Wie kann man Menschen für ehrenamtliche Arbeit gewinnen?
Chöre sind auf Ehrenamtliche angewiesen, die sich für den Chor engagieren. Doch ehrenamtliches Engagement ist kein Selbstläufer, sondern muss gezielt gefördert werden. Dazu gehört, gute Rahmenbedingungen für Engagierte zu schaffen.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ansätze, um Ehrenamtliche zu gewinnen: Der eine ist der gabenorientierte Ansatz. Voraussetzung dafür ist, dass bereits potenzielle Engagierte bekannt sind. Bei diesem Ansatz wird analysiert, welche Fähigkeiten, Gaben und/oder Qualitäten potenzielle Ehrenamtliche mitbringen. Anhand dieser vorhandenen Gaben kann anschließend überlegt werden, welche Aufgaben die jeweilige Person übernehmen könnte.
Der andere Ansatz ist der bedarfsorientierte Ansatz. Dabei prüft man: Was braucht unser Chor? Welche Aufgabenbereiche sollen durch Ehrenamtliche abgedeckt werden? Zunächst werden also mögliche Aufgaben für Ehrenamtliche zusammengestellt und anschließend passende Personen für die verschiedenen Aufgaben gesucht.
Die Schritte der Ehrenamtskoordination, die im Folgenden erklärt werden, beziehen sich auf den bedarfsorientierten Ansatz.
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Schritt: Bedarf erfassen
In einem ersten Schritt sollte der Bedarf des eigenen Chores erfasst werden: Welche Aufgaben gibt es in unserem Chor und welche Fähigkeiten brauchen wir? Was macht es attraktiv, sich zu engagieren und was kann der Verein potenziellen Ehrenamtlichen bieten?
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Schritt: Aufgabenprofile erstellen
Ist der Bedarf erfasst, ist es sinnvoll, Aufgabenprofile für die verschiedenen Aufgabenbereiche zu erstellen. Ein Aufgabenprofil ist wie eine interne „Stellenbeschreibung“, nur handelt es sich dabei natürlich nicht um einen hauptberuflichen Job, sondern um eine ehrenamtliche Aufgabe.
Wichtig hierbei: Seien Sie realistisch bei der Anzahl der benötigten Personen, beim Zeitaufwand und bei der Einsatzdauer (kalkulieren Sie auch die Zeit für Fahrtwege in Ihre Berechnung ein!). Seien Sie vollständig bei der Aufgabenbeschreibung, ehrlich bei den Voraussetzungen und einladend und großzügig bei der Kategorie „Das bieten wir“.
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Schritt: Engagementangebote veröffentlichen
Wie wird nun jetzt für Engagierte „geworben“? Auf Basis der internen Aufgabenprofile werden nun so genannte Engagementangebote erstellt, die anschließend über geeignete Kanäle veröffentlicht werden können (z.B. E-Mail-Verteiler, Social- Media-Post, Zeitungsannonce, Schwarzes Brett…). Ein gutes Engagementangebot ist kurz und ansprechend, holt Menschen bei ihrer Motivation ab, hat ein Bild, ist verständlich, macht Lust auf mehr und beinhaltet klare Angaben, wie man den Absender kontaktieren soll (Telefon, Mail, Social Media …).
Ein Engagementangebot ist ein bewährtes Instrument, um neue Engagierte zu gewinnen. Noch erfolgreicher ist man aber vermutlich, wenn man Menschen aktiv anspricht und fragt, ob sie Lust haben, ehrenamtlich eine Aufgabe im Verein zu übernehmen. Denn 50 % aller Engagierten in Deutschland wurden angefragt (die anderen 50% sind aus eigener Initiative freiwillig tätig geworden).1 Egal, ob beim Engagementangebot oder bei der persönlichen Ansprache: Potentiell Engagierte bei ihrer möglichen Motivation abholen, erhöht die Chance! Was Ehrenamtliche am meisten motiviert, sich zu engagieren, ist: Spaß haben! Das gilt für rund 93,9 % der Personen, die für den Deutschen Freiwilligensurvey 2014 befragt wurden. Mit anderen Menschen zusammen zu kommen ist der zweitgrößte Antriebsfaktor (82,0 %). 81 % wollen die Gesellschaft mitgestalten und 80,1 % möchten mit Menschen anderer Generationen Zeit verbringen. Motive, die sich eher auf berufliche Weiterentwicklung oder Statusgewinn beziehen, sind seltener als der soziale Aspekt: 51,5 % möchten durch ihr Engagement ihre Qualifikationen erweitern (dies gilt besonders für Jüngere). Ansehen und Einfluss gewinnen möchten 31,5 % der Befragten und etwa ein Viertel hofft, durch das Engagement beruflich voranzukommen. Und nur 7,2 % der Befragten geben an, durch ihr Ehrenamt etwas dazuverdienen zu wollen. 2
Achten Sie bei einem erstellten Engagementangeboten darauf, dass Sie verschiedene Motivlagen von Menschen, sich zu engagieren, berücksichtigen! So können Sie unterschiedliche Menschen für ehrenamtliches Engagement in Ihrem Chor gewinnen.
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Schritt: Erstgespräche führen
Melden sich Menschen auf ein Engagementangebot hin, ist es ratsam, ein Erstgespräch zu vereinbaren, um zu prüfen, ob die Person und der Verein zusammenpassen und um Rahmenbedingungen zu klären (z.B. Auslagenerstattung, Zugänge zu Räumen oder digitalen Plattformen,…). Als hilfreich haben sich auch Schnupperphasen erwiesen: Eine Person kann z.B. drei Monate in die ehrenamtliche Arbeit im Chor hineinschnuppern. Nach der vereinbarten Zeit führen Sie ein weiteres Gespräch und entscheiden sich gemeinsam für oder gegen eine weitere Zusammenarbeit.
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Schritt: Ehrenamtliche einarbeiten
Nehmen Sie sich Zeit für eine gute Einführung in die Aufgaben, um Orientierung und Klarheit zu schaffen. Checklisten und eine klare Ansprechperson für die neuen Ehrenamtlichen sind sehr hilfreich dabei.
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Schritt: Engagierte begleiten und wertschätzen
Überlegen Sie sich bei bereits länger Engagierten: Wie können bestehende Ehrenamtliche weiter eingebunden und ihnen Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden? Eine Anerkennungskultur aufzubauen ist essenziell, um das Engagement zu fördern3, denn Anerkennung ist der Lohn der ehrenamtlichen Tätigkeit. Gibt es vielleicht schon Formen der Anerkennung in Ihrem Verein (z.B. Dankesworte auf Social Media oder nach einem Konzert, Ehrungsurkunden,…) und welche neuen Formen möchten Sie etablieren?
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Schritt: Ehrenamtliche gut verabschieden
Eine gute Verabschiedung von Ehrenamtlichen ist ein weiterer Teil der Ehrenamtskoordination. Verlässt eine ehrenamtliche Person den Chor bzw. den Verein (oder Ihr Verein trennt sich von einer ehrenamtlichen Person), ist es wichtig, dies transparent zu kommunizieren und einen angemessenen Abschluss der gemeinsamen Zeit zu finden. Wenn es gut auseinandergeht, können Sie der Person auch anbieten, zurückzukommen, wenn sie möchte und wenn es ihre Lebensumstände zulassen.
2 Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (2014): Freiwilliges Engagement in Deutschland. Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014. S. 426f. Link: Langfassung Freiwilligensurvey 2014
3 Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ (2002):
www.link.springer.com/content/pdf/bfm%3A978-3-322-92328-8%2Fl.pdf (S. 16)