Studie zur Nutzung von Vereinsheimen zeigt Potenziale.
Vereinsheime könnten „Dritte Orte“, Begegnungsräume für Menschen sein, die verschiedenen Interessen – nicht nur dem Chorgesang – nachgehen. Diese Idee stand hinter einer Studie, in der in diesem Jahr erhoben wurde, wie die Räume der Vereine beschaffen sind und wie sie genutzt werden.
Die Idee war, dieses Raumpotenzial zu aktivieren, um das soziale Miteinander vor Ort zu stärken.
Um es vorwegzunehmen: Die von den Vereinen genutzten Räume sind sehr häufig (bei den Chören in 85 % der Fälle) gar nicht im Besitz der Vereine, sondern sie gehören den Kommunen, den Kirchen oder auch privaten Eigentümern und werden in vielen Fällen von diesen auch für andere Zwecke genutzt. Die Vereine sind dann Mieter, oder sie bekommen die Räume unentgeltlich überlassen. Es entscheiden also andere über die Nutzung und damit auch über eine Doppelnutzung. Dies ist jedoch nicht das einzige Ergebnis der Studie, bei der zum Jahreswechsel 2020/2021 die Kulturvereine – Musik-, Gesangs- oder Theatervereine in Baden-Württemberg – angeschrieben und um Teilnahme an einer Online-Umfrage gebeten worden waren.
Initiiert haben die Studie der Landesverband der Amateurtheater Baden-Württemberg und der Schwäbische Chorverband. Mit im Boot war der Landesmusikverband Baden-Württemberg mit seinen zehn Mitgliedsverbänden, darunter der Badische Chorverband, der Blasmusikverband Baden-Württemberg oder auch der Bund Deutscher Zupfmusiker oder der Deutsche Harmonika-Verband. Das Kunstministerium finanzierte die Untersuchung im Rahmen des Fördermoduls „FreiRäume“ im Impulsprogramm für den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Landesregierung. Der Landesmusikverband Baden-Württemberg steuerte ebenfalls Mittel bei.
Die Autoren der Befragung stellen diese im Folgenden stichwortartig vor. An der Studie haben 611 Vereine teilgenommen, davon 245 Chorvereine, denen an dieser Stelle dafür recht herzlich gedankt werden soll. Dies entspricht einem Rücklauf von 10,1 % (bei den Chören 8,2 %). Mit diesen Antworten lassen sich Aussagen über die Raumsituation und die Raumnutzung der Kultur-Vereine in Baden-Württemberg insgesamt machen.
Zur Lage der Vereinsräume:
Zwei Drittel der Vereine gaben ihre Postleitzahl an, von diesen liegen 24 % in Landgemeinden, 40 % in Kleinstädten, 30 % in Mittelstädten; nur 7 % der teilnehmenden Vereine haben ihren Sitz in Großstädten. Betrachtet man die Raumkategorien des Landesentwicklungsplans, so haben bei den Chören ihren Vereinssitz 60 % im Verdichtungsraum und 40 % im Ländlichen Raum.
Drei Viertel der Vereinsräume oder -häuser liegen zentral im Ort oder Ortsteil. 38 % sind gut an den ÖPNV angebunden, auf dem Land allerdings weniger.
Zu den Vereinsräumen:
Die Hälfte der Vereine verfügt lediglich über einen Hauptraum, die andere Hälfte über zwei oder mehr Haupträume. Die Haupträume werden vor allem für Proben (95 %) genutzt, sowie auch für Besprechungen und zum Zusammensitzen. Für Feste nutzen sie nur 45 % und für Aufführungen nur 37 % der Vereine. Die Haupträume sind überwiegend groß und hoch und die Gruppen, die sie nutzen (zur Hälfte zwischen 20 und 50 Personen, zu 1/4 sogar größer) benötigen diesen Platz auch.
Mehr als ein Drittel der Vereine hat ein oder zwei Nebenräume zur Verfügung (keine Angabe 21 %). Von diesen werden etwa ein Drittel als Lager genutzt, ein Teil auch als Küche oder WC. Über einen gesonderten Ausschank, ein Foyer, eine Garderobe oder eine Bühne verfügt nur jeweils ein kleiner Teil der befragten Vereine.
Etwa die Hälfte der Vereine proben in ihrem Hauptraum maximal einmal pro Woche, 29 % sogar zwei- bis dreimal wöchentlich oder öfter, einige auch nur saisonal. Sonderproben, zum Beispiel vor Aufführungen, oder Workshops sind in der Hälfte der Vereine üblich. Viele Vereine nutzen Räume verschiedener Eigentümer – etwa für Aufführungen.
Zur Ausstattung und dem Zustand der Räume:
Die Vereinsräume sind zu 75 % nach 1945 errichtet, fast 20 % der Gebäude sind nicht älter als 30 Jahre. Sie haben überwiegend keine gravierenden baulichen Mängel, sie sind über die Jahre instandgehalten und wo nötig modernisiert worden und haben meistens eine gute Basisausstattung (Stühle und Beleuchtung). Die Hälfte der Vereine verfügt über keine oder lediglich eine Teeküche. Die Vereine sind mit ihren Räumen ganz überwiegend zufrieden. Hauptdefizite sind die fehlende Barrierefreiheit, zu wenig Fläche und das Raumklima. 1/3 der Räume sind nicht barrierefrei erreichbar (mehr als 4 Stufen erforderlich). Bemerkenswert: Viele Vereine (85 %) verfügen über einen Freiraum. Dieser ist oft nicht groß, (60 % bis 200 qm), aber dort wird gefeiert, gespielt, geprobt und auch Aufführungen durchgeführt.
Nutzung mit Anderen?
Bereits heute dienen viele Räume, die Vereine benutzen, hauptsächlich anderen Zwecken: es sind oft Schul- oder VHS-Räume, häufig auch Mehrzweckräume, die durch eine Vielfalt an Gruppen (andere Institutionen, private Gruppen, die breite Öffentlichkeit) genutzt werden. Von einer Öffnung als „Dritter Ort“ wird allerdings nur einmal berichtet.
Aufgrund ihrer oft zentralen Lage im Ort sowie der teilweise vorhandenen Bewirtungsmöglichkeiten wären diese Räume für eine Öffnung als „Dritter Ort“ theoretisch durchaus geeignet. Bei einem Drittel der Vereine gibt es eine gewisse Offenheit für diese Überlegung. Grund dafür sind eher Erwartungen an die Belebung des Ortskernes oder den Kontakt zu anderen Gruppen als etwa eine finanzielle Entlastung oder Vorteile durch Kooperationen. Selten bestätigt wurden die folgenden Argumente gegen eine Öffnung der Räume: Lärmbelästigung, Überforderung des Ehrenamtes, geringe Eignung der Vereinsräume, erforderliche Professionalisierung.
Eine Lösung müsste jedoch für die Sicherung der vereinseigenen Materialien (Noten, Requisiten usw.) gefunden werden, die bei einer solchen Öffnung bequem zugänglich untergebracht werden müssten.
Wir wissen, dass angesichts der Corona-Pandemie viele andere Fragen im Vordergrund stehen. Trotzdem wurde die Frage nach gezielten Kooperationen und nach einer Öffnung von Vereinsräumen und den Perspektiven der Räume als „Dritte Orte“ aufgeworfen. Die Frage nach sollte im Dialog mit Kommunen und Kirchen als wichtigste Raumgeber vertieft werden.
Die Studie kann darüber hinaus dazu anregen, über die Vereinsräume zu diskutieren: ihre Qualitäten, welche Wünsche sie offen lassen, welche Perspektiven sie haben. Der Schwäbische Chorverband denkt bereits über Möglichkeiten nach, wie die Unterstützung von Vereinen aussehen kann, um Lösungen für Probleme mit den Räumlichkeiten zu finden oder eine Öffnung von Räumen als „Dritte Orte“ anzugehen.