Wie beim Chorverbandstag zwei Städte um das Chorfest 2029 kämpften
Neben der Entscheidung um den Austragungsort des Chorfestes 2029 waren vormittags einige Workshops und nachmittags die Berichte weitere zentrale Inhalte des diesjährigen Chorverbandstages, der am 13. Oktober in Fichtenberg (Kreis Schwäbisch Hall) stattfand.
Seit 9 Uhr waren die ersten Delegierten vor Ort, um an den Workshops zur GEMA, Öffentlichkeitsarbeit und der Förderung von Jugendarbeit teilzunehmen. Die Workshops wurden von allen Beteiligten gut angenommen und machten Lust auf mehr Interaktion zu den Themen.
Singen als Aufgabe für die Gesellschaft
Der Gesangsverein Fichtenberg gab dem Chorverbandstag seine feierliche musikalische Eröffnung. In seinem Begrüßungswort dankte Präsident Dr. Jörg Schmidt zunächst den Referent:innen für die Seminare und den thematischen Input am Vormittag. Gleichzeitig definierte er die Ziele des SCV: „Wir müssen den Leuten in unserem Umkreis mehr sichtbar machen, was Singen bedeutet.“ Orientieren könne man sich etwa an den Schnupperproben bei der zuletzt abgehaltenen Woche der offenen Chöre des DCV. Darüber hinaus betonte er auch die gesellschaftliche Aufgabe: „Chöre sind für mich zentral für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ und seien „die Basis für eine tolerante Gesellschaft.“ Die Anhebung der Probenpauschale beseitige eine „Ungerechtigkeit gegenüber den Sportverbänden.“ Ralf Glenk, Bürgermeister von Fichtenberg, trat als Zweiter ans Rednerpult. Er lobte die aktiven Vereine, die Fichtenberg „rocken“. Singen helfe gegen Ängste, Singen verbinde, Singen biete allen einen Mehrwert. Auch sein Appell fokussierte sich auf Jugendarbeit: „Gehen Sie aktiv auf Kinder- und Jugendlichen zu!“
Bundeslied, Berichte, Beschlüsse
Im Anschluss an eine Gedenkminute für verstorbene Mitglieder in den Vereinen und Verbänden wurde die goldene Ehrennadel an Karine Bell, Monika Fecker und Roman Kotschi verliehen. Anschließend wurde das traditionelle Bundeslied von Mozart, „Brüder reicht die Hand zum Bunde“, gesungen. Bereits beim Mittagessen war der Film „Was bleibt?“ zu sehen, die Dokumentation über das Silcher-Museum. Weiters wurde das Achtsamkeitsprojekt des SCV in einem kurzen Film gezeigt: „Ich fühle mich hier sicher, weil…“. Ein wichtiges Unterfangen, um bessere Rahmenbedingungen für alle Mitglieder zu schaffen.
In seinem Bericht erläuterte Präsident Dr. Jörg Schmidt zunächst den „Paukenschlag“ von 2023, die dauerhafte Schließung des Silcher-Museums. Große Teile der Ausstellung und Archivalien sind mittlerweile an das Literaturarchiv Marbach und weitere Museen in Baden-Württemberg überliefert worden. Die Strukturreform sei weit vorangeschritten, mittlerweile seien fast alle geplanten Änderungen abgeschlossen. Darüber hinaus sei die Geschäftsstelle „sehr gut aufgestellt“. Dies wirke sich auf ganz Deutschland aus: „Das Bundesdeutsche Chorwesen profitiert von unserer Expertise.“
Schwäbisch Gmünd vs. Schwäbisch Hall
Der eigentliche und unerwartete Höhepunkt des Tages stellte jedoch ein anderes Unterfangen dar. Schwäbisch Hall und Schwäbisch Gmünd waren als Bewerberstädte um das Chorfest 2029 angehalten, sich und die kulturellen Begebenheiten kurz vorzustellen. Richard Arnold, OB von Schwäbisch Gmünd, machte den Anfang und hatte große Geschütze für seine Präsentation aufgefahren. Gemeinsam mit Ramona Kunz, Vorsitzende des Stadtverbandes Musik und Gesang, und Ralph Häcker, Leiter des Kulturbüros, stellten sie das Konzept vor. Nach einem Imagefilm über Gmünd mit kulturellen Höhepunkten der letzten Jahre verwies Arnold insbesondere auf Schwäbisch Gmünd als „älteste Stauferstadt“, weshalb man eine enge Verbundenheit mit dem Schwabentum habe. Singen gehöre zudem „zu den Genen von Schwäbisch Gmünd“, was sich im bereits 60 Jahre alten „Stadtverband Musik und Gesang“ zeige. Dieser habe über 70 Mitgliedsvereine, davon über 30 Chöre aus allen Bereichen. Das Schlusswort überließ er den Jugendlichen der „Musical Factory“ aus Schwäbisch Gmünd, die zwei ihrer Hits zum Besten gaben.
Als zweites war die „kleinste Metropole der Welt“ an der Reihe, wie es der OB von Schwäbisch Hall, Daniel Bullinger, und Florian Schellhaas, Fachbereichsleiter Kultur, nannten. Bei der Stadtvorstellung wurde besonders die Historie als freie Reichsstadt hervorgehoben. Hall als größte Stadt in Hohenlohe, geprägt durch eine Historie als Salzmetropole, die heute „kleinste Metropole der Welt“, sei eine Stadt der Kultur. Davon zeugten die Festspiele, die Kunsthalle Würth, das älteste und größte Marionettentheater in Baden-Württemberg sowie das größte Freilichtmuseum des Landes. Hall sei eine Stadt der Vereine und mit den „Unicorns“ im American Football sehr gut vertreten. Besonders wichtig war OB Bullinger die neue Spielstätte: das Neue Globe, dem Globe-Theater in London nachempfunden.
Bereits mit bloßem Auge war bei der Abstimmung kein großer Unterschied auszumachen. Nach einer Ungenauigkeit der Stimmzählungen, bei der nicht genau geklärt werden konnte, ob es 74:73 oder 71:71 stand, kam es zum ersten „Hammelsprung“ in der Geschichte des Schwäbischen Chorverbandes: Alle Delegierten mussten den Saal verlassen und wurden beim Eintreten neu gezählt. Zunächst wurden alle Stimmen für Schwäbisch Hall, anschließend für Schwäbisch Gmünd gezählt. Nach einer erneuten Patt-Situation wurde Ergebnis verkündet: 80 zu 80. Die Entscheidung wurde vertagt. Das Prozedere werde als schriftliche bzw. digitale Wahl nach dem Verbandstag fortgeführt werden.
Es folgten weitere Berichte. Im Bericht von Musikdirektor Nikolai Ott – in seiner Abwesenheit von Tilman Heiland vorgetragen – wurden die neuen C3-Kurse, insbesondere für Popchor und Kinderchor, hervorgehoben. Der C3-Kurs des SCV sei eine gute Möglichkeit, sich selbst zu schulen. Der Chorwettbewerb des SCV sei zwar sehr heterogen, aber zu klein gewesen, weshalb nur wenig wirkliche „Wettbewerbe“ stattfinden konnten. Daher nutzte er die Gelegenheit, um auf den nächsten Chorwettbewerb im Juni 2026 in Plochingen aufmerksam zu machen. Katharina Burger betonte in ihrem Bericht insbesondere die gemeinsame Chorjugend Baden-Württemberg. Der Badische Chorverband sei „ganz klar auf Kurs baden-württembergische Chorjugend.“ Über eine landesweite Ausrichtung sei es zudem einfacher mit Fördergeldern, sagte sie und dankte dem Badischen Chorverband für die gute Zusammenarbeit. Roman Kotschi, scheidender Vizepräsident Finanzen, betonte mit Blick auf sein Arbeit: „Wir konnten die Finanzen auf Kurs halten.“ Er dankte dem Vorstand, die „gute Mannschaft, die wir an Bord haben.“ Zudem wurde eine Satzungsänderung beschlossen: Die Bestandsmeldung für Vereine hat nun neue Fristen.