Über gelingende Zusammenarbeit, kreative Ideen und große Pläne im Musikzentrum Baden-Württemberg
Seit Juli 2021 ist die Geschäftsstelle des Schwäbischen Chorverbandes im Musikzentrum Baden-Württemberg in Plochingen angesiedelt. Neben der Nutzung der Büroräume werden hier in Zukunft ein Großteil der Seminare und Sitzungen des SCV stattfinden. Das Wichtigste aber: Hier ist die Amateurmusik mit zahlreichen Akteuren zu Hause. Über das Zusammenleben unterhalten sich Angelika Puritscher (Vizepräsidentin Schwäbischer Chorverband), Heiko Schulze (Direktor für Musik und Bildung des Blasmusikverband Baden-Württemberg) Kristin Häring (Referentin für Medien und Marketing beim Blasmusikverband Baden-Württemberg) und Isabelle Arnold (Redakteurin Zeitschrift SINGEN).
Isabelle Arnold (IA): Wie findet ihr die Farbe des Teppichs?
Angelika Puritscher (AP): Grün ist die Hoffnung. Da lässt sich jetzt wahrscheinlich nichts mehr dran ändern, auch wenn wir es nicht gut finden. (lacht) Es ist eine Frühlingsfarbe, aufblühen.
Heiko Schulze (HS): Die Frische kann man der Farbe nicht absprechen. Wenn die Frische als Symbol für die Zusammenarbeit auf der Verwaltungsetage steht, dann ist das ein gutes Signal.
IA: Wir hatten überlegt, ob das nicht eine gute Grundlage für die erste Plochinger Büro-Golf-Community wäre.
HS: Oder um ein gemeinsames Osterfest einzuleiten.
IA: Oder das. Wir könnten überlegen in welche Ecke wir Blumen einpflanzen.
HS: In die Bodentanks. (lachen)
Kristin Häring (KH): Ideen haben wir tatsächlich viele. Und der Teppich war von Beginn an Gesprächsthema. Obwohl wir uns am Anfang alle nicht kannten, durch den Teppich hatte man direkt ein Einstiegsthema. Man kann von dem Teppich halten was man will, aber man kann ihn als Symbol für das sehen, was gerade auf der Büroetage passiert: Thema Community und auch Thema Hoffnung.
HS: Ich denke nicht nur der Teppich, sondern das ganze Haus mit seinen Leitsystemen und den gewählten Schriften lädt zu kontroversen Diskussionen ein. Da sind wir auch bei der Musik. Wenn die Musik nicht zur Interpretation und Kontroverse einlädt, sondern nur zur Berieselung, dann würde ein großer Teil von musikalischer Bedeutung verloren gehen. Der kreative Austausch ist doch etwas Wunderbares. Wenn Objekte dazu einladen, egal ob Fußboden oder Wanddokumentationen, dann ist das eine hervorragende Basis, in der sich Kreative zusammenfinden können.
AP: Es ist auf jeden Fall ein sehr musikalisches Gebäude. Von der Architektur her keine vier geraden Wände. Die Innenräume natürlich schon. Aber von außen ist es doch sehr ansprechend und kreativ als Gebäude selbst.
HS: Ich glaube da stimmen wir überein. Ein idealer Ort, um kreativ zu sein.
KH: Das Schöne ist, dass man das hier auch wirklich leben kann. Wir bezeichnen uns immer als Kompetenznetzwerk und haben auch den Anspruch für die Amateurmusik ein Kompetenznetzwerk zu sein. Man könnte jetzt argumentieren, dass es auch funktioniert, wenn man nicht im selben Gebäude sitzt, aber ich finde, wenn man die Erfahrungen betrachtet, die wir hier schon machen konnten, dann spricht das für sich: Wir sind jetzt seit einem halben Jahr zusammen hier im Haus und allein was auf diesem kurzen Dienstweg schon an Ideen entstanden ist, das ist ganz toll. Und ich glaube tatsächlich, dass das schon von dem Ort lebt. Ich muss zu euch, zur „ProStimme“ nur drei Meter über den Gang gehen…
IA: Durch den Kopierraum. (lachen)
KH: Durch den Kopierraum, das verbindende Element hier im Haus. Allein schon morgens an der Kaffeemaschine entstehen schon Ideen und Visionen, die man sich zwar erst nur kurz zuwirft, aus denen langfristig aber etwas entsteht. Es ist nicht nur eine leere Worthülse, dass wir ein Netzwerk für die Amateurmusik sein wollen, sondern ich kann ganz selbstbewusst sagen: „Wir leben das auch“. Ich komme aus der Blasmusik und hatte vorher mit der Chormusik relativ wenig zu tun. Dadurch, dass ich jetzt jeden Tag mit euch in Kontakt bin, entsteht da ein ganz anderes Verständnis für die Zusammenarbeit. Auch wenn man zur BDMV ein Stockwerk höher geht, merkt man dass das ein ganz anderer Austausch ist. (Zu Heiko Schulze:) Ich denke du in deiner Doppelfunktion siehst diesen Austausch wahrscheinlich auch sehr intensiv.
HS: Absolut d’accord, dass wir in vielen Bereichen näher an der Entwicklung von gemeinsamen Ideen sind. Das ist durch die räumliche Gegebenheit ideal vorhanden. Aber ich finde auch den zweiten Aspekt wichtig. Wir führen unsere Veranstaltungen auch zu großen Teilen im Haus durch. Wir können also erleben, ob das funktioniert, was wir uns auf der Büroetage überlegen und ausdenken. Wenn ich auf den Imagefilm der Lotsenausbildung schaue, auf die unterschiedlichen Bereiche: Wie macht es der Chorverband, wie haben wir es bisher gemacht, was können wir gemeinsam tun? Wenn das gesamte Veranstaltungsportfolio hier stattfindet, sehen wir 1:1 den Erfahrungswert und die praktische Umsetzung von dem, was hier gemeinsam entwickelt wird. Dieser Mehrwert, dass wir nicht nur eine Bürogemeinschaft sind, sondern fast eine Schicksalsgemeinschaft, die es dann auch gemeinsam erleben und umsetzen darf, das ist eine fantastische Infrastruktur.
AP: Wenn man an Vereinsmanagement oder Chorleitungs- und Dirigierausbildungen denkt, sind das ja ähnliche Aspekte. Wir haben auch bei unserem Vizechorleiterkurs immer Teilnehmende aus der Blasmusik dabei. Die Seminare funktionieren also genauso für Chöre wie auch für Instrumentalisten und Instrumentalistinnen jeglicher Art. Ich denke da gibt es viele Anknüpfungspunkte, bei denen es keinen Unterschied macht, ob man singt oder musiziert.
IA: Letztendlich ist das ja auch genau das Schöne. Wir haben eine Bläserakademie, wir haben eine Chorakademie seit diesem Jahr, aber wir haben ein gemeinsames Musikzentrum. Das ist der Gedanke, den wir bei der Arbeit immer im Hintergrund haben müssen und auch nach außen tragen müssen. Natürlich hat jeder seine Fachlichkeit und da ist es auch wichtig, dass die jeder hat, aber in den Bereichen, in denen es keinen Unterschied macht, ist es auch wichtig, dass es DAS Musikzentrum ist.
KH: Wir haben gerade über die Strahlkraft gesprochen. Das ist zum einen in der musikalischen Hinsicht, in der Bildungshinsicht, zu sehen, aber man muss auch überlegen, dass wir auch auf der politischen Ebene eine viel stärkere Stimme haben, was die gesamte Amateurmusik angeht. Wir haben noch den LMV mit auf dem Gang sitzen, wir haben die Stiftung „Singen mit Kindern“ mit dabei. Das ist ein Punkt, bei dem man sagen muss, da haben wir als Musikzentrum Baden-Württemberg als DER Ort für die Amateurmusik, das sage ich jetzt ganz provokant, eine große Strahlkraft und eine wirklich große Stimme in die Politik hinein. Da sehe ich vor allem zukünftig noch viel Potential, dass wir da viel erreichen können.
AP: Vor allem haben wir es geschafft, durch dieses Kompetenzzentrum unsere drei Chorverbände zu bündeln. Ich glaube das ist ein wichtiger Meilenstein. Wenn man schon in ,,The Länd‘‘, was jetzt ganz groß herauskommt, sitzt, und nicht die Chorverbände splittet, sondern wirklich sagt ,,Wir gehören zusammen!‘‘, als Chorverband in dieses ,,Länd‘‘.
HS: Vielleicht gibt es ja noch eine Slogan Erweiterung, sodass man noch eine Abkürzung findet wie z.B. das ,,Ehrenamts-Länd‘‘. Das wäre dann aber ,,E-Länd‘‘, was nicht so gut wäre. Oder das ,,Musik-Länd‘‘, also das ,,M-Länd‘‘. Aber da sitzen wir ja nicht in der Werbeabteilung. Aber was ich auch noch sagen muss, und da wäre ich dankbar, wenn wir das auch als Verantwortung verstehen: Eigentum verpflichtet natürlich auch. Und wenn ich Eigentum vorhalte, dann geht es ja nicht darum Eigentum über Vermietung zu finanzieren, sondern natürlich auch darum, sich gemeinsamen Aufgaben zu stellen: Wie sieht der wirtschaftliche Erfolg einer solchen Einrichtung aus? Neben aller Freude und positiver Grundstimmung ist das noch eine dicke Aufgabe, die wir hoffentlich auch gemeinsam lösen können. Wie schaffen wir es auch unter der Woche eine Auslastung des Hauses mit einer musikaffinen Struktur hinzubekommen? Dort könnte man vielleicht dann auch Projektensembles außerhalb Baden-Württembergs ansprechen, die andere Ferienzeiten haben und deshalb andere Zeithorizonte in der Planung haben. Denn wir stellen ja fest, die Wochenendauslastung ist jetzt schon bei 80%, 2022 da sind wir fast komplett voll, aber wie schaffen wir es, das Haus auch unter der Woche mit musikaffinen Besuchern gut zu füllen.
AP: Das ist sicherlich eine Herausforderung, dass man das unter der Woche auch wirklich gut auslasten kann, wenn es nicht gerade in der Ferienzeit ist. Ich weiß nicht, ob man so etwas vielleicht auch Schulklassen anbieten kann, die dann wirklich ein musikalisches Projekt im Musikzentrum ausführen können.
KH: Wir haben natürlich auch schon viele Überlegungen, wie wir das nach außen darstellen können und gerade da, muss ich sagen, bin ich unheimlich dankbar über die Nachbarschaft zur ,,ProStimme‘‘. Der Austausch ist toll, weil in so einem ,,Thinktank‘‘ noch einmal ganz neue Ideen entstehen, und auch ich mir da immer wieder neue Impulse holen kann. Deswegen macht sich das für mich schon da absolut bezahlt, wenn man diese Nähe zueinander hat.
IA: Für uns ist das ganze dann auch leichter mitzudenken, denn wir sind in diesem Haus. Das heißt, wir kennen die Stärken, wir kennen aber auch die Schwächen, die es überall gibt und das gibt uns bessere Möglichkeiten, mitzudenken, als wenn wir extern wären und nur durch einen Hausrundlauf wissen was hier überhaupt passiert.
HS: Um vielleicht das Argument nochmal aufzugreifen: Es sind ja nicht nur fachliche Unterschiede, sondern auch Generationsunterschiede, wie Kommunikation und PR gelebt wird. Und da bin ich froh, dass wir bei aller Außendarstellung immer das Fachliche als Fokus sehen und nicht irgendwelche Luftnummern verkaufen und PR-Gags aufpumpen, sondern dass wir substanzielle Dinge hier anzubieten haben und jetzt überlegen, wie erreichen wir die Zielgruppe, dass jeder Musiker weiß, dass es das Haus gibt, in dem es Angebote gibt.
IA: Es geht im Endeffekt darum, die Marke ,,Musikzentrum Baden-Württemberg‘‘ mit einem guten Inhalt zu füllen.
KH: Man merkt im Haus, bei jedem Verband, dass es jedem um die Sache geht und jeder hier im Haus mit Herzblut dabei ist. Ich habe hier noch keinen getroffen, der nicht zu 100 % hinter der Marke ,,Musikzentrum‘‘ steht. Und das bringt natürlich für die Außendarstellung noch eine ganz andere Qualität mit sich, wenn man merkt jeder lebt für das, was er tut.
IA: Und wenn sich dann die Verbände noch ein Stück näherkommen können und merken, dass sie innerhalb ihrer Strukturen untereinander zusammenarbeiten und sich unterstützen können, dann ist das glaube ich auch nochmal ein großer Schritt nach vorne, der viel Energie freisetzen kann.
HS: Ein Haus wird ja nicht durch den Teppich geprägt oder die Wände, sondern durch die Menschen, die darin arbeiten. Und wenn die motiviert sind und gut miteinander können, dann ist das die beste klimatische Voraussetzung, die Besucher sofort spüren und auch wahrnehmen, ob etwas funktioniert oder nicht. Da kann ich über einige Dinge hinwegsehen, aber Atmosphäre wird über Menschen gemacht.
AP: Wir müssen natürlich immer auch schauen, wo wir Synergieeffekte nutzen können. Gerade mit unseren Landesmusikakademien, die ja die gleichen Themen haben wie wir.
HS: Ich fand neulich eine Begegnung hoch interessant: Wir hatten die Akademieleitung der Kapfenburg hier im Haus und wir sind uns einig, dass wir uns ein Stück weit spezialisieren müssen in den Einrichtungen. Und so ist das ein gutes Netzwerk, das gerade entsteht – auch mit Weikersheim, mit Ochsenhausen und natürlich auch mit Staufen, wenn die Kollegen sich dort neu ausrichten. Der Bedarf ist da, das sehen wir. Die Amateurmusik braucht diese fachlichen Impulse und an uns liegt es jetzt in der Tat, das so aufzubereiten, dass das Ganze gut nach außen dringt und nach Möglichkeit unsere Basis auch erreicht.
AP: Schön ist es, wenn sich jedes Zentrum in seinem Profil darstellt und dass wir dann unser Profil erreichen, was in unserem Musikzentrum einmalig ist.
IA: Ich fand gerade auch sehr schön wie du gesagt hast, „dass wir in unserem Musikzentrum…‘‘. Ich finde das ist auch schon ein sehr gelungenes Abschlusswort, das sagt dann eigentlich auch schon, dass auch der Mieter SCV das hier als absolutes Eigengebiet hier auch mit ansieht, und das wollte man ja letztendlich erreichen.
HS: Herzlich Willkommen zuhause!