Die Chorjugend im Schwäbischen Chorverband feiert Jubiläum
Die Chorjugend im SCV ist dieses Jahr 35 Jahre alt geworden. Ist das ein Grund zu feiern? „Definitiv!“, findet die Vorsitzende der Chorjugend, Katharina Burger, und blickt mit dem ersten Vorsitzenden der Chorjugend, Alfons Scheirle, auf die Anfänge zurück.
In den vergangenen zwei Jahren als Vorsitzende der Chorjugend durfte ich die Kinder- und Jugendchorszene ganz neu kennenlernen, durfte erfahren, wie es ist, zusammen mit einem super Team als Chorjugendvorstand neue Wege zu beschreiten und Bewährtes zu manifestieren. Diese Erfahrung, dieses Gefühl und auch die aktuell verbindlicher wirkenden Gespräche in Richtung Chorjugend Baden-Württemberg wecken in mir Neugierde. Neugierde auf das, wie die Chorjugend im SCV überhaupt gegründet wurde. Neugierde auf die Menschen, die Teil dieser – damals neuen – Bewegung waren.
Grund also genug für mich, Alfons Scheirle anzurufen, den ersten Chorleiter der Chorjugend im SCV. Den Kontakt erhielt ich über Johannes Pfeffer, meinen Vorgänger im Amt. Johannes ist aber für mich viel mehr: Mentor und auch derjenige, der mich überhaupt zur Chorjugend, in dieses wunderbare Ehrenamt, gebracht hat.
Trotz Altersunterschied so ähnlich
Gleich zu Beginn des Telefonats mit Alfons Scheirle merke ich, dass wir uns trotz des großen Altersunterschiedes von 57 Jahren in sehr vielen Dingen ähneln. Und dass uns das Ehrenamt und die Liebe zur Chormusik verbinden. Herr Scheirle berichtet von einer Anfangszeit der Chorjugend, in welcher man erst das Mindset für die Unterstützung von Jugendverbandsarbeit im SCV habe schaffen müssen.
„Die Jugendarbeit wurde erst unter ‚Verschiedenes‘ in der Tagesordnung aufgerufen“, sagt Alfons Scheirle und ich realisiere, welchen hohen Stellenwert die Chorjugend in SCV-Gremiumssitzungen mittlerweile hat. Er berichtet von Ängsten, dass die Jugend das Geld der Erwachsenen verprassen könnte, auch weil damals die erst kürzlich gegründete NRW-Jugendsängerorganisation eine teure USA-Reise unternommen hätte. Doch Scheirle sah Potential für eine Chorjugend, denn schon damals habe er beobachtet, dass „Chöre ohne Jugendarbeit früher oder später verlieren“.
Gründung dank Unterstützung und Anerkennung erfolgreich
Gerhard Werz und Monika Brocks seien zusammen mit ihm die treibenden Kräfte im Prozess der Chorjugendgründung gewesen, erinnert sich Scheirle. Den Aufnahmeprozess in den Landesjugendring beschreibt er als „Ritt auf der Rasierklinge“, da die Chorjugend nicht ganz eigenständig ist. „Dort wo man anerkannt ist, erfährt man auch Unterstützung“, formuliert der Ehrenbundeschormeister des SCV und begründet damit die Notwendigkeit einer guten Vernetzung, die er offenbar auch in Politikerkreisen bestens pflegte.
Eines der ersten Projekte, die er mit dem Chorjugendvorstand organisiert habe, sei der Bundesjugendchor gewesen. Die Befürchtungen der Chöre, dass ein Bundesjugendchor Sänger aus den Chören abziehen würde, habe er mit einer öffentlich geäußerten Bedingung („Wer hier mitsingt, muss in seinem Heimatchor bleiben!“) ausgeräumt.
Auch das Vorgehen des Chorjugendvorstands in der Satzung erscheint strategisch klug und wohl durchdacht: Eine entscheidende Schlüsselfigur sei, so analysiert es Alfons Scheirle jetzt, der gemeinsame Schatzmeister (für den Erwachsenenchorverband als auch für die Chorjugend) gewesen.
Damals war alles anders – oder doch nicht?
„Damals war alles anders“, analysiert Scheirle – das Fort- und Ausbildungssystem der Chorjugend sei noch nicht existent und die Bereiche Geld und Anerkennung sensibel gewesen, aber es hätte „immens viele“ singende Kinder und Jugendliche gegeben. „Ob davon wirklich jeder gesungen hat, kann ich nicht behaupten“, ergänzt Scheirle mit einem Lächeln in der Stimme. Und ich stelle im Vergleich zu den Gründungsüberlegungen einer Chorjugend BW fest, dass vielleicht doch nicht so vieles anders ist als damals. Denn die Bereiche Geld und Anerkennung einer Chorjugend BW bereiten mir mehr denn je Kopfzerbrechen.
Dankbarkeit fürs Engagement
Dass die Chorjugend im SCV nun 35 Jahre später als eine so starke Chorjugend wahrgenommen wird, ist Alfons Scheirle und vielen ungenannten Wegbegleiter:innen und Unterstützer:innen zu verdanken – ob im gewählten Ehrenamt, in der begleitenden Geschäftsstelle oder als externe:r Impulsgeber:in. Zu Scheirles 90. Geburtstag waren Mitglieder des damaligen Bundesjugendchores persönlich erschienen. Auch hätten ihn viele Dankesworte erreicht, erzählt er, darunter Briefe von lange nicht gehörten Sänger:innen seiner Chöre. „Meine Kinder singen auch“ oder „Ich bin auch Chorleiter“ seien die frohen Botschaften dieser Briefe. Alfons Scheirle erklärt sich diese Verbundenheit so: „Gemeinsames Erleben schafft eine Gesinnungsgemeinschaft und Gemeinschaft bildet.“ Mit einer sehr wichtigen Erkenntnis beschließt er unser heiteres Gespräch: „Das, was man im Amt und Ehrenamt leistet, ist nie vergebens.“
Prost auf 35 Jahre Chorjugend!
Was für ein wunderschöner Lebensmoment, dieses ehrenamtsbejahende Telefonat doch war! Ein Gespräch zwischen zwei Vorstandspersonen der Chorjugend im SCV – über Generationen getrennt, doch in der Liebe zum Chorjugend-Engagement vereint. In „meinem“ Chorjugendvorstand bezeichnen wir dieses Gefühl, das „Anpackerische“, die Effektivität unserer Arbeit und den Zusammenhalt in unserem Vorstand seit einem Jahr als „große Chorjugend-Vorstandsliebe“. All das fühle ich soeben. Und ich träume von unserer Chorjugend-Baden-Württemberg-Zukunft. Und ich bin dankbar und stolz, diesem großartigen Verband vorstehen zu dürfen. Auf die nächsten 35 Jahre einer aktiven Chorjugend!