Die Liedertafel, eine Versammlung 1849, drei Neugründungen und die Felix-Plakette
Carl Friedrich Zelter gründete am 24. Januar 1809 in Berlin die „Liedertafel“, eine Gruppe singender Männer, die anfangs auf sechs Sänger je Stimme begrenzt war. Hierbei stand weniger das Singen an sich im Vordergrund, als vielmehr die Schaffung neuer Gesangsliteratur, denn die Herren um Zelter hatten alle Berufe als Dichter, Berufssänger oder Komponisten. Zunächst trat die Gruppe nicht in der Öffentlichkeit auf, was sich jedoch 1819 änderte, als die Gruppe zum Sängerverein wurde. Zelters Initiative kann hierbei als Startpunkt für die deutsche Gesangsbewegung gesehen werden.
Erste Gesangsvereine
Zeitgleich entstanden ab 1820 im süd-deutschen Raum Gesangsvereine, die die breite bürgerliche Masse zum Singen zusammenbringen wollte. Als Vorbild galt der 1810 von Hans Georg Nägeli gegründete vierstimmige Männerchor in Zürich, der das Ziel hatte, möglichst alle Bevölkerungsschichten zu „kultivieren“, ganz im Sinne Pestalozzis. Die ersten Gesangsvereine in Württemberg waren der Musikverein Schwäbisch Hall (1817), der Sängerkranz Heilbronn (1818) und der Liederkranz Rottenburg (1822). Es folgten weitere Gesangsvereine im ganzen deutschsprachigen Raum. Musikalisch prägten in dieser Zeit insbesondere Franz Schubert, Friedrich Silcher und Felix Mendelssohn Bartholdy die Kompositionen der deutschen Chormusik. Die zugehörigen Texte dienten der politischen Meinungsäußerung. Das gemeinsame Singen mit den Themen Freiheit und Vaterland galt dem Ausdruck von bürgerlichem Emanzipationsbedürfnis gegenüber dem Adel. Die Sängerfeste dienten dabei neben dem musikalischen Gedanken des Wettbewerbs auch dem Austausch untereinander und der politischen Äußerung. Dies war in der Zeit des Vormärz nicht ungefährlich, da aufgrund der Karlsbader Beschlüsse 1819 die Freiheit der Presse, der Versammlung und der Meinungsäußerung stark eingeschränkt wurden.
Singen als Politik?
Musikalische Feste, wie das erste Liederfest 1827 in Plochingen, galten ebenso als Feste politischer Demonstration wie das Hambacher Fest 1832. Bei ersterem trat Karl Pfaff, der später als „Sängervater“ bekannt wurde, als zentrale Figur auf. Als Versammlungsorte wurden zunächst oft die Kirchen genutzt, da es spezifische Hallen oder auch „Festzelte“ noch nicht gab. Das Sängerfest 1836 in Ulm gilt als Meilenstein im allgemeinen Säkularisierungsprozess, da hier zum ersten Mal ein Gotteshaus als Ort weltlicher Festlichkeiten genutzt wurde. Das erste größere, überregionale Sängerfest 1845, wurde trotzdes musikalischen Schwerpunkts der Sängerbewegung in Württemberg nicht dort abgehalten, sondern in Würzburg. Nun etablierten sich auch andere, nicht-bürgerlich organisierte Gesangsvereine. Im Zuge der Revolution 1848/49 äußerten sich viele Vereine politisch, indem sie politisch-patriotische Programme sangen, wie etwa das Stück „Was ist des deutschen Vaterland?“. Anders als die Turner, griffen sie nicht aktiv in die politischen Verhältnisse ein und verbreiteten stattdessen musikalisch die liberalen Ideen.
Die Gründung des Sängerbundes
Schon länger hatten die einzelnen Liederkränze das Ziel, ähnlich wie Turner und Schützen in dieser Zeit, sich zu einem großen Bund zusammenzuschließen. Bei einer Versammlung mehrerer gegründeter Liederkränze, am 25. November 1849, wurde der „Schwäbische Sängerbund“ (SSB) mit 27 Gründungsvereinen gegründet. Zweck des SSB war laut Gründungsstatuten die „Pflege des Volksgesangs, der Volksbildung und eines deutschen Sinns“. Im Folgenden wurden jene Vereine, die bei der Gründung nicht anwesend waren, aufgefordert, dem Sängerbund ebenfalls beizutreten. Zwei Dinge sind hierbei besonders. Dem Schwäbischen Sängerbund durften auch bayerische, badische und hohenzollerische Vereine beitreten. Außerdem war der SSB der erste Sängerbund, der seine Hauptaufgabe nicht allein in der Vorbereitung von Sängerfesten sah. Der erste engere Ausschuss bzw. Vorstand des Sängerbundes, der infolge der Versammlung 1850 ernannt worden war, bestand aus Karl Pfaff, Otto Elben, Gustav Adolph Zumsteeg, Immanuel Faißt und Wilhelm G. Baader. In den folgenden Jahren wuchs der SSB stark an, 1851 umfasste er bereits 104 Liederkränze, wobei der Begriff „Liederkranz“ gleichbedeutend mit „Gesangsverein“ war. Der Ausschuss hatte es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht, eine „Bundesliedersammlung“, eine Vereinheitlichung der Literatur, zu erstellen. Die erste Ausgabe umfasste 4000 Exemplare, 1859 umfasste sie 137 Lieder. Das „Staufenbanner“ als gemeinsames Symbol des SSB, wurde beim Sängerfest 1857 in Tübingen eingeweiht. Im selben Jahr wurde ebenfalls das Diplom für Ehrenmitglieder neu geschaffen und im Folgejahr u.a. an Ludwig Uhland und Friedrich Silcher verliehen. Bald sahen die Verantwortlichen ein, dass es vielen Personen aufgrund der regional unterschiedlichen Verkehrsverhältnisse und dem damit verbundenen Zeitaufwand nicht immer möglich war, zu den großen Sängerfesten des SSB zu gelangen, weshalb 1852 das erste „Partikularliederfest“, später „Gauliederfest“, in Aalen als kleinere Version des allgemeinen Liederfestes, stattfand.
Deutsches Vereinsleben im Ausland
Auch in anderen Teilen Deutschlands entstanden nun Sängerbünde nach dem Vorbild des SSB. Ebenso gab es außerhalb des deutschen Gebiets Sängerbundgründungen. In Österreich, Böhmen, Mähren, der Tschechoslowakei und sogar durch den Deutschen Sängerbund von Nordamerika, etablierte sich das deutsche Vereinsleben in der ganzen Welt. Dabei stand nicht jeder Sängerbund für sich – die innerdeutschen Vereine hielten mit dem Ausland Kontakt. Die Gründung eines großen Deutschen Sängerbundes, war schon länger ein Ziel der deutschen Sänger, weshalb am 21.September 1862 der „Deutsche Sängerbund“ gegründet wurde. Der Vorsitz wurde Otto Elben aus Stuttgart zugesprochen und eine Satzung nach Vorbild des SSB verabschiedet. Der Jahresbeitrag betrug drei Kreuzer je Mitglied. Auch eine Liedersammlung und Sängerfeste zählten zu den Aufgaben des DSB.
Noch vor der offiziellen Gründung, fand in Nürnberg ein Sängerfest statt, was zum Vorbild für die nachfolgenden Deutschen Sängerfeste werden sollte. In Dresden fand 1865 schließlich das erste Deutsche Sängerfest statt, bei der die nationalen Ideen des Vormärz wieder aufkamen.
Der SSB im Kaiserreich
Nach der Reichsgründung 1871 fokussierte sich das Vereinsleben mehr auf Geselligkeit, Unterhaltung und größere Konzerte. Die Chormitglieder des Kaiserreichs waren unterschiedlichster Herkunft. Viele waren Handwerker, Arbeiter und Bauern. Anders verhält es sich beim Vorstand, wo die meistvertretenen Gruppen Lehrer, mittlere Beamte, Fabrikanten oder Kaufleute waren. Hinzu kam, dass viele Chöre unter 20 Mitglieder hatten, was bei Vierstimmigkeit vier bis fünf Personen je Stimme bedeutete. Aufgrund organisatorischer und finanzieller Schwierigkeiten, fanden ab 1874 die Sängerfeste des SSB nur noch alle drei Jahre und immer im Sommerhalbjahr statt. Oft wurde der Pfingstmontag gewählt, um den Arbeitern und Bauern die Teilnahme zu ermöglichen. Im Laufe der Zeit wurde die Ausstattung vor Ort erneuert. So besaß der SSB ab 1879 eine transportable Konzerthalle. Auch die Unterkünfte für die Teilnehmer wurden stetig verbessert und Massenunterkünfte errichtet. Die Anreise erfolgte in der Regel per Schiff oder Zug. Hierfür wurden oft Sonderzüge bereitgestellt. Ebenso etablierten sich auf den Festen die ersten Chorwettbewerbe sowie das Wett- oder Preissingen, welches 1848 zum ersten Mal ausgeführt wurde. Die jeweiligen Chöre mussten sich zunächst einem ersten Gutachten stellen und überprüfen lassen, ob sie gut genug vorbereitet waren, erst dann wurden sie zum eigentlichen Preissingen zugelassen. Das Verhältnis der schwäbischen Vereine zum Kaiser lässt sich als gut bezeichnen. Auch die Verbindung zu anderen Vereinen, wie Kriegervereinen waren rege, was sich durch viele Vereinsfestteilnahmen bestätigen lässt. Das Verhältnis zu den Kirchen lässt sich ebenfalls als gut bezeichnen. Nicht selten wirkten Geistliche am Vereinsgeschehen mit und Gesangsvereine nahmen ihrerseits an kirchlichen Festen teil. Über konfessionelle Schwierigkeiten innerhalb der Vereine ist wenig bekannt. Das preußische Vereinsgesetz von 1854, welches bis 1908 galt, erlaubte es zudem nicht, dass Frauen am (internen) Vereinsleben teilnehmen durften, bei Vereinsveranstaltungen geselliger Art waren sie als „Festdamen“ hingegen gern gesehen. Einen weiteren Meilenstein für den SSB, markierte die Gründung des Silcher-Museums 1912 im Geburtshaus Friedrich Silchers in Schnait.
Der Krieg
Der erste Weltkrieg und der verpflichtende Heeresdienst der Männer bedeuteten für die Gesangsvereine als Spiegelbild der Gesellschaft eine Zäsur, da der Großteil der Vereinsmitglieder eingezogen wurde. Daher fanden entweder keine oder nur eingeschränkte Proben statt. Vermehrt schlossen sich Vereine zusammen oder hielten Benefizveranstaltungen ab, um das Singen weiter aufrecht zu erhalten. 1916 waren zwei Drittel der Sänger im Heer, 1917 bereits 70 Prozent. Noch zwei Monate nach der Kapitulation, 1919 sprach der SSB in einer Parole von der Unbesiegbarkeit des Deutschen Heeres, was aber eher auf die „offizielle“, herrschende Meinung der Elite zurückzuführen war. Über Chorsingen an der Front gibt es wenig bis keine Quellen. Otto Elben sah das Kaiserreich 1919 rückblickend als kritische Zeit für die Sängerbewegung: „Schatten und Licht“, befand er aufgrund des beginnenden Kulturkampfes, was sich auch am Mitgliederschwund im SSB bemerkbar machte. Wahrscheinlich war dieser zeitweilige Schwund auch auf andere Vereinsgründungen außerhalb des Singens zurückzuführen.
Eine eigene Sängerzeitung und Ehrungen
Auf den ersten Weltkrieg folgten die Novemberrevolution 1918/19 und die Weimarer Republik. Württemberg hatte nun ein demokratisch gewähltes Parlament. 1920 verabschiedete der SSB eine neue Satzung. Außerdem wurden weitere Gaue gegründet. Hinzu kam ein eigener Musikausschuss unter Vorsitz von Musikdirektor Wilhelm Nagel, welcher sich gezielt den Chorleiterfortbildungen widmen sollte. 1921 wurde die „Schwäbische Sängerzeitung“ als „offizielles Organ“ des SSB ins Leben gerufen, die nun das Vereinsleben darstellen sollte. Ihre Vorläufer, der „Schwäbische Merkur“ oder die „Mitteilungen des Schwäbischen Sängerbundes“, waren nicht so populär. Das Krisenjahr 1923 mit Ruhrbesetzung, Hyperinflation und Putschversuchen ging nicht spurlos an den Gesangsvereinen vorüber, was sich beispielsweise an Spendensammlungen für das Ruhrgebiet oder extremen Notenpreisen festmachen lässt.
Heute verliehene Ehrungen wurden in der Zeit der Weimarer Republik eingeführt. Dazu zählt der Ehrenbrief des DSB von 1926, die Ehrenurkunde von 1931 und Medaillen seit 1925. Auch die Sängerfeste wurden populärer und erhielten mehr Zulauf. Waren es 1925 in Esslingen noch 19.000 Anwesende, waren es in Ulm 1929 schon 33.000. Während sich im Arbeitersängerbund nun auch Frauen etablierten, wollten die Mitglieder des SSB weiterhin ein rein männlicher Sängerbund bleiben. Mit der Etablierung des Radios als neuem Medium wurde auch der Chorgesang Teil des Programms, weshalb ab dem 1. März 1932 eine „Stunde des Männerchorgesangs“ zu hören war. Der Young-Plan von 1929 als Versuch, das Problem der hohen Reparationen zu lösen, verdüsterte jedoch das politische Klima. Besonders die hohe Arbeitslosigkeit erschwerte das kulturelle Schaffen und führte politisch zum Erstarken der NSDAP.
Gleichschaltung und viele Änderungen
Nach der „Machtergreifung“ erfolgten bereits im Mai 1933 Verbote und Auflösungen von Parteien, Gewerkschaften, Verbänden und Vereinen. Die Gleichschaltung des NS-Staats vollzog sich im SSB jedoch etwas länger als im DSB. Auf Geheiß des neuen Regimes sollten in den Vorständen der Gaue mehr Parteimitglieder oder NS-Befürworter sein als andere Männer. Hinzu kam, dass Juden nicht mehr länger aktive Vereinsmitglieder sein durften. Neue Mitgliedsvereine des SSB mussten sich zu den „nationalen Grundsätzen“ des DSB bekennen und innerhalb des SSB wurde das „Führerprinzip“ festgesetzt. Neue Literatur musste einstudiert werden und das zuvor beliebte Preissingen war nun für die Nazis ein aufgrund des sportlichen „Selbstzwecks“ rotes Tuch. Auch die Sprache der Schwäbischen Sängerzeitung änderte sich und wurde demagogischer. Besonders erwähnenswert sind die Sängerfeste. Diese wurden von den Nazis als Massenveranstaltungen inszeniert, was zur Folge hatte, dass beim DSB-Fest in Breslau 1937 eine halbe Million und beim Stuttgarter Liederfest des SSB 50.000 Menschen vor Ort waren. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden bis 1941 noch Veranstaltungen abgehalten, 1942 gab es den letzten Sängertag, anschließend überwog das Militär die Kultur.
Abwendung von der Vergangenheit
Nach dem Krieg erfolgte im Zuge der Entnazifizierung die Auflösung der Sängerbünde. Jeder einzelne Gesangsverein musste wiedergegründet und genehmigt werden, ebenso die Sängerbünde. Daher gründeten sich mehrere Sängerbünde neu, der Württembergische Sängerbund (13. Juli 1945), der Sängerbund Südwürttemberg-Hohenzollern (10. Oktober 1947) und der Schwäbische Sängerbund 1948 e.V. (27. November 1948). Durch Überschneidungen im Einzugsgebiet erfolgte ein „siebenjähriger Sängerkrieg“ zwischen dem Württembergischen Sängerbund und dem Schwäbischen Sängerbund, in dem versucht wurde, jeweilige Vereine für den eigenen Bund zu überzeugen. Nach mehreren gescheiterten Einigungsversuchen kam es in einer gemeinsamen Tagung am 26. Oktober 1952 zur Einigung und zum gemeinsamen „Schwäbischen Sängerbund 1849 e.V.“. Bereits im Juli (21. Juli 1952) hatte das Amtsgericht Stuttgart die 1945 getätigte Löschung aufgehoben. Ebenso wurden Geschäftsstellen und die Schwäbische Sängerzeitung ab 1951 altes neues Organ des SSB eingerichtet. Aufgrund des Papiermangels und dem Verbot mancher Stücke, war es außerdem schwierig, Chorliteratur zu finden. Auch die Frauen konnten nun nicht mehr ausgeschlossen werden. Im ganzen Land waren gemischte Chöre zu finden und sie waren wesentlich akzeptierter als zuvor.
Alles Neu?
In den 1950er Jahren etablierte sich die „Neue Chormusik Ludwigsburg“ als Chor- und Musikmesse, wo insbesondere Neue Musik, wie etwa von Arnold Schönberg, zu hören war. Gleichzeitig arbeitete der SSB nun vermehrt mit dem Deutschen Harmonikaverband und der Firma „Hohner“ aus Trossingen zusammen. Mit Blick auf die 1960er wurden vor allem Internationale Kontakte wieder populärer. Es gibt beispielsweise Berichte über deutsche Gesangsvereine, die im Ausland gegründet wurden, z. B. in Amerika, Kanada, Argentinien oder Namibia. Innerhalb der Musikszene wurden nun Debatten geführt über den angeblichen Niedergang des Volkslieds durch den Schlager. Ähnliches lässt sich in Bezug auf das Phänomen der Popularmusik sagen. Gleichzeitig verlor die Popularität der Männerchöre an Bedeutung, dafür etablierten sich wesentlich mehr gemischte Chöre.
Die Jugend und die Frauen
Spätestens in den 1970ern erkannte der SSB die Bedeutung der Jugendarbeit. Bereits 1969 war die „Sängerjugend“ des DSB als Verband anerkannt und 1970 ein erstes Sängerjugendfest abgehalten worden. Auch wurde 1970 der erste Jugendreferent des SSB gewählt. Die offizielle Sängerjugend des SSB folgte erst 1989. Die neue Rubrik „Aus unserer Jugendarbeit“ und die „Junge Seite“ konnte nun in der Sängerzeitung begutachtet werden, ebenso wie die stetig wachsende Zahl an neu gegründeten Kinderchören. 1973 wurde die Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen eingeweiht und „Junge Chöre“ gegründet. „Junge Chöre“ wollten sich abgrenzen vom Rest, z. B. durch ihre Literatur, wie Jazz, Pop oder Schlager. Ziel war es, neue Chorist: innen zu finden, um später den herkömmlichen gemischten Chor zu verstärken. Dies steigerte sich noch mehr in den 1980ern, denn in der Realität gab es starke Nachwuchssorgen und alternde, trotzige Männergesangvereine. Auch lassen sich bereits erste Kooperationen erkennen, um das Laienmusikwesen populär zu machen. Außerdem wurden wieder Chorwettbewerbe abgehalten und die „Chor- und Stimmbildungswoche“ gegründet.
Mit Kooperation zum Erfolg?
Die 1990er stehen ganz im Sinne dieser Kooperationen. Die „Kooperation Schule-Verein“ war fester Bestandteil des SSB, inklusive Modellkonzerten. Außerdem gab es zwei weitere große Fokussierungen: die Betonung des Ehrenamts und dessen Wichtigkeit für das Vereinswesen sowie die Frauenarbeit. Der SSB etablierte, ähnlich wie in der Bundes- und Landespolitik, eine Frauenreferentin als Ansprechpartnerin im SSB, ebenso wie spezielle Veranstaltungen, wie den „Tag der Frauenstimme“. Kritisch gesehen wurden hingegen zu viel englische Literatur und Musicals. Die Vereine wurden immer mehr als Kulturträger gesehen, die die Kultur des Singens öffentlich populärer machen sollten, weshalb in den 2000ern eine stärkere Bezugnahme auf die Politik, insbesondere die Bildungspolitik und den Musikunterricht, erfolgte. Diesen Willen zur Förderung der Musikerziehung, lässt sich z. B. in der „Felix-Plakette“ für singende Kindergärten und die Initiative „Singen mit Kindern“ erkennen. 2008 gründete der SSB gemeinsam mit neun anderen Amateurmusikverbänden den Landesmusikverband Baden-Württemberg als Sprachrohr der Amateurmusikvereine im Land.
Und heute?
In der jüngsten Vergangenheit der 2010er lässt sich erkennen, dass Politik und Amateurmusik immer mehr Hand in Hand gehen. Hinzu kommt der notwendige starke Fokus der Jugendarbeit in Form von Mentorenprogrammen und Kooperationen mit anderen großen Musikverbänden. Ein wichtiger Schritt erfolgte außerdem mit der Umbenennung der Schwäbischen Sängerzeitung zur „Singen“ und dem Schwäbischen bzw. Deutschen Sängerbund zum Schwäbischen bzw. Deutschen Chorverband.
Seit 2019 befindet sich der SCV in einem Strukturprozess, zu dem auch die Neuordnung der Regionalchorverbände gehört. Verbunden damit ist ein Prozess, die inneren Strukturen für die Zukunft stabil aufzustellen.
Quellen und Literatur:
Hauser-Hauswirth, Angelika: „Tradition und Geschichte des Chorgesangs“. 150 Jahre Schwäbischer Sängerbund. In: Hauser Hauswirth, Angelika u.a. (Hgg.): 150 Jahre Schwäbischer Sängerbund 1849 e.V. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. Silberburg-Verlag Tübingen 1999. S. 7-210.
Archiv der Zeitschrift Singen/Schwäbische Sängerzeitung 1921-2021.