Die Vereine suchen Chorleiter: Amateurmusik und Bundesakademie bilden sie aus.
Ein gemeinsames Anliegen und gemeinsames Arbeiten.
Dirigieren, Stimmbildung, Probenmethodik und Vermittlung stehen im Zentrum des bundeszentralen berufsbegleitenden Lehrgangs „Chorleitung“, der im Februar 2020 an der Bundesakademie Trossingen beginnt. An der Entwicklung dieses Lehrgangs maßgeblich beteiligt war und ist die stellvertretende Direktorin der Bundesakademie, Christina Hollmann. Sie gibt Einblicke in die Entwicklung des Lehrgangs und erklärt, warum eine solche Ausbildung ohne die Zusammenarbeit mit der Amateurmusik nur bedingt denkbar wäre.
Ein Chor funktioniert nicht ohne eine gut ausgebildete Chorleitung. Daher ist es eines der größten Anliegen des Schwäbischen Chorverbandes, neben zahlreichen Weiterbildungen, vor allem die Ausbildung der Chorleiter zu fördern und immer neue Wege zu eröffnen. Einer der wichtigsten Partner bei dieser Aufgabe ist die Bundesakademie Trossingen, denn wo das Ausbildungssystem des Chorverbandes mit der C3-Ausbildung endet, da setzt der B-Lehrgang der Bundesakademie an
„Unsere Aufgabenstellung ist es, für unsere Mitglieder, aktiv zu sein. Daher ist der Kontakt zur Amateurmusik unfassbar wichtig. Das zeigt sich auch bei der Belegung des B-Lehrgangs: vor allem für die Chorleiter, die aus der C-Qualifizierung kommen, gibt es hier einen großen Bedarf“, erklärt Christina Hollmann.
Eine Ausbildung mit Tradition
Die Ausbildung an sich ist an der Bundesakademie nicht neu. Vor allem im Instrumentalbereich ist es ein erfolgreiches Modell. Im Chorbereich wurde sie aber vor zwei Jahren, auch in Zusammenarbeit mit Vertretern der Amateurmusik, neu konzipiert. Nun ist der erste Lehrgang abgeschlossen und die Ausschreibung für einen neuen Kurs ab 2020 da. Die Dozenten stehen fest, die Inhalte sind festgelegt, nun braucht es noch geeignete Kandiaten.
Viele Teilnehmer aus den C-Ausbildungen
„Die meisten Teilnehmer des B-Lehrgangs kommen aus der C-Ausbildung, also aus dem Ausbildungssystem der Amateurmusik.
Wir können nur den passenden Lehrgang anbieten, wenn der Kontakt stimmt und somit auch die Anschlussstellen gewährleistet sind. Marcel Dreiling ist für unsere Vernetzung ein unheimlich wichtiger Partner“, erklärt die stellvertretende Direktorin.
Eine Meinung, die auch Marcel Dreiling, Musikdirektor des Schwäbischen Chorverbandes unterschreiben kann. Das Ausbildungssystem beginnt beim C1-Kurs, also dem Vizechorleiterkurs und baut dann sowohl was Inhalte, also auch Abschlüsse angeht aufeinander auf. Ziel ist es durch diese Struktur den Einstieg in die Chorleitung niederschwellig zu gestalten, aber den Weg zu höheren Abschlüssen und auch Spezialisierungen so leicht wie möglich zu gestalten.
„Die Chorleiterausbildung ist ein lebendes System. Es gibt immer wieder Gespräche, darüber, wie die Konzeptionen in beiden Richtungen angepasst werden müssen, wie sie sich weiterentwickeln, damit sie gut ineinander greifen. Eine gute Rückkopplung ist hier unerlässlich“, bestätigt Hollmann und schließt an: „Wir müssen unsere Inhalte auch darauf abstimmen, was die Teilnehmer mitbringen. So kann man im Ausbildungssystem nahtlos anschließen und eine Durchlässigkeit schaffen.“
Die Anpassung der Systeme aufeinander ist wichtig, denn sonst sind die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kurs schwierig. Mindestens genauso wichtig ist aber die Entwicklung und Fähigkeiten der Teilnehmer jedes einzelnen Kurses im Auge zu behalten.
„Wir haben natürlich Lehren aus dem ersten Lehrgang gezogen. Diese Erfahrungen floßen in die Konzeption des neuen Lehrgangs 2020 mit ein. Es formen aber auch immer die Teilnehmer den Lehrgang mit. Die Inhalte stehen fest, aber wir können mit Blick auf die Teilnehmer, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten, immer flexibel agieren“, erklärt sie. Auf diese Weise werden die Teilnehmer optimal gefördert.
Neue Zeiten, neue Herausforderungen:
Der Beruf des Chorleiters hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und setzt mittlerweile Fähigkeiten voraus, die über das rein musikalische weit hinaus gehen. „In Zukunft sollen die Bereiche Kommunikation, Soziale Kompetenzen und Chormanagement im Curriculum gestärkt werden. Wir reagieren damit auf die reale Situation, mit der Chorleiter heute in Vereinen konfrontiert werden. Ein Chorleiter hat heute meist mehr Aufgaben, als ausschließlich musikalischer Leiter zu sein. Es geht darum die Methodenkompetenz zu schärfen, und ihn auf seine zukünftige Rolle vorzubereiten“, gibt Hollmann Einblick in die Ausbildung.
Eine Ausbildung nahe an der Realität, mit Wissen, um das Einsatzgebiet einer Chorleitung, das ist das Ziel. „Ein Chorleiter ist oft auch Berater. Hier ist es wichtig die Teilnehmer zu begleiten und zu zeigen, wo es wichtig ist sich abzugrenzen. Es geht letztlich um Achtsamkeit sich selbst gegenüber. Kurz: es geht darum die Fähigkeiten im Bereich der Softskills, fachlicher und außerfachlicher Kompetenzen der Teilnehmer zu erweitern.“
Ganz nah an der Realität, damit eben auch ganz nah an der Amateurmusik. Wie wichtig diese Grundeinstellung zum Beruf des Chorleiters ist, erleben Amateurchöre in ihrem Vereinsalltag. Die musikalische Leitung eines Amateurchores setzt andere Fähigkeiten voraus, als die eines Hochschulchores – ganz wertneutral. Beide Ensembles haben ihre Eigenheiten, mit beiden muss ich wissen umzugehen.
Spannungsfeld Beruf und Hobby
„Für die Sänger ist es Freizeit, für den Chorleiter aber sein Beruf. Das kann zu Spannungsfeldern führen, die man wahrnehmen und mit denen man vor allen umgehen lernen muss. Das sind Fähigkeiten, die man außerhalb dieser Ausbildung als Chorleiter so gut wie gar nicht lernt“, erklärt Hollmann den Schritt diese Softskills in die Ausbildung aufzunehmen. Das passende methodische Werkzeug für solche Situationen schon während der Ausbildung zur Hand gegeben zu bekommen kann hier den entscheidenden Unter-
schied machen.
„Chorleitung ist zu 80% Handwerk und wir sind dafür da, das zu fördern und weiterzuentwickeln. Man muss flexibel genug sein, damit die Inhalte die Realität widerspiegeln. Der Lehrgang muss im Alltag helfen. “, bestätigt auch Hollmann.
Die Einstellung zur Amateurmusik setzt sich in der Bundesakademie auch bei der Wahl der Dozenten fort. „Unsere Dozenten sind Profis mit einem guten Blick auf die Amateurmusik. Sie müssen die Lebenswirklichkeit der Teilnehmer kennen“, sagt Hollmann.
Im Rahmen der sechs Lehrgangsphasen erhält jeder Teilnehmer die Möglichkeit gemäß seiner Interessen ein thematisches Modul zu belegen. Durch diese Vertiefungsmodule werden die Inhalte des Lehrgangs erweitert. Hier werden Fenster zu Bereichen geöffnet, die die Teilnehmer später im Vereinsalltag oder als Spezifizierung noch gebrauchen können. 2020 werden die Vertiefungsmodule „Rock, Pop, Jazz“ sowie „Kinderchor“ sein. Hier spielen presönliche Interessen natürlich eine Rolle.
Der B-Lehrgang ist ein bundesweiter Lehrgang, der allen Interessierten offen steht. Ein stabiles Fundament stellen die Absolventen der C-Ausbildungen in der Amateurmusik. Von hier kommt der Chorleiternachwuchs. „Für uns ist es ein Segen, dass es die verbandliche Arbeit gibt“, freut sich Christina Hollmann. Die gut vernetzte Entwicklung der Ausbildungen sind ein gutes Beispiel dafür, wie unterschiedliche Institutionen sich gegenseitig unterstützen und nahtlos zusammenarbeiten können.
Alle Informationen zum Bundeszentralen Berufsbegleitenden Lehrgang (B-Qualifikation Ausbildungssystem Amateurmusik) Chorleitung findet sich unter:
www.bundesakademie-trossingen.de