- Wer kann die kostenlose Erstberatung in Anspruch nehmen?
- Wie wird die Bitte um kostenlose Erstberatung geäußert?
- Auf welche Weise wird die Beratung erteilt?
- Ab welchem Umfang liegt keine Erstberatung mehr vor?
- Was geschieht dann?
Die – kostenlose – Erstberatung beruht auf einer Regelung des Präsidiums des Schwäbischen Chorverbandes, die schon vor vielen Jahren getroffen wurde. Den Mitgliedsvereinen des Schwäbischen Chorverbandes sollte die Möglichkeit gegeben werden, bei einfach zu beantwortenden Fragen und Sachverhalten (des Vereinsrecht) eine schnelle und praktisch hilfreiche Antwort oder Handlungshilfe zu erhalten.
Der Begriff der „Erstberatung“ entstammt dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (dort § 34 Abs. 1 Satz 2 RVG). Die Erstberatung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
Es handelt sich (ausschließlich) um eine Beratung. Eine andere Tätigkeit, etwa die Vertretung gegenüber einem Gegner oder in einem gerichtlichen Verfahren stellt ein Mandatsverhältnis dar, welches über die Erstberatung schon begrifflich hinausgeht. Die Erstberatung wurde auch deshalb vom Schwäbischen Chorverband für seine Mitgliedsvereine eingerichtet, weil der Gesamtvertrag zwischen der ARAG und dem Deutschen Chorverband, dem sich der Schwäbische Chorverband für seine Vereine schon im Jahr 2009 angeschlossen hat, grundsätzlich keinen Beratungsrechtsschutz gewährt. Um diese Rechtsschutzlücke jedenfalls teilweise zu füllen, richtete der Schwäbische Chorverband für den Bereich der „Erstberatung“ dieses kostenlose Beratungsangebot ein. Nach der Rechtsprechung mehrerer Untergerichte (AG Bielefeld, AG Stuttgart, AG Ludwigshafen u.a.) ist unter einer Erstberatung – lediglich – eine erste überschlägige, mündliche „Einstiegsberatung“ zu verstehen, die eine pauschale, überschlägige Information zum Gegenstand hat, die es dem Mitglied ermöglicht, sich einen ersten Überblick über die Rechtslage zu verschaffen, aufgrund dessen es dann beurteilen kann, ob es dem/ einen Anwalt ein weitergehendes Mandat erteilt oder nicht bzw. ob die Angelegenheit durch die Beratung geklärt ist.
Die Begrenzung soll grundsätzlich nicht eingreifen, wenn es zu einem weiteren oder gar mehreren weiteren Beratungsgesprächen oder Terminen kommt, oder wenn (auch) schriftlich beraten wird. Es liegt auf der Hand, dass die Abgrenzung zwischen Mandat und kostenloser Erstberatung manchmal schwierig ist. Deshalb wird auch grundsätzlich in Zweifelsfällen darüber gesprochen, ob die Beratung (die dann keine kostenlose Erstberatung mehr ist) fortgesetzt und damit ein Mandatsverhältnis begründet wird, oder ob es bei der bis dahin gewährten Beratung bleibt.
In der Praxis – vor allem in jüngster Zeit – spielten Fragen zu neuen Satzungsformulierungen, die Auflösung des Vereins, Vereinsfusionen, Fragen zur Vorstandshaftung und Fragen zur Durchführung der Mitgliederversammlung sehr häufig eine Rolle.
BEISPIELSFALL: Satzungsänderung
Der Verein will in einem Punkt die Satzung ändern und bittet den Erstberater um Verständnis- oder Formulierungshilfe. Diese kann in aller Regel bei einem Telefongespräch oder einem kurzen E-mail-Schriftwechsel gegeben werden. Dabei schadet es nicht, wenn der beratende Anwalt darum bittet, die zu überprüfende Vereinssatzung per E-mail zu übermitteln, damit die zu ändernde Satzungsformulierung geprüft werden kann. In diesem Falle bleibt es bei der kostenlosen Erstberatung. Wird allerdings um die Überprüfung der Satzung insgesamt oder in wesentlichen Teilen gebeten, kann nicht mehr von einer kostenlosen Erstberatung ausgegangen werden. Das gilt auch, wenn der beratende Anwalt bei der Durchsicht der Satzung feststellt, dass diese in Teilen fehlerhaft ist und bei der nächsten Satzungsänderung mit Beanstandungen seitens des Registergerichts oder der Finanzverwaltung (im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit) gerechnet werden muss. Er wird dann den anfragenden Verein auf diesen Umstand hinweisen und empfehlen, die Satzung ganz oder in wesentlichen Teilen überprüfen zu lassen, um solchen Zwischenverfügungen zu entgehen. Wird ein solcher Auftrag dann erteilt, ist dies selbstverständlich ein Mandat und keine kostenlose Erstberatung mehr.
Ein weiteres Beispiel
Ein Vorstand hat eine Zwischenverfügung des Registergerichts erhalten, die binnen eines Monats behoben werden muss. Das Gleiche gilt für eine Verfügung des Finanzamts im Hinblick auf gemeinnützigkeitsrechtliche Fragen. Soweit lediglich im Telefonat oder per E-mail darauf hingewiesen wird, auf welche Weise die Beanstandung behoben werden kann, bleibt es ebenfalls bei der kostenlosen Erstberatung; bei eingehender Beratung und bei Formulierungshilfe für die Antwort an Finanzamt oder Registergericht handelt es sich um einen vergütungspflichtigen Auftrag.
Wer kann die Beratung in Anspruch nehmen?
Die Beratung kann von jedem Verein, vertreten durch seinen Vorstand, angefragt werden. Mitzuteilen ist lediglich, um welchen Verein es sich handelt und ob es sich um einen solchen des Schwäbischen Chorverbandes handelt. Es kommt auch vor, dass Vereinsmitglieder, die nicht dem Vorstand angehören, um eine kostenlose Erstberatung bitten. Der Erstberater muss dann angesichts der ihm gegebenen Informationen prüfen, ob es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Verein und Vereinsmitglied handelt; ist dies der Fall, wird er das anfragende Vereinsmitglied darauf hinweisen, dass seine Beratung im Rahmen einer vereinsinternen Auseinandersetzung nicht Sache der kostenlosen Erstberatung ist.
Nicht selten wird die kostenlose Erstberatung auch von Chorleitern in Anspruch genommen. Hier verhält es sich ähnlich: Ist der Beratungsanfrage zu entnehmen, dass nicht im Rahmen einer Auseinandersetzung zwischen Chorleiter und Verein beraten werden soll, kann die Beratung erteilt werden, beispielsweise über GEMA-Fragen oder Fragen zur Scheinselbstständigkeit nach dem Chorleitervertrag. Auch hier gilt: Ist eine Auseinandersetzung zwischen Verein und Chorleiter Grundlage für die Beratungsanfrage, wird eine kostenlose Erstberatung dem Chorleiter in der Regel nicht erteilt. Es ist aber in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Chorleiter – beispielsweise bei der ARAG – eine Chorleiterversicherung abschließen kann (zu sehr günstigen Konditionen), die auch für Auseinandersetzungen zwischen Verein und Chorleiter Kostenschutz bietet. Im Übrigen ist der Chorleiter nach den allgemeinen Rechtsschutzbedingungen der ARAG, beispielsweise im Bereich der Veranstalterhaftpflicht o. ä., im Gesamtvertrag des DCV mit der ARAG mitversichert. In allen Beratungsbereichen kann es zu Überschneidungen und Grenzfällen kommen. Bisher sind allerdings diese Zweifelsfragen immer einvernehmlich geregelt worden. Die kostenlose Erstberatung ist eine sinnvolle und vereinsfreundliche Einrichtung des Schwäbischen Chorverbandes, die auch im großen Umfang genutzt wird. Sie hat überdies häufig die Funktion, streitige Auseinandersetzungen gar nicht erst entstehen zu lassen oder schon im Vorfeld zu beseitigen. Soweit ersichtlich, ist die kostenlose Erstberatung ein Angebot des Schwäbischen Chorverbandes, welches in dieser Form in keinem oder jedenfalls nur in ganz wenigen Verbänden des Deutschen Chorverbandes zu finden ist. Machen Sie gerne auch weiterhin von dem Beratungsangebot Gebrauch.
Der Erstberater hat „auch etwas davon“; er erfährt auf diese Weise in den zahlreichen Beratungen, wo den Vereinen „der Schuh drückt“. Er kann die zugrundeliegenden Probleme – selbstverständlich unter Wahrung der anwaltlichen Schweigepflicht! – auch in die Arbeit des Präsidiums und des Geschäftsführenden Präsidiums einbringen, gerade da, wo eine Vielzahl gleichartiger Fälle eine Hilfestellung des Schwäbischen Chorverbandes für alle Vereine nahelegt. Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Thematik der ruhenden Vereine und der Beratungsangebote zur Vermeidung der Auflösung von Vereinen.
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.