Neue Veranstaltungsreihe im Silcher-Haus Schnait
„Ich freue mich vor allem auf unsere Gäste, von denen ich einige bereits kennenlernen durfte. Es ist schön zu sehen, dass Friedrich Silcher diese Menschen mit seinem Werk beeindruckt hat – und es wird schön sein, zu sehen, was sie aus diesen Eindrücken machen werden“, begeistert sich Dipl.-Ing. Karsten-Michael Drohsel, Teil des Künstler:innenkollektivs ZeitRaum.
Das Silcher-Haus – Geburtshaus des 1789 geborenen schwäbischen Komponisten und Musikpädagogen Philipp Friedrich Silcher – steht in Schnait bei Stuttgart und beherbergt das vom Schwäbischen Chorverband 1912 gegründete und 1992 erneuerte Silcher-Museum. Im Haus wurde bis 2021 der persönliche und musikalische Nachlass von Silcher gesammelt, der heute überwiegend für seine Lieder bekannt ist. Mit einem über 1.000 Handschriften und Frühdrucke umfassenden Archiv unterstützte es die musikwissenschaftliche Forschung und die Veröffentlichung von Silchers Werken. Heute sind diese wertvollen Quellen Teil des Literaturarchivs Marbach, wo sie einem größerem Publikum zur Verfügung stehen. Ferner bewahrte das Museum das Archiv des Schwäbischen Chorverbandes und bemühte sich um den Erwerb und die Erhaltung historischer Zeugnisse der schwäbischen Sängerschaft – nicht zuletzt in Gestalt etlicher Vereinsfahnen.
Tradition trifft Zukunft
Der Schwäbische Chorverband fühlt sich nicht nur der langen Tradition dieses Hauses verbunden, sondern will auch die Zukunft des Museums und das Andenken Friedrich Silchers sichern. Daher wird das Silcher-Museum in Zukunft in überarbeiteter Form wieder ein Teil des Silcher-Hauses sein. Die Neueröffnung ist für 2024 geplant – passend zum 175-jährigen Jubiläum des Verbandes. Spätestens dann soll dieser Kulturraum ein offener Ort für Engagierte und Kreativschaffende aus Schnait und darüber hinaus werden. Durch vielfältige Veranstaltungen und ein zeitgemäß buntes Kulturprogramm soll das Silcher-Museum ein Ort für Austausch und Gespräche über Werte, Wertvolles und natürlich Chormusik werden.
Zeitlose Grundwerte in einem historischen Haus
Bildung, Chancengleichheit und Demokratie – dies sind die zentralen thematischen Fixpunkte der Veranstaltungsreihe, die das Künstler:innenkollektiv ZeitRaum für das Silcher-Haus konzipiert und initiiert hat. Sabrina Dannenhauer, Nupelda Ciftci und Karsten-Michael Drohsel haben für Oktober, November und Dezember jeweils ein Event im Rahmen der Reihe „Silcher im Dialog mit …“ geplant. Das verbindende Prinzip dabei: Ein Objekt aus dem Museums-Fundus wird ausgewählt und der Gast gebeten, in einen künstlerischen Dialog mit diesem Objekt zu treten. U. a. werden die Tänzerin Anni Bork, der Musiker Florian Vogel und der Chorleiter Nikolai Ott als Gäste vor Ort sein; zudem werden Bilder von Axel Arndt und der Künstlerin Hatti Riel gezeigt und besprochen.
„Mit Nikolai Ott werden wir sicher die ‚Akademische Liedertafel‘ thematisieren: Wie hat Silcher das 1829 in Tübingen realisiert und dann 30 Jahre lang lebendig gehalten, wie könnte etwas Vergleichbares heute aussehen – was passiert, wenn man diese Ideen, die Silcher damals umgesetzt hat, einfach weiterspinnt und mit aktuellen gesellschaftlichen Themen in Verbindung bringt“, so Drohsel, der selbst lange Zeit im Bachchor Berlin in der Gedächtniskirche gesungen hat. „Die Kombination aus Gesang und Diskussion: Genau das hat uns Silcher ja hinterlassen. Wir müssen nichts Neues erfinden, sondern nur schauen und aktualisieren.“
Die vom Kollektiv geplante Reihe „Silcher im Dialog mit …“ ist Teil des vom Fonds Soziokultur geförderten Projekts “Das ist unser Haus!” und begreift sich als Versuch, die Wünsche der Menschen vor Ort an das Silcher-Haus und das Silcher-Museum zu ergründen. Die Veranstaltungen sollen also auch dafür genutzt werden, mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen; so soll im Anschluss an die künstlerischen Darbietungen jeweils ein moderierter Austausch stattfinden. Die Initiator:innen erhoffen sich davon Aufschluss über die Erwartungen, die die Menschen in und um Schnait an einen Kulturort haben – und wie diese zukünftig zielgenau durch entsprechende Angebote beantwortet werden können. Angeschlossen an die Dialog-Veranstaltungen sind eine Spiele-Werkstatt für Jung und Alt samt Kaffeetafel – „ein ausdrücklicher Wunsch der Bewohner von Schnait“, berichtet Drohsel.
Förderung durch das Land
Finanzielle Unterstützung gibt es dafür auch von Seiten des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg. „Mit dem Programm ‚FreiRäume‘ ermöglichen wir den Aufbau neuer Kultur- und Begegnungsorte in ländlichen Räumen. Die Umnutzung des Silcher-Museums in Weinstadt ist ein Paradebeispiel dafür, wie bestehende Einrichtungen an aktuelle Bedürfnisse angepasst und zu gemeinschaftlichen Orten umgestaltet werden können“, so die damalige Staatssekretärin Petra Olschowski zur Auswahl des Projektes.
Und wo soll es hinführen? „Mein Wunschziel wäre, dass man einen echten Bedarf an diesem Haus und den Veranstaltungen feststellt, sodass zukünftig nochmal ein Stück mutiger und selbstbewusster geplant werden kann. Die Besucher sollen entdecken, dass es dort ein Potenzial gibt und dass u. a. auch der Schwäbische Chorverband einen hohen Aufwand betreibt, um dieses Potenzial irgendwie aufrecht erhalten zu können“, sagt Karsten-Michael Drohsel und fährt fort: „Und dass bei den Menschen vor Ort ein Interesse für das Haus entsteht, das sie im Idealfall dazu bewegt, sich dort einzubringen.“ Und vielleicht wird es ja auch einen Impuls in die Chorwelt hinein geben: „Schnait ist zwar für Menschen, die z. B. am Bodensee leben, ganz schön weit weg. Aber es könnte trotzdem wichtig und wertvoll sein, Silcher und sein Erbe nochmal neu zu lesen und zu verstehen – und einfach diesen Ort zu haben, an dem eine neue Auseinandersetzung mit Friedrich Silcher und seinen Ideen, seinem Leben und Werk stattfinden kann.“