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SINGEN 2023-07-08, Thema

Auf der Suche nach dem perfekten Match

Sandra Bildmann
1. Juli 2023
Titelbild: Rawpixel
Rawpixel

Der Weg zur neuen Chorleitung: Persönliche Kontakte sind das A und O

 

Jede:r Chorleiter:in hat seinen bzw. ihren ganz eigenen Hintergrund. Im großen Feld zwischen Hauptberuf und Ehrenamt, dem künstlerischen Anspruch und dem Finanzrahmen gibt es viele verschiedene Abstufungen und individuelle Konstellationen. Die SINGEN-Redaktion hat mit fünf Chorleitenden gesprochen, die dies hauptberuflich (Paul Krämer), nebenberuflich (Margit Antoni & Maximilian Viellehner) bzw. als Student (Moritz Feuerstein & Nicolas Engelberg) tun.

 

Nicolas Engelberg.

Foto: Angela Baur

Moritz Feuerstein.

Foto: Dominik Stütz

 

Sie vertreten ihre persönlichen Meinungen und repräsentieren keinen jeweiligen Stereotyp – denn jede Persönlichkeit ist einzigartig. Der musikalische Anspruch einer bzw. eines Chorleitenden hängt nicht unbedingt damit zusammen, welche Qualifikation er oder sie mitbringt oder ob es sich um eine haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit handelt. Wer hauptberuflich Chöre leitet, hat nicht zwangsläufig nur mit Profi-Chören zu tun, zum Beispiel leiten zahlreiche hauptberufliche Dirigent:innen gleichzeitig mehrere Amateurchöre. Und wer nebenberuflich Chöre dirigiert, hat selbstverständlich nicht unbedingt einen geringeren Anspruch. Die fünf Chorleiter:innen, die die SINGEN befragt hat, erzählen also aus ihrer Sicht, worauf sie Wert legen, was sie abschreckt und wo sie ihre Prioritäten setzen. Allen war es ein Anliegen, sich zu duzen.

 

Nicht jede:r Chorleiter:in passt zu jedem Chor – das ist keine erstaunliche Erkenntnis. Musikalische Vorlieben und Genre-Spezialisierungen, örtliche Präferenzen, das Zwischenmenschliche und die Vergütung können Push- wie Pullfaktoren gleichermaßen sein. Wer eine Chorleitung sucht, sollte sich selbst gut kennen. Wissen, wo man als Chor steht, wo die eigenen Ansprüche liegen, ob sie mit der Realität kongruent sind und worauf man Wert legt, sind entscheidende Voraussetzungen dafür, eine:n passenden Dirigent:in zu finden. Denn wie Margit Antoni zusammenfasst, zählt am Ende: „Die Chemie muss stimmen und es muss zwischen uns funken.“

 

Wie kamst du zu deinem (ersten) Chor?

 

MF: Ich war nicht unbedingt aktiv auf der Suche. Die Sänger dort im Chor wussten, dass ich das studiere und haben über meine Großeltern gefragt, ob ich an der Hochschule nicht einen Aushang machen könnte oder ob ich nicht sogar selber Lust hätte. MV: Mein erster Chor war der Kirchenchor in meiner Heimatgemeinde Zeilarn in Bayern. Man hat mich gefragt, weil man mich kannte. MA: Ich war Vize-Chorleiterin eines Kirchenchores, in dem ich gesungen habe. Damals hatte ich noch keine Ausbildung. Als der Chorleiter aufhörte, hieß es: ‚Jetzt machst du das!‘ Ich bin da reingerutscht, es hat sich einfach ergeben. NE: Ich bin ziemlich zeitgleich auf eine Ausschreibung in der Zeitung und den Aushang am Schwarzen Brett in der Musikhochschule aufmerksam geworden. Es war praktisch, weil kein langer Weg von zuhause aus. Und dann habe ich mich zum Probedirigat gemeldet. PK: Ich habe den Kölner Studienstiftungschor selber gegründet.

 

Drei von fünf Chorleiter:innen wurden gezielt angesprochen, ob sie sich vorstellen könnten, die Leitung zu übernehmen. Obwohl sie also nicht aktiv auf der Suche waren und noch nicht einmal wirklich Erfahrung hatten, gab es eine Bereitschaft zum Engagement, von der die Chöre profitierten: Sie hatten eine neue Führung! Jemanden Geeignetes zu finden, muss also nicht bedeuten, auf Bewerber:innen zu warten. Und nur wer nicht aktiv losstürmt und sich anbietet, führt ein solches Amt automatisch mit weniger Elan oder Enthusiasmus aus. Manchmal liegt die Lösung in der Chorleitungsfrage ganze nahe – es braucht nur ein Anstupsen, ein Mutmachen, ein Motivieren und einen Vertrauensvorschuss.

 

Kontakte sind das A und O. Das bestätigt sich auch in der Frage, wo Chorleiter:innen – sofern sie sich denn nach einem neuen Chor umschauen – suchen: Für die beiden Vertreter der studentischen Chorleiter:innen, Moritz Feuerstein und Nicolas Engelberg, stehen der Flurfunk unter Kommiliton:innen und die Hochschul-Facebook-Gruppe weit oben auf der Liste. Aushänge an Schwarzen Brettern würden zwar auch wahrgenommen, der persönliche Austausch untereinander wirke noch stärker. Als Anlaufstelle nennen mehrere Chorleiter:innen Verbandszeitschriften wie die SINGEN und Ausschreibungen auf den eigenen Webseiten, die über Google gefunden werden. Um professionelle Chorleiter:innen zu erreichen, empfehlen sich Stellenportale wie zum Beispiel auf den Seiten der Chorverbände, des Vereins Deutscher Konzertchöre (VDKC), der Neuen Musik Zeitung (nmz) und Facebook.

 

Was wirkt attraktiv und erzeugt Aufmerksamkeit?

 

„Der Hobby-Chorleiter“:

Für Maximilian Viellehner hat die Entfernung nach Hause eine große Bedeutung. Mehr als eine halbe Stunde Fahrzeit möchte er ungern aufwenden. Je detaillierter eine Ausschreibung sei, umso besser, findet der Hobby-Chorleiter mit abgeschlossener C-Prüfung. Informationen zur Probenregelmäßigkeit und der Auftrittszahl, Ansprechpartner:in samt Telefonnummer sollte sie auf jeden Fall enthalten. Alles Weitere kläre sich dann im direkten Gespräch mit den Leuten.

 

„Der hauptberufliche Profi“:

Ein studierter, hauptberuflicher Chorleiter, der meist mit Profi-Chören arbeitet wie Paul Krämer, setzt seine Prioritäten etwas anders. Für ihn zählt zuvorderst, dass er seine musikalischen Ideen verwirklichen und gestalten kann und dies auch durch Auftritte an exquisiteren Orten wie Konzerthäusern möglich ist. Gibt es in einem Chor Stimmbildungsstunden für die Sänger:innen, engagierte Mitglieder samt aktivem Konzertleben – u.U. verbunden mit Reisen–; und leistet sich der Chor attraktive Partner:innen wie qualitative Orchester und Solisten – dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass ein:e professionelle:r Chorleiter:in Interesse zeigt. Krämer verdeutlicht: „Wenn es eine lose Ansammlung von Leuten ist, die einmal pro Woche singen, sich aber sonst nicht um den Chor scheren, dann wird sich da nichts entwickeln können. Dann ist es für mich auch nicht interessant.“

 

„Die Studenten“:

Allgemein für die Studierendenschaft gesprochen, hat Moritz Feuerstein, der den evangelischen Kirchenchor in Pleidelsheim leitet, vier Kriterien ausgemacht: die Bezahlung, der Ort, die musikalische Qualität und das Zwischenmenschliche. „Für die meisten ist es ein Pluspunkt, wenn der Ort ums Eck ist und mit der U-Bahn schnell erreichbar. Musikalisch gesehen sollte es auf möglichst hohem Niveau möglich sein, sich zu verwirklichen und das auszuprobieren, was man an der Hochschule mitbekommt.“

Aus Sicht von Nicolas Engelberg sollte man aus der Ausschreibung eine Offenheit für Neues und das musikalische Profil herauslesen können. Wichtig sei, als Chor ein gutes Selbstbild zu haben und sich bei der Suche nach einer neuen Leitung nicht zu verstellen. Liest der 20-Jährige „Jung gebliebener Chor sucht…“, dann gruselt es ihn. Floskeln wie diese bedienten das Klischee, dass hinter dieser Fassade das genaue Gegenteil stecke, findet der Dirigent des SCV-Mitgliedsvereins „Liederkranz Löchgau“. Auf diese Weise und mit der einhergehenden Assoziation vom „Volksliedersingen“ locke man halt auch keine jungen Leute an, die doch so wichtig seien, damit weitere junge Menschen nachkämen. Und: Eine Anzeige, mit der eine Chorleitung gesucht wird, solle visuell ansprechend sein. Was gar nicht geht: „Wenn sie aussieht wie ein Fresszettel aus Word.“

 

„Die Nebenberufliche“:

Wenn das Formale erstmal passt, geht es an das gemeinsame Kennenlernen. Oftmals empfehle sich mehr als nur eine Probe, um herauszufinden, ob man zueinander passt, sagt Margit Antoni. Die nebenberufliche Chorleiterin gibt einen Einblick in ihre Kriterien: Wie reagieren die Sänger:innen? Spüre ich, dass sie Freude haben oder wirken sie lustlos und unmotiviert? Lassen sie sich führen? Fühlt man sich als Chorleiterin vertrauensvoll getragen oder wird bei jeder Kleinigkeit hinterfragt? Kommen sie aus Gewohnheit oder bringen sie eine gewisse Opferbereitschaft zum Engagement mit? Sind sie präsent? Und: „Ein überalterter Chor ist nicht furchtbar attraktiv.“

 

Gesunde Altersstruktur: Frühzeitig Nachwuchs werben

 

Allen fünf Chorleiter:innen ist wichtig zu betonen, dass es für einen Chor keinen Altersdurchschnitt-Richtwert gebe, denn das Ziel für Amateurchöre im Allgemeinen sei eine gesunde, gut durchmischte Altersstruktur. Klar ist: Will sich ein Chor erhalten, muss er zwangsläufig (jüngeren) Nachwuchs werben. In der jener Zielgruppe auf offene Ohren zu stoßen und Interesse zu wecken gelingt aber vor allem dann, wenn Anschlussfähigkeit besteht, weil andere junge Menschen diesen Chor bereits besuchen. Von Vorteil sei, wenn diese jungen Leute nicht am Rand stünden, sondern mit neuen, kreativen Ideen mittenrein geholt würden; vielleicht auch einen Vorstandsposten bekleideten, rät Paul Krämer, der betont: „Unbedingt rechtzeitig sich diesem Thema widmen! Nicht sagen: Aktuell haben wir ja noch ein paar Junge. In zehn Jahren sind die nämlich zehn Jahre älter.“

 

Zentral: Offenheit und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem

 

Womit unmittelbar der Bogen zu einem der ganz zentralen Themen für eine erfolgreiche Chorleitungssuche geschlagen wird: die Offenheit für Neues, vielleicht Ungewohntes, verbunden mit Vertrauen in den bzw. die Chorleiter:in. Das ist ein Argument, das ausnahmslos alle Befragten betonen.

Diese Erfahrung hat Maximilian Viellehner kürzlich gemacht, denn den „Gesangverein Sörgenloch“ hat der hauptberufliche Bauleiter erst im April 2023 übernommen. Als er zum Vordirigat gekommen sei, habe man ihm einen Taktstock in die Hand gedrückt. Der Chor war es jahrzehntelang so gewohnt. Doch der 31-Jährige dirigiert nur mit den Händen. Die Irritation darüber habe der Chor aber bald abgelegt und seinen Stil akzeptiert, berichtet er. Mitentscheidend dafür, dass aus ihm und dem Chor ein Team geworden ist, seien das Gesamtkonzept und die gute Kommunikationskultur, erzählt Viellehner. Ganz selbstverständlich nutzten die Chormitglieder (mit wenigen Ausnahmen Über-80-Jähriger) nun die von ihm erstellte WhatsApp-Gruppe, erzählt Viellehner. Hierüber laufen u.a. Programmankündigungen, aber auch Abmeldungen. Denn ein wertschätzendes Miteinander drücke sich auch darin aus, dass man Bescheid sage, wenn man an einer Probe nicht teilnehmen könne, sagt der junge Mann mit rund 15 Jahren Erfahrung als Bass und Chorleiter.

 

„Man muss bereit sein, neue Wege zu gehen, neue Konzertformen und Kooperationen auszuprobieren“, ist Margit Antoni überzeugt. Die Klavierlehrerin an einer Musikschule leitet derzeit vier Chöre, hat einst die C-Prüfung absolviert und blickt auf 35 Jahre Erfahrung zurück. Erst kürzlich hat sie ihrem 140 Jahre alten Männerchor „zugemutet“, als Vereinszweig einen Frauenprojektchor zu bilden – für ein Open-Air-Konzert unter dem Titel „Schlager-Hits und alte Schnulzen“. „Wenn ihr Frauen dabei habt, brauchen wir auch eine Cocktailbar“, hat sie „ihren“ Männern gesagt. Es sei zunächst gegrummelt worden, erinnert sich die 59-Jährige. Doch am Ende sei das Konzert ein erfolgreiches Event geworden. Wiederholung sogar ausdrücklich erwünscht.

 

Wo neue, mitunter junge, Leute Raum für Kreativität und Rückhalt für ihre Ideen bekommen, können attraktive Programme entstehen. Das wirkt nicht nur anziehend für potenzielle neue Mitsänger:innen und zahlendes Konzertpublikum, sondern auch für Anwärter:innen auf den Chorleitungs-Posten.

 

Aktiv sein nicht erst wenn’s brennt

 

Wer sich wie Paul Krämer im Netz – zum Beispiel intensiv auf Facebook – tummelt, kriegt über Posts, Verlinkungen, Kommentare und gesponserte Beiträge viel mit. Manches am Rande, anderes drängt sich in den Vordergrund. Man wird aufmerksam auf Projekte von Kolleg:innen, nimmt wahr, was anderswo geschieht. Vielleicht prägt sich ein Chor positiv ein. Paul Krämer empfiehlt: „Generell präsent sein, ein Image aufbauen und bekannt sein, um dann, wenn man sucht, bereits bekannt zu sein und ein Netzwerk zu haben.“ Der professionelle Chorleiter rät also dazu, nicht erst aktiv zu werden, wenn es akut klemmt, sondern kontinuierlich seine Öffentlichkeitswirksamkeit zu pflegen.

 

Vorzüge und Stolpersteine der Präsenz im Internet

 

Dies führt automatisch zur Frage, welchen Stellenwert die eigene Homepage und Social media für die Chorleitungssuche haben – und sie wird von den fünf Befragten durchaus kontrovers beantwortet. Einigkeit unter allen herrscht in einem Punkt: Wer Kanäle im Internet – ob Homepage oder in den sozialen Netzwerken – unterhält, muss sie pflegen und aktuell halten. Denn über seine Präsentation nach außen sagt der Chor sehr viel über sich aus.

 

In den Gesprächen mit den fünf Chorleiter:innen wird deutlich, dass sie bei der Social-Media-Relevanz unterscheiden: Ginge es lediglich darum, sich als Chor darzustellen, sozusagen als Bewerbungsmappe für ein Chorleitungsgesuch, halten die meisten den Internetauftritt für nachrangig.

 

MV:       „Für mich spielt das keine so große Rolle, weil ich auch nicht dafür zuständig bin. Das Persönliche – das Vordirigat – ist mir viel wichtiger.“

MF:       „Es gibt gute Chöre mit einem schlechten Internetauftritt.“

NE:       „Social media habe ich in diesem Kontext noch nie gesehen. Die Internetpräsenz ist nur ein Teil des Gesamtbildes und nicht vorrangig.“

 

Dient er jedoch dazu, öffentlichkeitswirksam Werbung zu machen, zum Beispiel für Konzerte, seien Homepage und Social media „nicht mehr wegzudenken“, wie Margit Antoni sagt. „Es ist eine Frage der Reichweite. Für Konzertchöre ist das ein relevanterer Aspekt“, meint Feuerstein, dessen Kirchenchor weniger davon abhängig ist, Publikum anzulocken. Nicolas Engelberg hält eine Website für ein gutes Werkzeug, sofern sie gut organisiert, professionell aufgebaut und informativ sei.

Für Profi-Chorleitende wie Paul Krämer ist die Homepage dagegen „enorm wichtig. Es ist der erste Eindruck, den man sich verschafft: Ist das ein aktiver Chor mit Ambitionen oder schlummert er vor sich hin?“

 

Krämer, der regelmäßig am Pult von Profi-Ensembles wie dem „WDR Rundfunkchor“ oder dem „Gürzenich-Orchester Köln“ steht, zeigt auf, wie sich mehrere Aspekte gegenseitig beeinflussen können. Ein Szenario: Jemand zieht neu in die Stadt. Sucht einen Chor. Googelt. Findet die Website. Findet sie ansprechend. Einladender als andere. Entscheidet sich darum für diesen Chor(verein). Bringt damit zum Beispiel frischen Wind in den Chor oder verjüngt ihn. Aktuelle Chorfotos belegen das. Ein:e potenzielle:r Chorleiter:in nimmt das Gesamtpaket wahr und bewirbt sich.

 

Essenziell für eine attraktive Homepage-Aufmachung laut der befragten Chorleitenden sind vor allem Fotos in ansprechender Qualität – vom Chor und seinen Aktivitäten. Für ebenso unverzichtbar halten sie Audio- bzw. Videoaufnahmen. Im Gegenzug: Wer auf seiner Startseite noch mit den Konzertankündigungen für 2018 wirbt, offenbart, nicht up-to-date zu sein und hat damit schlechte Karten, als reizvoll wahrgenommen zu werden. Gleiches gilt für altmodische Chorfotos oder Bilder, die nicht die aktuelle Besetzung – im Besonderen die Altersstruktur – des Chores widerspiegeln. Wer sich als junger, moderner und spritziger Chor präsentieren will, sollte das mit entsprechendem Bild- und Tonmaterial auch belegen. Selbiges gelte für die Vereinsaktivitäten, betont Krämer: „Wenn Konzertreisen unternommen werden, dann sollte man das auch unbedingt sagen! Das zeugt von Energie im Chor und einem aktiven Konzertleben; von engagierten Menschen, die etwas wollen.“

 

Social media – „nice to have“ oder „must have“?

 

Der eigene Chorauftritt im Internet öffnet also große Chancen und birgt Risiken. Ein Chor sollte sich für in jedem Fall für eine PR-Strategie entscheiden, die er auch (personell) leisten kann. „Man muss nicht unbedingt auf allen Plattformen präsent sein“, rät Krämer, „aber das, was da ist, muss gut gemacht sein.“

 

Konkrete Aufgabenverteilung klar kommunizieren

 

Apropos Thema Organisation: Was nicht nur für Maximilian Viellehner ein relevantes Kriterium bei der Entscheidung für seinen Amateurchor war, sondern was auch den anderen Chorleiter:innen wichtig ist: eine konkrete Aufgabenverteilung, die klar kommuniziert wird. Problematisch sei oft, wenn eine Erwartungshaltung herrsche, dass der bzw. die Chorleiter:in sämtliche organisatorische Aufnahmen übernehme. Ein:e Dirigent:in ist aber in der Regel für den musikalisch-künstlerischen Teil zuständig und kein „Mädchen für alles“.

 

Das heikle Thema: die Vergütung

 

Dass eine Chorleitung Geld kostet, ist Konsens. Wie viel sie kostet, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Deshalb sollte ein Chor, der sich nach einer neuen Leitung umsieht, unbedingt klar machen, was er erwartet und was er bieten kann. Wer einen Profi engagieren will, muss natürlich tiefer in die Tasche greifen, als wenn er einer/m Hobbymusiker:in eine Aufwandsentschädigung zahlt.   Dass die Vergütung „angemessen“ sein sollte, unterstreichen im Gespräch alle Fünf. Was das im Einzelfall bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein.

 

Zweifelsfrei ist natürlich, dass einem/einer Chorleiter:in durch das Engagement keine Kosten entstehen dürfen, die nicht übernommen werden. Auch wer die größte Leidenschaft mitbringt, möchte nicht draufzahlen.

 

„Die Student:innen“:

Den Student:innen generell sei wichtig, dass ihre Arbeit nicht als laienhaft betrachtet und deshalb angemessen vergütet werde, erzählt Nicolas Engelberg. Schließlich brächten sie fundierte Fachkenntnis mit. Ein Honorar mindestens auf Minijob-Basis sollte daher drin sein. „Andere kellnern, wir leiten Chöre“, sagt der fortgeschrittene Schulmusik- und Chordirigieren-Student.

 

Als Leiter eines Kirchenchores hat Moritz Feuerstein kaum Verhandlungsspielraum – in diesem Fall macht die evangelische Kirche klare Vorgaben. Unter seinen Kommiliton:innen gebe es welche, die auf das Geld als Einnahmequelle angewiesen seien, berichtet er, die Regel sei aber, dass es – wie bei ihm – nicht die primäre Rolle spiele. Wenngleich er nochmals darauf hinweist, dass viele Faktoren dazu beitrügen, ob eine Zusammenarbeit zustande komme. Der 23-Jährige ist überzeugt: „Das Geld allein ist kein Argument.“

 

„Die Nebenberuflichen“:

Auch für nebenberufliche Chorleiter:innen zählt, dass es einen finanziellen Ausgleich für den Aufwand – auch zur (Proben-)Vorbereitung in der Freizeit – gibt. Über die Höhe könne man reden, sagt Maximilian Viellehner. Zentral sei, dass die Gespräche aufrichtig geführt würden. Margit Antoni hat eine klare Meinung: „Ich mache das nebenberuflich, bin nicht auf darauf angewiesen und muss nicht davon leben – die Vergütung hat für mich also nicht die Top-Priorität. Aber ein Chor sollte die Leistung des Chorleiters honorieren und sich dabei daran orientieren, was der Chorleiter für eine Ausbildung hat.“

 

„Der Hauptberufliche“:

Dem stimmt auch Paul Krämer zu. Als studierter Chorleiter im Hauptberuf muss ihm die Vergütung seine Lebensgrundlage sichern. „Ich schaue nicht beim ersten Kennenlernen gleich aufs Honorar. Das ist der zweite Schritt“, sagt der 33-Jährige. Eine wichtiger Punkt sei dann aber, „dass sich eine Art Wertschätzung der Arbeit widerspiegelt und mit dem Honorar zeigt: ‚Ich weiß, dass das Arbeit ist und ein Studium und Berufserfahrung dahinter stecken.‘ Das muss einfach zu dem passen, was der Chor möchte und wie er sich selber sieht. Oftmals habe ich das Gefühl, dass die Ansprüche an ein Orchester und Solisten, mit denen man arbeitet, sehr, sehr hoch sind und man immer das Allerbeste haben möchte, wenn man ein eigenes Konzert veranstaltet. Dazu gehört aber auch, das man das auch fair bezahlt.“

 

Resümee

 

Unterm Strich zeigt sich also, dass viele verschiedene Faktoren in die Chorleitungssuche hineinspielen. Wer sich als Chor selbst reflektiert, auf Basis von Offenheit und aufrichtiger Gesprächsbereitschaft eine Sensibilität für die gegenseitigen Bedürfnisse, Wünsche und Ansprüche entwickelt, hat große Chancen auf das perfekte Match.

 

Margit Antoni.

Foto: privat

 

Absolute No-Gos?

 

MF: Ich habe von Kommilitonen mal gehört, dass in der Probe schon das Bier bereitsteht und ausgeschenkt wird. Das Gesellige ist auf jeden Fall ein wichtiger Punkt, aber Art und Wertschätzung müssen passen. Ich habe auch von einem Fall gehört, dass eine Kommilitonin als junge Frau nicht akzeptiert wurde. Vor allem ältere Männer wollten sich von ihr nichts sagen lassen. Sie ist verständlicherweise nicht lange geblieben.

 

NE: Interne Unstimmigkeiten, wenn es im Chor knirscht und Strukturen zu festgefahren sind.

 

MA: Ein elitäres Gehabe wie „Ich weiß alles besser“.

 

MV: Wenn die Sänger:innen nicht offen für Neues sind und alte Strukturen um jeden Preis gehalten werden und nicht aufgebrochen werden dürfen.

 

Kopfzerbrechen bereitet mir …

 

PK: …wenn das Probenniveau noch nicht soweit ist, wie ich es gerne hätte und nur noch wenige Proben bis zum Konzert verbleiben. Und wenn dann noch der Probenbesuch schlecht ist, geht’s mir nicht gut. (lacht)

 

MV: …die fehlende Jugend.

 

NE: …manchmal das endlos breite und vielfältige Repertoire, das ich kennenlernen und beherrschen will.

 

MF: …das Einsingen für die nächste Probe. (lacht)

 

MA: …einen Chor zu fördern und zu fordern, ihn aber nicht über- und nicht unterfordern. Es ist Anspruchsvoll, die richtige Literatur zu finden.

 

Mir geht das Herz auf, wenn …

 

PK: …Musik entsteht. Wenn es über den Prozess des Tönelernens hinaus geht und es anfängt zu fließen.

 

MV: …ich merke, dass die Sachen, die ich mache, ankommen und man danach zusammensitzt und ein Gemeinschaftsgefühl entsteht.

 

NE: …die Sängerinnen und Sänger sich im Chor gegenseitig unterstützen, zusammenwachsen und gemeinsam berührende und bewegende Musik machen!

 

MF: …ich merke, was die Probe bewirkt –  sei es auf musikalischer oder persönlicher, menschlicher Ebene meiner Sängerinnen und Sänger.

 

MA: …die Sängerinnen und Sänger strahlen.

 

Paul Krämer.

Foto: Christian Palm

Maximilian Viellehner.

Foto: privat

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