Der 22. November ist der kirchliche Namenstag der heiligen Cäcilia, der Schutzpatronin der Musiker. Seit einigen Jahrzehnten ist dieses Fest zugleich der „Tag der Hausmusik“.
Der Legende nach lebte Caecilia im 3. Jahrhundert in Rom, wo sie als Märtyrerin gestorben ist. Viel Sicheres wissen wir nicht über sie, fest steht aber, dass die Kirche bereits seit dem Jahr 545 ihren Gedenktag am 22. November feiert. Mit der Musik wird die Heilige aber erst seit dem Spätmittelalter in Verbindung gebracht. Grund dafür ist ein Satz aus der „passio sanctae Caeciliae“, der in leichter Abwandlung als Antiphon in der Vesper gesungen wird:
„Cantantibus organis Caecilia Domino decantabat dicens: Fiat cor meum immaculatum, ut non confundar“, d.h.: „Zum Spiel der Instrumente sang Cäcilia dem Herrn mit den Worten: Möge mein Herz unbefleckt sein, damit ich nicht verderbe“.
Der Text bezieht sich auf den Hochzeitstag der Heiligen. Sie soll sich damals beim Aufspielen der Festmusik zurückgezogen haben, um ihre Sinne ganz auf Gott konzentrieren zu können. Eigentlich wäre diese Geschichte eher ein Grund, Cäcilia als Gegnerin der Musik zu betrachten, zumindest der weltlichen. Der Maler Raffael zum Beispiel hat das wohl auch so aufgefasst und um 1514 entsprechend dargestellt.
In der Bildenden Kunst und in der Musik
Auf einem Altargemälde des Renaissance-Meisters sieht man die unter einem Engelchor stehende Heilige, wie sie in ihren Händen ein nach unten gekipptes Portativ hält, aus dem die Orgelpfeifen herausrutschen. Auf dem Boden liegen bereits viele andere Musikinstrumente achtlos verstreut.
Die katholische Kirche hielt aber nun seit dem Spätmittelalter für jeden Berufsstand einen himmlischen Fürsprecher bzw. eine Schutzpatronin bereit, also auch für die Musiker. Dafür war die orgelnde Cäcilia geradezu prädestiniert. In der Bildkunst war sie bald ein beliebtes Thema. Man sieht sie dort häufig mit diversen Instrumenten musizieren, nicht selten umgeben von singenden Engeln.
Himmlische Chorführerin mit irdischen Aufgaben
Als „himmlische Chorführerin“ (so Hans Maier) hat Cäcilia dann aber bald auch etliche irdische Aufgaben bekommen. In den musizierenden „Cäcilienbünden“ zum Beispiel, die seit dem 16. Jahrhundert in Italien, Frankreich und Flandern, in Städten wie Venedig, Rom, Paris und London entstanden. Und als Namenspatronin unzähliger Kirchenchöre.
In Italien und Frankreich hat man wohl zuerst damit begonnen, den Cäcilientag mit größerem musikalischen Aufwand zu feiern und dafür eigene Werke zu schaffen. So stammt von dem Franzosen Marc-Antoine Charpentier (1643-1704) das Oratorium „Caecilia virgo et martyr“ (1686).
Die Londoner „Musical Society“ begann 1683 damit, den Cäcilientag alljährlich mit Gottesdienst und Festmusik zu feiern. Dazu gab die Society regelmäßig „Cäcilienoden“ in Auftrag. Die besten Dichter und Musiker des Königreichs haben dafür Werke geschaffen. Noch heute bekannt sind die Ode „Hail! Bright Cecilia“ (1692) von Henry Purcell und Georg Friedrich Händels „Alexanderfest“ (1736) und seine “Ode for St. Cecilias day“ (1739).
Größte Choroper des 20. Jahrhunderts
Ein jüngeres Großwerk zu unserem Thema ist die erst jüngst wiederentdeckte Oper „Die heilige Cäcilia“ von Anton Urspruch (1850-1907). Der Frankfurter Komponist, ein Vertreter der Spätromantik, hat sein Werk allerdings nicht mehr selbst vollenden können. Das haben inzwischen andere für ihn getan. Als „die größte Choroper des 20. Jahrhunderts“, vollendet von Ulrich Leykam, soll das Stück am diesjährigen Cäcilientag in Hattingen unter Regie von Peter P. Pachl uraufgeführt werden.
Noch einmal kurz zurück ins 19. Jahrhundert. Dazu schreibt Hans Maier 2005, Cäcilia sei als Musikpatronin „nirgends sehnsüchtiger als in der evangelisch geprägten Frühromantik“ gefeiert worden. Es war dies die Zeit des „Cäcilianismus“, einer Reformbewegung, die „die Parole von der Reinheit der Tonkunst“ aufgegriffen und versucht hat, das damalige Niveau der Kirchenmusik anzuheben.
Für die kleine Hausmusik
In die Reihe jener Reformer gehörte auch Jonathan Fr. Bahnmaier (1774-1841). Der in Ludwigsburg und Tübingen tätige evangelische Geistliche gab ab 1814 ein „wöchentliches Familienblatt für Christensinn und Christenfreuden“ heraus, das bezeichnenderweise „Cäcilia“ hieß. Darin veröffentlichte er Werke „für kleine Hausmusik“, u. a. 1814 einen „Chor am Cäcilienfeste“, den Friedrich Silcher vertont hat. Das Werkchen beginnt mit den Worten:
„Einheit-Reinheit-Wahrheit-Klarheit!
Das ist die Losung in der Schöpfung Chor.“
Die Pflege der Hausmusik und eine musikalische Grundausbildung gehörten im 19. Jahrhundert zu den Erziehungsstandards der besseren Bürgerfamilien. Mit der Verbreitung von Tonträgern und durch neue Lebensstile ist das später ins Hintertreffen geraten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde am 22. November 1932 der erste „Tag der Hausmusik“ veranstaltet. 1954 hat dann schließlich auch die katholische Kirche Cäcilias Namenstag offiziell zum Tag der (Haus-)Musik ausgerufen.