chorjugend
Die Gründe für die unterschiedliche Förderung sind vielfältig. Die Deutsche Chorjugend hat diese auch abgefragt. Die häufigsten Gründe liegen demnach darin, dass die Fördermittel vom Erwachsenenverband verwaltet und nicht als explizite Jugendmittel dargestellt werden oder die Chorjugend kein eigenständiger Verband ist. Hier zeigt sich wieder, wie unterschiedlich die Strukturen in den Verbänden sind. Und zugleich wird deutlich: Die Länder fördern überwiegend, wenn junge Menschen selbst beteiligt werden und in eigenständigen Jugendverbänden Vertrauen genießen.
Warum wir Jugendverbände brauchen
Ein Anliegen der Kampagne der Deutschen Chorjugend ist neben dem Blick auf die Förderung auch ein Augenmerk auf die Bedeutung organisierter Jugendverbände zu legen. Jugendverbände sind „kein Luxus, sondern gerade unter den Bedingungen des demografischen Wandels eine absolut notwendige Aufgabe der Gesellschaft“ schreibt der Deutsche Bundesjugendring.
Den besonderen Charakter der Jugendverbände beschreibt der Gesetzgeber im § 12 SGB VIII. „In Jugendverbänden (…) wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet.(…) In Jugendverbänden (…) werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten.“ Weiter wird hervorgehoben, dass Jugendverbände diese Aufgaben auf Dauer wahrnehmen und nicht nur unregelmäßig oder kurzzeitig.
Der bedeutsame gesellschaftliche Wert von Jugendverbänden liegt demnach darin, dass junge Menschen Selbstwirksamkeit erfahren. Sie erlernen in demokratischen Prozessen Meinungsbildung und das Durchsetzen eigener Interessen. Junge Menschen entscheiden also selbst, welche Projekte, Themen und Arbeitsweisen im Jugendverband aktuell sind. Dadurch unterscheiden sich Jugendverbände von anderen Angeboten in der freien Jugendhilfe, in welchen Erwachsene die Themen festlegen. Die Selbstorganisation in den Jugendverbänden ist ein hohes Gut, dies ist den Bundesländer regelmäßig eine Förderung wert, die anderen Angeboten verwehrt bleibt.
Jugendverbände sind zu fördern
Der Deutsche Bundesjugendring hat 2013 ein Rechtsgutachten erstellen lassen, um die Frage zu klären, welche gesetzliche Verpflichtung für die Kommunen, Länder und den Bund bestehen verbandlich organisierte Jugendarbeit zu fördern. Diese kommt zu einem eindeutigen Schluss: Aus den Rechtsnormen des SGB VIII ergibt sich, dass die Förderung von Jugendverbandsarbeit keine freiwillige Leistung, sondern eine Pflichtaufgabe ist. Die zuständigen Träger, in der Regel die Kommunen und Länder, können also nicht darüber beraten, ob sie die Verbandsarbeit fördern, sondern lediglich wie. Kurz gesagt: Jugendverbände sind zu fördern.
Die Umfrage der Deutschen Chorjugend zeigt, dass Jugendverbände häufiger gefördert werden als andere Chorjugend-Angebote. Doch auch hier sind die Unterschiede spürbar. Dies liegt unter anderem an der sehr unterschiedlichen Verortung der Angebote. In den meisten Bundesländern werden die Verbände aus dem Kulturministerium gefördert. Bei den eigenständigen Jugendverbänden kommt der jeweilige Kinder- und Jugendplan des Landes hinzu.
Die Situation in Baden-Württemberg
Für die musikalische Jugendarbeit in den Verbänden in Baden-Württemberg besteht die Besonderheit, dass diese gemeinsam mit ihren „Mutterverbänden“ beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst angesiedelt sind und auch von dort gefördert werden. Die Chorjugend im Schwäbischen Chorverband erhält demnach – wie der SCV selbst – überwiegend Geld für fachliche Bildungsmaßnahmen. Zusätzlich werden überfachliche Maßnahmen wie Jugendleiterausbildungen oder Freizeiten aus dem Kinder- und Jugendplan des Landes gefördert. Eine Besonderheit in Baden-Württemberg ist weiter, dass schulnahe Maßnahmen wie die Musikmentoren und Musiklotsen trotz der Umresortierung weiterhin aus dem Bildungsbereich gefördert werden.
Solidarität bundesweit
Nun könnte sich die Chorjugend im Schwäbischen Chorverband, die einzige eigenständige Chorjugend in Baden-Württemberg, über die besondere Situation freuen. Doch eine funktionierende Jugendverbandsarbeit ist darauf angewiesen, dass Jugendliche auch an anderen Orten Selbstorganisation erleben und sich bundesweit mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Daher ist es der Chorjugend ein Anliegen, auf die Situation anderer Verbände und die Bedeutung der Jugendverbandsarbeit hinzuweisen. Damit bundesweit junge Menschen ihre Anliegen in Chören argumentieren können und die Vereine noch mehr zu Brutstätten demokratisch freiheitlicher Gedanken und fairen Umgangs miteinander werden.