Impulse für Chöre in der Stadt und im ländlichen Raum
Zur Nachhaltigkeit zählen neben Umweltschutz auch Finanzen, Mitgliedergewinnung und das Vereinsmanagement im Allgemeinen. Besonders im Vereinswesen sind diese recht vielfältig. Der utopische „optimale“ nachhaltige Chor im ländlichen Raum setzt neben einer guten Jugendarbeit auch regelmäßige Konzerte mit anschließender Mitgliedergewinnung für den Förderverein um, ist regional gut vernetzt in Politik, Kultur und Bildungswesen und ist finanziell abgesichert – utopisch eben. Doch: Man kann auch mit kleinen Dingen viel bewirken.
Es geht, wie bei der ökologischen Nachhaltigkeit auch, darum, das eigene Handeln zu hinterfragen. Im Chor dreht sich nicht alles nur um ein gutes Konzert. Es geht auch um Spaß an der Sache, Gleichberechtigung unter den Mitgliedern, Fairness, geselliges Miteinander und Integration anderer.
Wie kann gute Mitgliedergewinnung und williges deren ehrenamtliches Engagement gelingen?
Inklusion durch Kooperation
Nicht jede:r hat unbedingt direkt Lust auf Chor. Manche Menschen singen gerne, fühlen sich aber von Vereinsstrukturen vielleicht ausgeschlossen oder abgestoßen. Als Verein gilt es, darauf zu achten, für alle Bevölkerungsgruppen offen und zugänglich zu sein. Eine Möglichkeit, sich offener zu zeigen, sind beispielsweise Kooperationen mit anderen (Sport-)Vereinen oder Schulen. Um langfristig zu bestehen und relevant zu bleiben, sind Vereine auf erfolgreiche Jugendarbeit angewiesen. Forschungen und Erfahrungen zahlreicher Vereine beweisen: Je früher mit dem Singen begonnen wurde, desto länger bleibt man dabei. Späteinsteiger: innen sind eher die Ausnahme. Es ist demnach unerlässlich, dass Vereine für den Nachwuchs im Kindergarten- und Grundschulalter gute Angebote machen. Der andesmusikverband fördert mit der Kooperation Schule-Verein musikalische Dauerkooperationen als kontinuierliche Partnerschaften zwischen Schulen und ortsansässigen Vereinen. Dazu zählen z.B. Klassenbands, gemeinsame Ensembles oder die Durchführung gemeinsamer Opern-/Theater- oder Musicalprojekte. Dies dient auch der Erhaltung, Stärkung und Wertschätzung des Vereinswesens durch öffentliche Sichtbarkeit.
Wissenstransparenz in Ämtern
Eine Möglichkeit ist es, eine zentrale Wissensablage mit Dokumenten anzulegen, die stetig erweitert werden, damit jede:r sich schnell einarbeiten oder etwas nachschlagen kann, ähnlich wie bei Protokollen von Mitgliederversammlungen. Zum anderen könnte es von Vorteil sein, ein Amt immer doppelt zu besetzen – z.B. ein erster Kleiderwart plus ein „Junior“. Auf diese Art und Weise gewährleistet man, dass eine gute Einarbeitung in das Amt stattfindet. Auch Jugendliche können so gut eingebunden werden. Überforderung durch zu viel Arbeit und zu wenig Wissen könnte damit vorgebeugt werden. Letztlich ist nicht nur Wissenstransparenz entscheidend, sondern auch eine positive Feedback-Kultur, damit anderen bewusst wird, welche Arbeit hinter den einzelnen Ämtern steckt. Die Wertschätzung ehrenamtlichen Engagements ist das A und O für eine zukunftssichere gemeinsame Arbeit.
Neue Mitglieder
Im Chor geht es um ein gutes Miteinander. Das passiert beim Singen oft von allein, aber trotzdem ist es wichtig, potenzielle neue Mitglieder schnell und gut einzubinden, damit diese nicht wieder gehen. Der Chor kann eigene Routinen entwickeln, um neue Mitglieder willkommen zu heißen. Hier bieten sich beispielsweise eine Begrüßungsmappe mit Zuständigkeiten innerhalb des Vereins und den nächsten Auftritten und Konzertreisen an. Die Chornoten für die Probe können in der Mappe ebenfalls bereits zusammengestellt sein, so dass auch der musikalische Einstieg leicht ist. Auch ein Mentoren- bzw. Patensystem bietet sich an.
Diese Begrüßungsmappe beinhaltet dann Infos wie Probentermine, Auftritte oder Sitzungen, Regeln zur Probenteilnahme und zu Konzertkleidung, Informationen zum aktuell geprobten Programm und ggf. Noten sowie Bereitstellung der Vereinskleidung oder des Materials, das für die Vereinstätigkeit benötigt wird. Solch ein Package zusammenzustellen, kann übrigens auch etablierten Mitgliedern eine willkommene Erinnerungsstütze sein.
Nachhaltige Finanzen
Wie heißt es so schön – „Ohne Moos nix los“. Und es stimmt: Ohne die entsprechenden Gelder bleiben dem Verein viele Türen verschlossen. Daher sollte sich in erster Linie jemand mit dem Thema beschäftigen, der oder die beruflich sich in der Materie auskennt. Wie bei der Wissenstransparenz ist es auch hier notwendig, über die Vereinsarbeit genau Buch zu führen.
Viele Chöre generieren ihre Einnahmen zum einen über den Förderverein, zum anderen über Spenden bei Konzerten. Wer regional gut vernetzt ist, findet sicher schnell auch Sponsoren. Schon zwei kleine Auftritte mit vier bis fünf „Ständchen“ als Sponsorensingen können helfen, neben der eigenen Bekanntheit auch die finanzielle Lage zu verbessern. Dabei kann ganz bewusst auf einfachere Stücke zurückgegriffen werden oder welche, die sowieso im nächsten größeren Konzertprogramm integriert sind.
Bei der Fördermittel-Akquise wird zwischen dauerhaften und projektbezogenen Fördermitteln unterschieden. Projekte können z.B. die Renovierung des Vereinsheims oder die Durchführung eines Musicalprojekts sein. Dauerhafte Fördermittel sind dazu da, den Vereinsbetrieb aufrecht zu erhalten, wie Personal- oder Mietkosten. Diese werden jedoch nicht komplett übernommen, sondern nur bezuschusst. Eine erste Anlaufstelle kann die Gemeinde, die Stadt oder der Landkreis sein. Hier sei noch einmal auf die angesprochenen Kooperationen verwiesen, denn diese sind ideal geeignet, um Fördermittel zu generieren.
Zum Abschluss
Nachhaltiges Denken wird oft verwechselt mit Denken an oder über die Zukunft. In Wahrheit ist nachhaltiges Denken aber Denken aus der Zukunft. Es geht um die Frage, wie wir und die nachfolgenden Generationen zukünftig leben sollen und dürfen. Zwar ist der ökologische Aspekt nur einer von drei, allerdings ist er für uns Menschen und unsere Zukunft mit Sicherheit der wichtigste. Nichts und niemand sollte dabei gegeneinander aufgewogen werden. Nur weil ein Verein mit vielen Druckerzeugnissen arbeitet oder bei Vereinsfesten übermäßig viel Fleisch angeboten wird, zeugt das nicht zwingend von fehlender Nachhaltigkeit. Wichtig ist, den Sinn des persönlichen und gemeinschaftlichen Handelns zu hinterfragen. Klar ist: Eine einzige Person allein wird das Klima nicht retten können und ein Einwegbecher mehr ist nicht der Untergang der Menschheit. Klar ist aber auch, dass es nichts nützt, den Klimawandel im Konzertprogramm zu thematisieren, wenn das eigene Verhalten im Kern nicht dazu passt. Was es braucht, ist ein globaler Strukturwandel, an dem wir alle unseren Anteil haben.