Interview mit Musiker und Arrangeur Klaus Frech
Klaus Frech wurde 1964 in eine musikalische Familie am Rande Bremens hineingeboren; er erhielt privaten Cembalo-Unterricht bei Ludger Rémy, bei dem er später an der Folkwang-Musikhochschule studierte. Parallel zu dieser klassischen Ausbildung lernte er autodidaktisch Gitarre und entwickelte sehr bald ein ausgeprägtes Interesse an Pop- und Jazzklängen (und allem dazwischen) – und an der Improvisation.
Dem Studium folgten etliche Jahre des freiberuflichen Spagats zwischen Alter Musik und diversen Pop- und Jazzprojekten, für die er Tasten bzw. Gitarre spielte und Kompositionen, Songs und Arrangements schrieb.
Nach einem 10-jährigen Intermezzo als Einkäufer im Stahlgroßhandel begann Klaus Frech ab 2005 regelmäßig für den Jazzchor Freiburg zu arrangieren; er steuert seither einen nennenswerten Teil des Repertoires dieses Ausnahme-Ensembles bei.
Nina Ruckhaber: Wie kam es dazu, dass Du für den Jazzchor Freiburg (JCF) arrangierst?
Klaus Frech: Das war aus meiner Sicht ganz simpel: Bertrand (Gröger, Gründer und Leiter des JCF) fragte mich, ob ich nicht mal was für seinen Chor schreiben wolle! Wir sind zusammen zur Schule gegangen und haben ganze Nachmittage und halbe Nächte lang Gitarren-Improvisationen gespielt … Aus irgendwelchen Gründen hat er mir zugetraut, dass ich das kann.
Nina Ruckhaber: Hattest Du denn zu diesem Zeitpunkt noch gar keinen Ruf als Chor-Arrangeur?
Klaus Frech: Überhaupt nicht! Mein allererstes Chorarrangement war „Not Like This“ von Jeremy Lubbock, das der JCF dann viele Jahre in Konzerten gesungen und auch aufgenommen hat (JCF: A Cappella / 2012).
Nina Ruckhaber: Wie konnte das gehen? Wieso konntest Du arrangieren, ohne es gelernt zu haben?
Klaus Frech: Naja, ich hab‘s schon gelernt, irgendwie: Erstens habe ich in der Schule und im Studium viel im Chor gesungen; ich wusste also einiges darüber, wie Chorklänge entstehen. Während des Studiums habe ich Tonsatz gelernt, das ist zunächst mal ganz „trockenes“ Handwerkszeug, aber als solches eben auch sehr hilfreich! Und zu guter Letzt hatte ich ja durchaus jahrelang Arrangements geschrieben, vor allem für eine acht-köpfige Funk-Band mit Bläsersatz und Rhythmusgruppe …
Nina Ruckhaber: Aber es macht schon einen gravierenden Unterschied, ob man für Instrumentalisten oder für Sänger?
Klaus Frech: Ja klar! Ich war aber auch lange genug selbst Chorsänger, um den Unterschied zwischen einem singbaren und einem „unmöglichen“ Chorsatz am eigenen Leib erfahren zu haben. Und so habe ich natürlich immer versucht, die Dinge so zu setzen, dass ich sie selbst singen kann. Der wesentliche Unterschied ist aber aus meiner Sicht der klangliche.
Nina Ruckhaber: Wie meinst Du das?
Klaus Frech: Wenn ich ein Arrangement beginne, brauche ich als erstes eine Klangvorstellung. Ich muss sozusagen mit meinem „inneren Ohr“ hören, worauf ich klanglich hinauswill – und das klingt natürlich bei einem Chor auch innerlich ganz anders als bei einem Streichquartett oder einer Band.
Nina Ruckhaber: Ok, Du beginnst also mit einer Vorstellung davon, wie es klingen soll. Was kommt dann? Wie kann man sich den weiteren Arbeitsprozess vorstellen?
Klaus Frech: Also, wenn das jetzt eine quasi vollständige Beschreibung des Herstellungsprozesses eines JCF-Arrangements werden soll, muss ich tatsächlich noch einen Schritt zurückgehen: Am Anfang steht ein Werk, ein Song, ein Instrumentalstück, was auch immer. Diese Auswahl habe ich immer in ganz enger Absprache mit Bertrand getroffen. Es ging also immer um Werke, die aus seiner Sicht sinnvoll ins JCF-Repertoire passten, und aus meiner Sicht um Musik, die mich irgendwie berührt, die mich bewegt und begeistert. Denn ich bin absolut davon überzeugt, dass für ein wirklich gutes Arrangement der Respekt des Arrangeurs gegenüber dem Werk unabdingbar ist: Ich muss das, was ich arrangieren will, lieben und achten – und ich muss es verstanden und durchdrungen haben.
Nina Ruckhaber: Das sind ja strenge Ansprüche …
Klaus Frech: Ja, schon. Einerseits. Andererseits ist die Welt so voll von toller Musik, die noch niemand für Chor arrangiert hat – ich habe das also nie als Einschränkung empfunden.
Klaus Frech: Naja, dann kommt der Teil mit der Arbeit! Vielleicht gibt es eine bestimmte Stelle, für die ich sofort eine ganz konkrete Idee habe – das ist für mich immer ein guter Einstieg. Oder ich gehe systematischer vor (weil mir die zündende Idee gerade noch nicht kommen will) und überlege erstmal grundsätzlich, in welcher Tonart ich das Arrangement ansiedeln will, welche Stimme das Thema singen wird usw.. Letzten Endes schreibe ich dann auf, was ich selbst gerne hören möchte. Und das Tolle an der Zusammenarbeit mit dem JCF ist ja, dass ich es irgendwann auch genauso hören werde – toller Chor, wirklich!
Nina Ruckhaber: Macht es einen großen Unterschied, ob Du Songs oder Instrumentals arrangierst?
Klaus Frech: Auf jeden Fall! Der offensichtlichste Unterschied ist natürlich die Existenz eines Textes; für einen Chor ist es einfach sehr angenehm, einen Text singen zu können, der ja auch als Erinnerungsstütze fungiert. Notfalls muss man sich halt einen Text ausdenken, aber das gehört definitiv nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Abgesehen davon ist Instrumentalmusik oft auch ganz anders strukturiert als Vokalmusik: Es gibt da teilweise völlig andere Formprinzipien und Abläufe, Themen entwickeln sich über ganz andere Zeiträume – und nicht jedes Instrumental-Motiv ist singbar! Als ich z. B. „When God Created the Coffeebreak“ von e.s.t. arrangierte, war mir sehr schnell klar, dass ich den charakteristischen Basso Ostinato nicht im Chor, sondern in der Band besetze. Wahrscheinlich könnte man das auch singen, wenn man es irgendwie sinnvoll auf zwei Stimmen verteilt, aber der Charakter wäre ein völlig anderer, die Aussage wäre quasi verfälscht – das kann man machen, muss man aber wollen. Ich wollte nicht …
Nina Ruckhaber: Woran arbeitest Du aktuell?
Klaus Frech: Ich komponiere für mein Klaviertrio frech | bollini | heidepriem, ich arrangiere skandinavische Volksmusik für das duo DUVA – und ich versuche, für die Zeit nach Corona zu planen.
Nina Ruckhaber: Keine Chor-Arrangements in Aussicht?
Klaus Frech: Zurzeit nicht – sorry!
Das Interview mit Klaus Frech führte Nina Ruckhaber.
Alle Informationen zum Arrangeur unter: www.klausfrech.de