Argumente gegen platte Sprüche
„Warum sollen wir einen Kinderchor gründen, das kostet doch nur Geld – und nachher bleibt doch keiner da“. Die Kosten sind ein Totschlagargument für alle, die motiviert neue Chöre mit Kindern und Jugendlichen gründen wollen. Um diesem Argument zu begegnen gibt sind zwei Wege wichtig.
Zum einen braucht es gute Argumente für Nachwuchsarbeit und die langfristigen Erfolge, die nicht nur nach Geld fragen. Argumente für die pädagogischen Effekte, den Imagegewinn des Vereins und den sozialen Nutzen gibt es hier im Portal reichlich. Diese lassen sich in der Regel nicht mit einfachen Formel, wie 100 € Chorleiterhonorar = 3 neue Sänger:innen im gemischten Chor fassen. Die Effekte einer guten Nachwuchsarbeit sind eher ein Langstreckenlauf, aber dafür auch langfristig wirksam. Auf der anderen Seite ist es wichtig mit einem soliden Finanzierungskonzept für den Kinder- oder Jugendchor auch die betriebswirtschaftliche Seite der Gründung mitzubedenken und den Kritikern hier den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mit diesem Beitrag wollen wir euch unterstützen ein Finanzierungskonzept für eure Gründung zu entwickeln.
Was kostet es wirklich?
Ein tragfähiges Finanzierungskonzept beantwortet zwei Fragen:
- Welche Kosten fallen an?
- Woher kommt das Geld um die Kosten zu decken?
Wenn Ihr Glück habt, könnt Ihr die dritte Frage beantworten: Wieviel Geld haben wir bereits.
Der erste Schritt ist also eine ehrliche und zuverlässige Ermittlung der Kosten, die für den Kinderchor anfallen. Hierbei ist es wichtig die gesamte Arbeit des Chores in den Blick zu nehmen. Je nach Organisationsstruktur (z. B. eingebunden in einen Verein oder Neugründung) und Zielsetzung (z. B. Art der geplanten Konzerte) sind die Kosten von Chor zu Chor unterschiedlich. Dennoch ist ein Austausch mit anderen Chören sicher sinnvoll.
Die anfallenden Kosten lassen sich nach zwei Kriterien sortieren.
- Personalkosten – Sachkosten: Diese Aufteilung ist für die Finanzierung später wichtig.
- Fixkosten – Projektbezogene Kosten: Fixkosten sind, meist regelmäßig, anfallende Kosten, die im Normalbetrieb immer anfallen, z. B. Versicherung. Projektbezogene Kosten sind eher einmalig und fallen nur an, wenn bestimmte Aktivitäten stattfinden, z. B: Beschallungstechnik oder GEMA. Die Aufteilung ist nicht immer eindeutig, so fallen Raummieten für Proben in der Regel unter Fixkosten, können aber natürlich auch einem Projekt zugeordnet werden. Für die verlässliche Kostenplanung sollten sie unter Fixkosten, denn ohne Probenraum keine Probe.
Die Kriterien lassen sich auch in einer Matrix darstellen. Alle anfallenden Kosten könnt Ihr darin verorten. Darauf kommen wir bei der Finanzierung nochmal zurück.
Ehrlich planen
- Auch wenn es im ersten Moment vielleicht erschreckende Beträge werden: Plant ehrlich und genau, denn lieber rechtzeitig eine Finanzierung geplant als schöngerechnet und später unangenehm überrascht. Bisher haben unsere Kosten nur einen Namen, aber wir wissen noch nicht, wieviel Geld wir brauchen. Der nächste Schritt ist also die gesammelten Kosten zu beziffern. Woher wissen wir nun, was etwas kostet?
- Sucht euch einen anderen Chor oder Verein und fragt dort nach, insbesondere zu Gründung- und Verwaltungskosten
- wendet euch an euren (zukünftigen) Dachverband
- Viele Kosten lassen sich mit einer Internetrecherche schnell herausfinden
- Fragt bei Chorleiter:innen, Lieferant:innen, Vermieter:innen, Partner:innen etc. nach, diese wissen am Besten, was die Angebote kosten, die ihr benötigt.
- Wenn Ihr nichts herausfindet, aber wisst, dass diese Kosten anfallen werden, dann hilft nur Bauchgefühl.
Achtet bei den Kosten darauf, dass Ihr jeweils die Brutto-Beträge (also mit Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer) eintragt. In der Regel werdet Ihr als Chor oder Verein nicht vorsteuerabzugsberechtigt sein, das heißt Ihr müsst die Umsatzsteuer bezahlen.
Als letzten Schritt solltet Ihr in eurer Kalkulation alle Positionen markieren, ohne die keinerlei Chorarbeit möglich ist. Hierbei solltet Ihr auch überlegen, welchen Einsatz Ihr bereit oder in der Lange seid einzubringen. Das kann beispielsweise bei Themen wie Portoersatz, Aufwandsentschädigungen oder der Nutzung privater Räumlichkeiten wichtig sein. Langfristig sollte aber das Ziel sein, dass derjenige, der sich Engagiert nicht auch noch die Kosten trägt. Durch diese Überlegungen erhaltet ihr einen Mindestbedarf an Finanzierung, den ihr braucht, um überhaupt zu starten.
Woher das Geld kommt/kommen kann
Mit der Übersicht aller Kosten aus dem letzten Kapitel, geht es jetzt daran, dafür Finanzquellen zu erschließen. Zur Erinnerung nochmal: Wir haben einen Mindestbedarf festgelegt, den brauchen wir unbedingt. Bei den Kosten gibt es Fixkosten, die regelmäßig und zum Teil unvermeidbar anfallen. Schließlich gibt es Projektkosten, die nur anfallen, wenn bestimmte Projekte stattfinden. Das Geld zur Finanzierung kann nun aus unterschiedlichen Quellen kommen. Jeder Chor hat seinen individuellen Mix. In der Regel machen Mitgliedsbeiträge und Einnahmen den größten Anteil aus. Auch öffentliche Drittmittel spielen eine wichtige Rolle. Im Folgenden stellen wir die einzelnen Quellen kurz vor, und erläutern, was hier zu beachten ist.
Unter Eigenmitteln versteht man Geld, welches der Vereine bereits besitzt, zum Beispiel aus Erträgen im Vorjahr. Eigenmittel haben den Vorteil, dass sie ohne Bedingungen oder Zweckbindung eingesetzt werden können. Langfristig sollte ein Chor oder Verein ein gewisses Polster an Eigenmitteln aufbauen. Empfohlen wird etwa das dreifache eines Monatsbedarfs, bzw. der Bedarf eines Projektes, so dass auch mal beim Ausfall eines Konzertes der Chor nicht gleich in Schwierigkeiten kommt.
Die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen wird bei Vereinen durch die Satzung geregelt, und von der Mitgliederversammlung beschlossen. Bei einem Nicht-Verein kann in anderer Form festgelegt werden, welcher Betrag zu entrichten ist, um die Angebote des Chores zu nutzen. Neben aktiven Mitglieder, kann es auch einen Beitrag für Fördermittglieder geben. Oder auch ein projektbezogener Beitrag für Gastsänger:innen. Mitgliedsbeiträge können, wie Eigenmittel, für jede Art von Kosten verwendet werden. Idealerweise decken die Mitgliedsbeiträge zuverlässig den im vorhergehenden Kapitel ermittelten Mindest-Finanzbedarf und das regelmäßige Honorar der:des Chorleiter:in. So ist eine zuverlässige Arbeit möglich.
Einnahmen kommen beispielsweise aus der Konzertkasse, beim Verkauf von Essen und Getränken oder durch den Verkauf von CDs. Hier erhält der:die Käufer:in ein konkretes Produkt, für welches er einen Preis bezahlt. Einnahmen lassen sich oft – insbesondere bei neuen Projektideen – nicht sicher vorhersagen. Das wichtigste Instrument ist hier die Preisgestaltung, also wie hoch kann der Preis sein, dass er noch bezahlt wird und dadurch Erträge entstehen. Einnahmen können wie Mitgliedsbeiträge und Eigenmittel frei verwendet werden.
Öffentliche Drittmittel, sind Gelder, die von öffentlichen Stellen, also Ämtern und Behörden, in der Regel auf Antrag, ausgezahlt werden. Dies können sowohl Kommunen als auch Landkreise, das Bundesland, der Bund oder die EU sein. Dabei solltet Ihre kreativ sein. Ein Konzert ist natürlich im Bereich Kunst & Musik zu finden. Es kann aber auch im Bereich Soziales & Jugendarbeit, Migration oder ländlicher Raum gefördert werden. Innovation und gesellschaftlicher Zusammenhalt sind häufige Schlagworte. Auch Bildung oder Brauchtum & Tradition könnten passen. Denkt weit und sucht nach passen-
den Themen. Generell sind Zuschüsse zu projektbezogenen und einmaligen Kosten realistischer als für regelmäßige Kosten.
Stiftungen verwalten ein Vermögen, um aus den Erträgen einen gewissen Zweck, in der Regel gemeinnützig, zu dienen. Es gibt fördernde und operative Stiftungen. Operative Stiftungen machen eigene Angebote, fördernde vergeben Geld.
Privatpersonen und Unternehmen können Spenden an gemeinnützige Organisationen geben. Sie erfolgen freiwillig und stets ohne Gegenleistung. Aktionen wie Eintritt gegen Spenden etc. sind daher nicht zulässig, bzw. eben dann keine Spenden, sondern Einnahmen die ihr versteuern müsst. Wenn ihr gemeinnützig anerkannt seid, kann der Spender den Betrag bei der Steuer angeben. Bei Beträgen über 300 € müsst ihr ihm hierfür eine Spendenbescheinigung ausfüllen, dabei gilt es die entsprechenden Vordrucke der Finanzämter zu nutzen. Der Spender kann festlegen, ob die Spende einen bestimmten Zweck hat oder frei verwendet werden darf (natürlich nur für den Zweck, für den ihr gemeinnützig seid).
Spenden und Sponsoring werden oftmals gemeinsam genannt, dabei ist es wichtig die Unterschiede zu kennen. Sponsoring ist keine Leistung nur aus gutem Willen, sondern ein Leistungsaustausch. Ihr erhaltet Geld, Waren oder eine Dienstleistung, der Sponsor erhalt eine Gegenleistung, zum Beispiel Werbeflächen, exklusive Rechte oder einen Imagetransfer. Deshalb sind Sponsoringleistungen in der Regel auch umsatzsteuerpflichtig. Die Vereinbarungen mit einem Sponsor solltet Ihr unbedingt in einem Vertrag festhalten.
Geld ist nicht alles – aber ohne Geld ist alles nichts
Eine erfolgreiche Finanzierung der Chorarbeit basiert auf mehreren Säulen. So bekommt ihr Sicherheit, wenn eine Säule nicht die geplanten Geldmittel bringt. Euren Mindestbedarf solltet ihr idealerweise aus Mitgliedsbeiträgen und Eigenmitteln bestreiten können. Jeder Finanzierungsweg hat seine Eigenheiten. Für alle gilt jedoch, dass die Finanzierung zu eurem Ziel passen muss, und ihr euch klar sein solltet, warum ihr dieses Ziel habt. Nur so könnt Ihr überzeugende Anträge schreiben, Sponsoren begeistern und Ticketkäufer gewinnen.
Und hier schließt sich wieder der Kreis zum Anfang. Denn Geld ist wichtig. In diesem Beitrag habt Ihr erfahren, wie Ihr die Kosten für euren Chor kalkulieren könnt, und einen Finanzierungsmix zusammenstellt. All das wird aber nur funktionieren, wenn Ihr überzeugen könnt, welche langfristigen Nutzen der Kunde, die Gesellschaft oder jeder Einzelne von eurer Idee hat. Denn Jugendarbeit kostet Geld, aber richtig eingesetzt ist es eine gewinnbringende Investition und daran könnt ihr viele teilhaben lassen.