Wie allgemein bekannt, scheiterte letztlich die Paulskirchenverfassung an der Ablehnung der Kaiserkrone durch König Wilhelm IV. von Preußen und am Wiedererstarken von Monarchien und Einzelstaaten. Sie blieb aber grundlegender Impulsgeber für die demokratische Entwicklung und die Bildung der freiheitlichen, demokratischen Weimarer Verfassung; auch die Reichsgründung von 1871 wäre ohne die Revolution von 1848 nicht denkbar gewesen.
Zu dieser Zeit war bereits eine ganze Reihe von Vereinen gegründet worden, die wesentliche Bestandteile der Demokratiebewegung waren, die sich in der Paulskirche entfaltete. Die Nationalversammlung wurde nicht von einer zentralen Institution, gar vom preußischen König zusammengerufen, sondern von einem Vorparlament, das sich aus führenden Vertretern der liberalen und demokratischen Opposition und Landtagsabgeordneten der beteiligten Länder zusammensetzte.
Wesentliche Grundlage waren also die Bestrebungen in Vereinen, die sich nicht zuletzt im Bereich des Sports und der Musik (vor allem Blasmusik und Chormusik) bildeten. Diese Vereine waren von vorneherein unter dem Gesichtspunkt demokratischer, freiheitlicher und nationaler Prinzipien zusammengetreten; die revolutionären Ideen flossen in die Nationalversammlung ein.
Demokratie und Freiheit an der Basis
Demokratie und Freiheit an der Basis, Demokratie und Freiheit auch als Grundprinzip eines Nationalstaates. Das war Motiv und Bestreben der Bewegung, die zur Paulskirche 1848 führte. Die Vereine lebten teilweise bereits deutlich vor der Paulskirche diese Prinzipien, denen im Wesentlichen das Demokratieprinzip zugrunde lag, welches in einer gemeinsamen, gemeinschaftlichen Ordnung (Satzung) und dem zentralen Organ der Mitgliederversammlung bestand. Ein Verein musste geführt werden (Vorstand), die zentral entscheidende Institution war – und ist – jedoch die Mitgliederversammlung („Alle Macht geht vom Volke aus“, Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes).
Grundsätzlich ist diese „Urform“ der Gewaltenteilung in der Satzung jedes Vereins niedergelegt. Der Vorstand eines Vereins, gewissermaßen die Exekutive, vollzieht neben den ihn bindenden gesetzlichen Bestimmungen und denen der Satzung die Beschlüsse der Mitgliederversammlung und ist an diese gebunden. Es liegt auf der Hand, dass sich aus dieser „Aufgabenteilung“ immer wieder Konflikte ergeben können und auch ergeben. Die Mitglieder des Vorstandes sind in aller Regel mit den Gegebenheiten und Besonderheiten ihres Vereins vertraut; sie haben schließlich auch die Aufgabe, der Mitgliederversammlung regelmäßig zu berichten, welche Arbeit sie geleistet haben, welche Entwicklung der Verein genommen hat und vieles mehr. Er legt der Mitgliederversammlung Rechenschaft ab und bittet um Entlastung (also auch Enthaftung) für die geleistete Arbeit.
Vorgehen bei Nicht-Entlastung
Es kommt deshalb auch immer wieder vor, dass (auch Vorstände sind nur Menschen!) die Mitgliederversammlung mit den Ergebnissen der Arbeit oder einzelnen Vorkommnissen und Handlungsweisen nicht einverstanden sind. Es kommt also auch vor, dass die Mitgliederversammlung ihren Vorstand nicht entlastet. Vor kommt allerdings auch, dass der Vorstand Aufgaben, die ihm von der Mitgliederversammlung übertragen wurden, nicht erledigt und sich damit in Widerspruch zur Willensbildung in der Mitgliederversammlung setzt.
Selbstverständlich kann die Mitgliederversammlung sich dagegen zur Wehr setzen. Einmal dadurch, dass sie den Vorstandsmitgliedern oder Teilen davon das Vertrauen entzieht oder den Vorstand als Ganzes oder in Teilen „abwählt“, was jederzeit möglich ist. Sie kann auch dem Vorstand die Entlastung versagen und dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie ihn nicht aus der Verantwortung und Haftung entlassen möchte.
Nun findet in aller Regel eine Mitgliederversammlung nur einmal jährlich statt, meist zu einem in der Satzung festgelegten Zeitraum (erstes Quartal, Sonntag nach Kantate etc.). Nach der Mitgliederversammlung dauert es also in der Regel ein Jahr, bis diese wieder zusammentritt. Zwischen den Mitgliederversammlungen kann aber ein bestimmter Teil der Vereinsmitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung verlangen („Minderheitenverlangen“). In aller Regel enthalten die Satzungen der Vereine dazu ein bestimmtes Quorum; ohne ein solches gilt § 37 Abs. 1 BGB, wonach der zehnte Teil der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen kann.
Zwingende Bestimmungen
Der Vorstand muss dann diesem Verlangen entsprechen; tut er das nicht, können die beantragenden Vereinsmitglieder beim Amtsgericht beantragen, sie zur Berufung der Versammlung zu ermächtigen und Anordnungen über die Führung des Vorsitzes und der Versammlung zu treffen. Das ist eine der wenigen zwingenden Bestimmungen des BGB-Vereinsrechts, die nicht durch Gesetz, Satzung oder Beschluss der Mitgliederversammlung geändert oder abbedungen werden können. Es handelt sich um den Schutz des Minderheitenrechts, welches den Vorstand zur Durchführung der außerordentlichen Mitgliederversammlung verpflichtet; die Satzung kann auch nicht bestimmen, dass nur dann eine Einberufung gefordert werden kann, wenn die Hälfte oder mehr der Mitglieder ein Verlangen unterstützen. Dann wäre es auch kein Minderheitenverlangen mehr; die Minderheit soll ja durch diese Regelung gerade geschützt werden.
Es ist also aus der Sicht des Vorstandes empfehlenswert, einem solchen Minderheitenbegehren zu entsprechen. Besser noch: Es gar nicht so weit kommen zu lassen. Ist das nämlich schon der Fall, ist häufig das Tischtuch zwischen Vorstand und Mitgliederversammlung zerschnitten und es drohen rechtliche Auseinandersetzungen, die zu vermeiden im Interesse des Vorstandes wie des Vereins liegt und den Vorstand veranlassen sollten, mit größtmöglicher Transparenz und Offenheit über seine Arbeit zu berichten, sodass die Mitgliederversammlung guten Gewissens durch die Entlastungsentscheidung attestieren kann, dass der Vorstand seine Arbeit gut, jedenfalls ordentlich gemacht hat.
Durch gute Vorstandsarbeit und Transparenz in der Kommunikation mit den Vereinsmitgliedern zollt der Vorstand diesen den Respekt, der ihnen geschuldet ist, die schließlich den Vorstand ins Amt gebracht und ihm dadurch das Vertrauen entgegengebracht haben, die Interessen des Vereins und seiner Mitglieder bestmöglich zu vertreten.
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
Telefon: 07453 1677
Telefax: 07453 9554596
Email: kanzlei@rechtsanwalt-heieck.de
Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.