Humoristische Sängerfestkarten von einst zum Thema „Wettsingen“
In der letzten Heftnummer der SINGEN war hier von kuriosen Ansichtskarten vom Liederfest in Schwäbisch Hall 1901 die Rede. Hier eine weitere Karte jenes Fests.
Diese humoristisch aufgefasste Grußkarte gehört zwar nicht zu den offiziellen Festpostkarten der Veranstaltung, sie bezieht sich aber auf eine damalige Einrichtung der Schwäbischen Liederfeste, das Preis- bzw. Wettsingen. Diese Form des Wettstreits war schon mit der Gründung des Schwäbischen Chorverbands 1849 eingeführt worden, „um einen Wetteifer behufs Erziehung besserer Gesangsleistungen in Stadt und Land anzuregen.“ Ab 1851 gab es dann für den ersten und zweiten Siegerverein je eine eigene Preismedaille.
Doch zurück zu unserer Karte: Wir sehen hier neben der zentralen Preismedaille zwei Sängergruppen. Die linke unter der Zeile „Es ist erreicht!“ reckt ihre Arme triumphierend in Richtung der Medaille. Die rechte, die Verlierergruppe, steht deprimiert und grübelnd unter der Zeile „Es hat nicht sollen sein!“. Die Situation sieht dabei noch recht friedlich aus. Nach Preisverleihungen ist es aber nicht immer so pfleglich zugegangen. Das wissen wir u. a. aus einem Brief des Verbandspräsidenten Oskar Merkel aus dem Jahr 1897. Er schreibt zur Wettsingerei:
Mit Schimpfereien und recht ärgerlichen Auftritten
„Frühzeitig machten sich bedenkliche Schattenseiten der Einrichtung geltend. Anfechtung erfuhr … die Verteilung der Preise und Ehrengaben, die Aufstellung des Preisgerichts und die Tätigkeit desselben: Beurteilung der Vereine, Gutachten. Die nicht mit Preisen bedachten Vereine suchten in den allermeisten Fällen die Schuld nicht bei sich selbst, sondern beim Bundesausschuss, Preisgericht und den geltenden Bestimmungen.“ Und zur Preisverteilung weiß Merkel zu berichten: „Sie geht nicht selten in Schimpfereien und recht ärgerlichen Auftritten aus.“
Der Engere Ausschuss des Chorverbands hat seinerzeit immer wieder versucht, das Preissingen abzuschaffen, er konnte damit aber in den Generalversammlungen nicht durchdringen, wie Merkel weiter erläutert: „Die Vertreter der Vereine wiesen stets darauf hin, dass die Einrichtung etwas sehr Belebendes im Bunde sei für die Vereine und dass letztere mit großer Begierde nach den Medaillen streben.“
„Aufgepasst! Los! Schmelzicando
Aber nicht zu trimulando!
Feurig! – Pst! Jetzt wieder leis!
Uns gehört der erste Preis!“