Vor 165 Jahren wurde in Tübingen das „Staufenbanner“ eingeweiht
Das Staufenbanner ist die Bundesfahne des Schwäbischen Chorverbands und zugleich das wichtigste Symbol des Bundes.
Die große seidene Schwenkfahne hat ihren Beinamen durch ihre Bildmotive und den aufgestickten Vers:
„Noch blüht im Schwabenlande heut Das Lied wie einst zur Staufenzeit“.
Auf blauem Grund sieht man eine mittelalterliche Helmzier und das Stauferwappen mit drei Löwen, weshalb das Stück 1857 zunächst als „Löwenfahne“ bezeichnet wurde; auch das eigens zur Weihe geschaffene Lied mit einer Komposition Silchers trägt den Titel „Die Löwenfahne“. An das schwäbische Herrschergeschlecht der Staufer erinnern ferner die 38 Städtewappen im Saum der Fahne; sie sollen zugleich das gemeinsame Streben der Bürgerschaft im Schwäbischen Chorverband (Sängerbund) symbolisieren. Ausgedacht hat sich diese historische Symbolik wohl „Sängervater“ Karl Pfaff, der als Historiker auch ein großer Verehrer der Stauferzeit war. Eine Lithographie zeigt ihn um 1857 mit der Fahne, unter der sich die Banner verschiedener schwäbischer Liederkränze versammeln.
Eine solche Versammlung der Gesangvereine fand an Pfingsten (31.5. – 1.6.) 1857 in Tübingen statt: Das 8. Liederfest des Schwäbischen Sängerbundes (Chorverbandes). Es war eine von der ganzen Stadtbevölkerung begeistert mitgetragene Veranstaltung, die unter der musikalischen Leitung des Universitäts-Musikdirektors Friedrich Silcher stand. Einen Höhepunkt dieses Festes bildete am ersten Tag die feierliche Einweihung der Bundesfahne. Am folgenden Pfingstmontag wurde das Stück dann – erstmals alle anderen Fahnen hinter sich vereinend – in einem feierlichen Umzug durch die Stadt getragen.
Das Liederfest in Tübingen hatte übrigens einen etwas holprigen Anlauf genommen. Stolperstein war dabei ein verlorener Sängerwettstreit und eine gekränkte Chorleiterseele. Silcher hatte es nämlich zuerst abgelehnt, die Festleitung zu übernehmen, da er wegen einer Niederlage beim Wettsingen im Vorjahr beleidigt war. Der Musikdirektor, der mit seiner Liedertafel beim Fest 1851 in Heilbronn noch den Sieg davongetragen hatte, war bei der Preisverleihung 1856 in Ludwigsburg leer ausgegangen. (Statt der begehrten Siegermedaille gab´s nur ein Ehrengeschenk in Form einer Tischglocke.) Wegen dieser „Beleidigung“ (wie er es nannte) verkündete der Musikdirektor, dass er sich „künftig an keinem Liederfest mehr beteilige“. Erst nach langem Zureden und Bitten des Schwäbischen Chorverbands und der Tübinger Stadtverwaltung hat er die Aufgabe dann doch noch übernommen – und meisterlich gelöst.