Im Schwäbischen Chorverband sind verschiedene Arten von Chorleitern tätig: der hauptberuflich tätige Chorleiter, der nebenberuflich tätige und schließlich der ehrenamtlich tätige. Eine Variante des ehrenamtlich Tätigen ist der Vizechorleiter, ein Gewächs des eigenen Chores und Vereins also. Die Unterschiede sollen heute aber nicht Thema sein. Wir beschäftigen uns heute mit dem nebenberuflich tätigen Chorleiter und seinem Versicherungsschutz.
Das heißt nicht, dass der nebenberuflich tätige Chorleiter nicht auch Mitglied des Vereins oder sogar Vorstandsmitglied sein kann, wobei Letzteres im Hinblick auf § 181 BGB bedenklich ist und besonderer Konstruktion bedarf, um beispielsweise Verträge zwischen dem Verein und seinem Chorleiter (und Vorstandsmitglied) nicht in Gefahr zu bringen.
Der nebenberufliche Chorleiter ist dadurch gekennzeichnet, dass er keinen Hauptberuf hat. Für den hauptberuflichen Chorleiter gelten andere versicherungsrechtliche Regeln, wie wohl auch er des Versicherungsschutzes bedarf. Mit Versicherungsschutz gemeint ist derjenige, der im Hinblick auf seine Chorleitertätigkeit benötigt wird.
Was können hier für Konstellationen denkbar sein?
Der Chorleiter hat eine Aufsichtspflicht gegenüber seinen Chormitgliedern, insbesondere den Kindern und Jugendlichen. Er ist beispielsweise für die Verkehrssicherung im Rahmen von Chorproben und Konzerten verantwortlich, soweit diese nicht vom Veranstalter (in der Regel also vom anstellenden Verein) wahrgenommen wird. Im Zweifelsfall ist es sicher auch Aufgabe des Chorleiters, für eine eindeutige Verantwortungszuordnung zu sorgen und darüber mit dem Vorstand eine Klärung herbeizuführen.
Besonders bedeutsam ist diese Verkehrssicherungspflicht des Chorleiters, wenn der Chor (auch hier insbesondere der Kinder- und Jugendchor) sich nicht sicher und geborgen im Probenlokal oder auf der Konzertbühne befindet. Also: auf Reisen, bei Veranstaltungspausen etc. Auch hier gilt: Maßgeblich ist die Abstimmung mit dem Veranstalter bzw. dem eigenen Verein.
Fallbeispiele
Erster Beispielfall:
Ein heißer Tag, die Probe ist vorbei am Samstagvormittag. Der Chorleiter lädt seine Choristen auf ein Eis in die 200 Meter entfernte Eisdiele ein. Auf dem Weg dorthin – Sie wissen schon.
Zweiter Fall:
Bei der Chorreise des Kinder- und Jugendchors zu einer Konzertfreizeit geht bei einer Rast auf der Autobahn ein Chorkind verloren. Ein Begleiter außer dem Chorleiter ist nicht dabei. Der Busunternehmer hat sich haftungsmäßig freigezeichnet. Die Suche nach dem Kind ist aufwendig und teuer, insbesondere durch einen Hubschraubereinsatz. Das Kind wird glücklicherweise gefunden. Bei den Ermittlungen wird festgestellt, dass der Chorleiter zumindest in der Schuldform der einfachen Fahrlässigkeit seine Aufsichtspflicht verletzt hat.
Zwischenbemerkung: Der Chorleiter ist kein Vorstandsmitglied, von dem oben genannten Ausnahmefall abgesehen. Für ihn gilt deshalb nicht die Haftungsprivilegierung des § 31a BGB, wonach die Haf-
tung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt und zumindest ein Freistellungsanspruch des Vorstandsmitglieds gegenüber seinem Verein ausgelöst ist. Der Chorleiter ist Angestellter des Vereins und genießt diese Haftungsprivilegierung nicht.
Dritter Fall:
Chorleiter und Verein geraten über die Vergütung des Chorleiters während der Corona-Zeit in Streit. Eine Verständigungsregelung kann nicht erreicht werden.
Diese drei Fälle müssen auch versicherungsrechtlich betrachtet werden.
Erster Fall: Der Chorleiter hat im Zweifel einfach fahrlässig gehandelt. Er haftet dem verunfallten Chormitglied (oder einem Dritten) auf Schadenersatz. § 31 BGB gilt nicht.
Hier ist die Lösung einfach: Der Deutsche Chorverband hat mit der ARAG Allg. Ver-
sicherungs-AG, Düsseldorf, schon vor vielen Jahren eine nach wie vor gültige und fortentwickelte Versicherungslösung vereinbart, die die wesentlichen Versicherungszweige allen Chören und Vereinen sowie bestimmten Mitarbeitern (etwa Festhelfern etc.) zugänglich macht. Zu den versicherten Personen im Rahmen dieses Versicherungsvertrages gehören auch die Chorleiter. Sie sind also, wenn sie für den Chor oder Verein tätig sind, haftpflicht-, rechtsschutz- und unfallversichert. Das würde also auch in diesem Beispielfall gelten.
Im zweiten Fall haftet der Chorleiter dem Geschädigten bzw. dem in Anspruch genommenen Verein wie ein Angestellter und ohne die Privilegierung des § 31a BGB.
Der dritte Fall bezieht sich auf Auseinandersetzungen zwischen dem Chorleiter und dem Verein, der ihn angestellt hat. Hier war der Chorleiter bisher durch den ARAGVertrag nicht geschützt, wenn es um eine Auseinandersetzung zwischen ihm und seinem Verein ging. Diese Lücke schließt nun – für den Bereich der Rechtsschutzversicherung – eine zusätzliche sondervertragliche Regelung zwischen dem DCV und der ARAG: Für jährlich 15,00 € (Vertrag mit einem Ensemble) bzw. 30,00 € (bis zu fünf Verträge mit verschiedenen Ensembles) kann ein Chorleiter sich zusätzlich und für den Fall der gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Verein versichern. Das gilt für alle nebenberuflichen oder ehrenamtlichen Chorleiter.
Diese Zusatzversicherung muss allerdings vom Chorleiter selbst und direkt mit der ARAG abgeschlossen werden. Das ist jedoch mit wenig bürokratischem Aufwand verbunden: Über die Geschäftsstelle des DCV bzw. deren Homepage kann der Chorleiter das vorgesehene Formular ausfüllen und der Geschäftsstelle des DCV zuleiten; er ist dann nach einer Wartezeit von drei Monaten nach Vertragsbeitritt versichert. Der Rechtsschutz gilt für Auseinandersetzungen vor deutschen Gerichten; der Chorleiter muss seinen Wohnsitz in Deutschland haben.
Schließlich
Wie auch sonst, gilt der Gruppenversicherungsvertrag zwischen DCV und ARAG nicht für die rechtliche Beratung. Für diese besteht nur dann Kostenschutz, wenn der jeweilige Chorverband seinen Vereinen (einschließlich Chorleitern) ein entsprechendes Beratungsangebot macht.
Der Schwäbische Chorverband hat in Form der kostenlosen Erstberatung seinen Chören und Vereinen ein solches Beratungsangebot als Serviceleistung gemacht. Es wird rege in Anspruch genommen und kann in vielen Fällen auf telefonischem oder E-Mail-Weg eine schnelle Klärung einfacher Fragen und Sachverhalte herbeiführen. Nähere Einzelheiten finden Sie auf der Homepage des Schwäbischen Chorverbandes.
Zum Verfasser:
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.