Die Gesetzesänderung in §§ 10 Abs. 2 EStG, 50 der Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung brachte zwar eine Verbesserung, doch konnten weiterhin Vereine, die sich kulturell betätigten, allerdings in einem Sinne, der in erster Linie der Freizeitgestaltung seiner Mitglieder diente, die Mitgliedsbeiträge nicht wie Spenden absetzen lassen.
Bisher eine seltene Lösung: Gründung von Fördervereinen
Dem konnte bisher nur durch die Gründung von Fördervereinen begegnet werden, für deren Mitgliedsbeiträge steuerliche Abziehbarkeit bestand. Die Regelung bedeutete in der Praxis, dass Mitgliedsbeiträge für Chorvereine in aller Regel nicht steuerlich abziehbar waren. Von der Möglichkeit, einen Förderverein zu gründen, dessen Mitgliedsbeiträge steuerlich abziehbar sind (für welche also Spendenbescheinigungen ausgestellt werden können), wurde – soweit ersichtlich – nur selten Gebrauch gemacht.
Ein neues Urteil ändert die Rechtslage:
Nun gibt es eine „brandneue“ Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 25. Februar 2021 (10 K 1622/18). In dieser Entscheidung wurde ein Freistellungsbescheid des Finanzamtes aufgehoben, welcher die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen verneinte, weil das Musizieren bei Auftritten und Proben eine Form der Freizeitgestaltung der Mitglieder sei und allein das genüge, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen zu verneinen.
Dieser Auffassung ist das Finanzgericht Köln nicht gefolgt: Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass es Ziel der Gesetzesänderung aus dem Jahr 2007 gewesen sei, den Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge an Kultureinrichtungen zu verbessern. Für die Abzugsfähigkeit der Mitgliedsbeiträge solle ausreichen, wenn der Verein zumindest einen Zweck verfolge, der nicht der Freizeitgestaltung der Mitglieder diene und auch keine untergeordnete Rolle spiele.
Im konkreten Fall ging es um einen Musikverein, der Orchesterveranstaltungen durchführe, im Übrigen aber auch nach seinem Satzungszweck Musiker im Bereich der Bläsermusik ausbilde und hierfür jährlich 25 bis 50 % seiner finanziellen Mittel einsetze.
Der hier entschiedene Fall entspricht nicht der typischen Konstellation bei Chören des SCV. Die Ausbildung (durch Einzelstimmbildung o. ä.) ist in der Regel nicht Satzungszweck, schon gar kein wesentlicher.
Das Finanzgericht entschied, dass es sich bei der Tätigkeit des klagenden Musikvereins nicht um ein reines Freizeitvergnügen handle, weshalb er für seine Mitgliedsbeiträge Zuwendungsbescheinigungen ausstellen dürfe. Das zuständige Finanzamt hat übrigens Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt.
Auf den ersten Blick ist deshalb für die Chorvereinigungen des Schwäbischen Chorverbandes die Entscheidung des Finanzgerichts Köln nicht einschlägig. Denn: Nach wie vor gilt, dass das eigene Singen von Vereinsmitgliedern im Chor als Freizeitgestaltung angesehen wird.
Noch kein Entscheid, aber ein wichtiges Zeichen:
Allerdings ist der Entscheidungsbegründung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 10b EStG im Rahmen eines Gesetzes „zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ vom 10. Oktober 2007 die gemeinnützigen Vereine im Sinne einer „zivilgesellschaftlich organisierten Mitmenschlichkeit“ durch den Abbau von Bürokratiehemmnissen fördern wollte. Deshalb müsse die gesetzliche Bestimmung weit und nicht eng ausgelegt werden.
Ob sich daraus ergibt, dass Mitgliedsbeiträge steuerlich abziehbar sind, ist damit noch nicht abschließend gesagt. Aber: Die Entscheidung des Finanzgerichts Köln ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das bürgerliche Engagement, welches der Gesetzgeber 2007 fördern wollte, findet nicht in erster Linie im professionellen oder semiprofessionellen Bereich statt, sondern eben gerade auch in der amateurmusikalischen Betätigung.
Das bedeutet aus der Sicht der Chöre des SCV:
- Wenn ein Chor neben seiner Proben- und Aufführungstätigkeit seine Sänger auch durch Stimmbildung oder in anderer Weise ausbildet und diese Tätigkeit nicht nur untergeordnet ist, kann in direkter Anwendung der Entscheidung des Finanzgerichts Köln von der Absetzbarkeit der Mitgliedsbeiträge ausgegangen werden.
- Wenn zur Förderung des Chores eines Vereins ein Förderverein gegründet wird, sind die Mitgliedsbeiträge, die an diesen Förderverein geleistet werden, ebenfalls von der Steuer absetzbar.
- Wenn ein Chor, wie im Bereich des Schwäbischen Chorverbandes die Regel, mit seinen Sängern, die gleichzeitig Mitglieder sind, einen Proben- und Aufführungsbetrieb (also Konzertbetrieb) führt, ist die Entscheidung des Finanzgerichts Köln (noch) nicht direkt anwendbar. Es empfiehlt sich, in diesem Zusammenhang Kontakt mit dem zuständigen Finanzamt aufzunehmen und nachzufragen, ob nach dessen Auffassung eine Absetzbarkeit der Mitgliedsbeiträge gegeben ist.
Denn:
Wie allgemein bekannt, ist die Ausstellung unrichtiger Zuwendungsbescheinigungen problematisch, da durch diese eine persönliche Haftung des Ausstellers, also zuständigen Vorstandsmitglieds, ausgelöst werden kann. Die Haftungserleichterungen aus den Jahren 2009 und 2011 (Begrenzung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) gelten bekanntlich im Bereich der Sozialversicherung und der Steuern nicht. Auch bleibt es hier bei der gesamtschuldnerischen Haftung des Vorstandes. Es sollte deshalb eine Ausstellung von Steuerbescheinigungen für Mitgliedsbeiträge (in der Alternative 3 oben) unterbleiben, bis eine Klärung mit der Finanzverwaltung erfolgt ist.
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.