Digitalisierte Werbung als Herausforderung und Chance für Chöre
Die Mitgliederzahlen schwinden, die Sänger werden immer älter. Es scheint, als wäre Chorsingen ein aussterbendes Hobby. Nicht mehr aktuell, nicht mehr modern, nicht mehr „up to date“. Kurzum, an vielen Gesangsvereinen nagt der altbekannte Zahn der Zeit.
Immer weniger Interessenten melden sich auf teure Anzeigen in regionalen Zeitungen, kaum einer beachtet noch die zeitintensiv erstellten und verteilten Flyer, die zusammen mit Fastfoodprospekten und allerlei anderer Werbung direkt im Altpapier landen. Viele Chöre bangen um ihren Fortbestand. Auf der anderen Seite der Briefkästen sitzen Menschen auf der Suche nach einem kreativen Ausgleich zum stressigen Berufsalltag, nach Gemeinschaft und Spaß in der Gruppe.
Neue Wege für neue Mitglieder finden
Sie sind nicht weg, die Sängerinnen und Sänger von heute, sie lassen sich nur nicht mehr wie gewohnt finden. Neue Wege müssen
gegangen werden, digitale Wege, Wege im World Wide Web, die Interessierte dort erreichen, wo sie gerade sind, mit Hilfe des Mediums, das jeder von uns eigentlich immer bei sich hat und das fast alle regelmäßig nutzen. In der S-Bahn kurz durch Facebook scrollen und schauen, was es auf der Timeline Neues zu entdecken gibt, oder in der Mittagspause mal eben checken, was Instagram zu den Lieblingshashtags zu bieten hat, oder zuhause auf dem Sofa Ebay-Kleinanzeigen nach den besten Schnäppchen in der Region durchsuchen.
Beinahe alle sind heute online und fast jeden erreicht man dort, warum also Social Media nicht gezielt auch für Chöre und Gesangvereine nutzen, um sich dort zu präsentieren, für Aufsehen zu sorgen und potentielle Neuzugänge anzusprechen und zu begeistern. Für dich sind Social Media, Timeline und Hashtags Böhmische Dörfer? Du bist kein Digital Native und sprichst nichts fließend in Bits und Bytes? Die schlechte Nachricht: Es kommt Arbeit auf dich zu. Die Gute: Es wird wirklich günstig und vielleicht ein echter Erfolg!
Du wunderst dich, hier gerade von einer völlig fremden Autorin geduzt zu werden? Ärger dich nicht, die Sozialen Medien kennen kein Sie. Die Sprache ist einfach, man kennt sich, jeder jeden und alle sind irgendwie vernetzt. Quasi so, als würdest du einem alten Freund von der letzten Chorprobe erzählen. In eigenen Worten, persönlich, vertraut. Schließlich willst du mit deinem Facebookposting Menschen locken und Barrieren abbauen. Neue Sänger sollen sich trauen, beim Chor vorbeizuschauen. Das klappt besser, wenn man sich quasi schon kennt.
Wie funktioniert also Werbung über Facebook?
Jeder, der eine eigene, private Facebookseite hat, kann eine sogenannte Fanseite erstellen. Also eine kostenlose Seite für den Chor oder Gesangverein, mit dem Ziel möglichst viele Personen mit ähnlichen Interessen zu erreichen. Wichtig ist, wie immer in der Werbung, dass diese optisch ansprechend und übersichtlich gestaltet ist. Ein tolles Titelbild vom ganzen Chor und noch ein kleineres als Profilbild. Ihr habt ein Logo? Wunderbar, dann gehört dieses genau dort hin. Nun noch ein paar aussagekräftige Punkte in die Infos. Wann finden eure Proben statt, welche Art von Musik gehört zu eurem Repertoire, welche Auftritte sind geplant und wo kann man euch finden. Fertig ist euer Online-Auftritt.
Um kostenlos eine große Reichweite zu erzielen, ladet ihr nun alle Mitglieder, Freunde und Bekannten ein, die Seite mit „Gefällt-Mir“ zu markieren. Eure Follower können nun eure Beiträge ebenfalls liken oder teilen und sorgen so ganz kostenlos dafür, dass Interessierte von euch erfahren. Natürlich ist es wichtig, eure Fanseite regelmäßig mit Inhalt zu füllen, dafür haben gerade Chöre eine unheimliche Fülle an Material. Ein kurzes Video von der letzten Chorprobe, ein Handyschnappschuss hinter der Bühne beim nächsten Auftritt, ein flott geschriebener Bericht über eure Aktivitäten. Fast alles eignet sich, um Interesse zu wecken und neue Follower online und Mitglieder offline für euch zu begeistern. Dabei gilt: je mehr Persönlichkeit desto besser. Betont, was euch auszeichnet, was euch besonders macht, stellt eure Mitglieder vor, berichtet von euren Auftritten und zeigt vor allen Dingen, welchen Spaß ihr bei dem was ihr tut, habt. Vernetzt euch mit den Seiten der Regionalverbände und Veranstaltungen in eurem Umkreis, teilt und liked deren Beiträge und nutzt so deren Reichweite, um auf euch aufmerksam zu machen.
Klingt einfach? Ist es! Und vor allem ist es völlig kostenlos. Sollte doch im Budget etwas Geld für Werbung übrig sein und ihr eine besondere Veranstaltung haben, die ihr bewerben wollt, dann ist auch dieses Geld leicht und sinnvoll investiert. Statt teure Plakate drucken zu lassen und zeit- und mitgliederintensiv Flyer zu verteilen, habt ihr die Möglichkeit eine Anzeige auf Facebook zu bewerben. Ihr zahlt dafür pro Tag einen frei gewählten Betrag ab ein Euro und wählt aus, welche Zielgruppe in welcher Region euer Posting erreichen soll. Facebook übernimmt dann den Rest. Ihr habt euren Facebookauftritt erstellt und könnt die ersten Erfolge verzeichnen? Dann ist ein wichtiger Schritt getan. Ihr könnt euch nun überlegen, euch auf dieses eine Medium festzulegen, oder aber ihr habt Gefallen an der Welt der Social Media gefunden und seid bereit weitere Planeten für euch zu erobern.
Instagram ist die Plattform eurer Wahl, wenn ihr mit aussagekräftigen Bildern und Videos glänzen und punkten könnt. Keine Bange, diese müssen nicht vom Fotografen gemacht sein, ein Handy reicht, um ansprechende, persönliche Fotos oder Videos hochzuladen. Bei der nächsten Probe ein paar Stimmübungen aufgezeichnet, oder einen Schnappschuss vom Chorleiter gemacht? Nichts wie los auf Instagram. Mit einem Filter und einem kurzen Text aufgepeppt habt ihr euer perfektes Posting auf Instagram. Dieses verseht ihr mit sogenannten #Hashtags, durch welche ihr von denjenigen, die sich für ähnliche Themen interessieren gefunden werdet. Ihr werdet sehen, wie schnell die ersten Reaktionen, Likes und Kommentare zu eurem Beitrag erscheinen.
Menschen erreichen über Instagram
Instagram ist eine internationale Plattform, die Beiträge weltweit gleichermaßen anzeigt. Das Portal eignet sich, um schnell und unkompliziert eigene Inhalte ohne teure Homepage online zu stellen und diese Beiträge dann ganz automatisch auf Facebook zu teilen. Es geht hier nicht im Speziellen darum, tatsächliche Interessenten zu finden, sondern sich eine digitale Visitenkarte aufzubauen, die man sowohl potentiellen zukünftigen Sängern, die sich noch nicht für einen speziellen Chor entschieden haben, als auch den Veranstaltern zukünftiger Auftritte zeigen kann. Eine Möglichkeit zur Eigenwerbung in beiderlei Hinsicht also und zudem eine tolle Historie, um die eigenen Aktivitäten Revue passieren zu lassen.
Auch hier gilt, wie bereits auf Facebook, Mitmachen ist alles! Je mehr Mitglieder die Beiträge liken, teilen und kommentieren, desto höher wird eure Reichweite. Social Media ist nichts für den Einzelnen. Es braucht keinen PR-Manager und keinen Verantwortlichen, alle sind gefragt. So wie ihr gemeinsam singt, gemeinsam eure Lieder auswählt und gemeinsam auf der Bühne euer Bestes gebt, so pflegt ihr auch gemeinsam euren Onlineauftritt und jeder trägt sein Möglichstes zum Erfolg bei.
Kreative Wege gehen und einfach etwas wagen
Eine weitere digitale Plattform, die du zweckentfremden kannst, um neue Sängerinnen und Sänger aus deiner Region zu generieren ist Ebay-Kleinanzeigen. Der Gesangsverein Steinhaldenfeld hatte diese ungewöhnliche Idee im vergangenen Jahr und hat, statt dort nichtbenötigte Gegenstände zu verkaufen, Plätze im eigenen Ensemble angeboten. Jeder hat die Möglichkeit, auf Ebay-Kleinanzeigen ein Inserat zu schalten, dies mit einem Bild zu versehen, einen Text dazu zu verfassen und gleich die eigenen Kontaktdaten mitanzugeben. Da das Medium zugegebenermaßen ungewöhnlich ist, wird es kaum Nutzer geben, die dort gezielt nach Chören suchen – mit der richtigen Überschrift kann dies allerdings beeinflusst werden. Finden sich Worte wie „Musik“, „Singen“, oder „Liederbuch“ im Titel, wird der Inhalt automatisch allen angezeigt, die nach ebensolchen oder ähnlichen Schlagwörtern suchen. Also versucht doch einfach eine Überschrift wie: „Du hast Spaß an Musik, liebst es zu singen und schaust nicht gern allein ins Liederbuch?“ Laut Herrn Raecke, dem Vorsitzenden des Gesangvereins Steinhaldenfeld, haben einige Neumitglieder auf diesem Wege zum Verein, der aus knapp hundert Mitgliedern und ungefähr 50 aktiven Sängerinnen und Sängern besteht, gefunden.
Ob Facebook, Instagram, oder Ebay-Kleinanzeigen. Ob altbekannte Wege oder neue Medien – wichtig ist es, aktiv zu werden. Nicht duldsam ertragend dabei zuzusehen, wie der eigene Chor immer kleiner wird, sondern proaktiv die Zukunft zu gestalten. Oder um es mit den Worten von Thomas Morus zu sagen: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.“ In diesem Sinne gilt es, die Liebe zur Musik und den Spaß am Singen auf jede erdenkliche Weise und auf allen möglichen Kanälen in die Öffentlichkeit zu tragen und so die Leidenschaft, die hinter dem Projekt Chor steckt, für ein breites Publikum erlebbar zu machen.
So lassen sich junge Menschen für das gemeinsame Singen, Proben und Präsentieren begeistern und so lässt sich die Qualität, die die hiesige Chorwelt seit langen Jahrzehnten auszeichnet, halten und in die Zukunft transportieren. Es gibt sie heute genau wie früher die Menschen, die mit Engagement und Begeisterung am Singen auf der Suche nach anderen sind, die diese Passion teilen. Sie wollen lediglich gefunden und eingeladen werden. Ganz persönlich, ohne Barrieren, quasi freundschaftlich auf Du und Du. Es gilt, Hemmungen zu überwinden und auf neuen Wegen online wie offline aufeinander zuzugehen.
Anna Abed
Kleines Wörterbuch für Nicht-Digital-Natives:
Digital Native: „Digitaler Muttersprachler“
Bits und Bytes: Elektronische Speichereinheiten, quasi die Sprache des Computers
Fanseite: Seite, auf der ein Hobby / eine öffentliche Person /eine Organisation dargestellt wird
Timeline: Die Frontseite einer Plattform, neue Beiträge werden hier angezeigt (Zeitstrahl)
Follower: Interessierte, die einer Fanseite folgen
Postings: Beiträge auf einer Plattform, sie erscheinen in der Timeline deiner Follower
Liken und Teilen: Interaktion mit Postings, mit „Gefällt mir“ markieren oder weiterverbreiten
Hashtag: „#“ Schlagwort, das Beiträge auffindbar macht
„#“ – Die 30 besten Hashtags für Chöre
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