Seit einiger Zeit ist das Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) in aller Munde. Und es scheint so, dass jeder, der sich dazu äußert, etwas anderes darunter versteht. Soweit besteht Einigkeit: KI beschreibt Computer- oder Maschinensysteme, die Aufgaben ausführen können, die normalerweise menschliches Denken erfordern. Als Beispiel werden genannt: Lernvorgänge, Planungsvorgänge, Problemlösung allgemein, das Verstehen von Sprache, Unterstützung von Produktionsprozessen oder deren Steuerung.
Seit wenigen Jahren wird nun auch thematisiert, dass KI im Vereinsbereich eine Bedeutung haben kann. Das fängt mit der Automatisierung von Verwaltungsaufgaben an (Mitgliederverwaltung, Terminplanung, Beitragswesen, Buchhaltung etc.). Diese Aufgaben können – und in größeren Unternehmen auch werden – zunehmend von KI begleitet, gesteuert oder durchgeführt.
Einsatz von KI im Verein
Im Verein gibt es zwar schon länger elektronisch basierte Vorgänge wie die Verwaltung von Mitgliederlisten, der Terminverwaltung oder der Mitgliederkommunikation. Neu könnte beispielsweise sein: KI-gestützte Chatbots beantworten automatisch Anfragen von Mitgliedern zu Terminen, Mitgliedsbeiträgen, Konzertveranstaltungen etc. Auch im Bereich der Datenanalyse kann KI hilfreich sein Auch die Öffentlichkeitsarbeit, das Finanzmanagement (Erkennung finanzieller Risiken, Einsparempfehlungen etc.) und Ressourcenplanung sind Bereiche, wo KI-Tools Erleichterung und Effektivierung bieten können.
Fördermittelakquise und KI
Fragen zu Förderprogrammen und Verbandsregeln können durch Abscannen und Durchforsten der entsprechenden Regelwerke leichter beantwortet werden – bis an die Stelle, wo Zweifelsfragen auftauchen oder Wertungsentscheidungen getroffen werden müssen. Da ist die KI ungeeignet und überfordert; sie kann das Denken und auf diesem beruhende Entscheidungen nicht ersetzen.
Fördermittelakquise wird durch KI erleichtert, da die Internetrecherche nach geeigneten Fördermitteln und die Anwendbarkeit von Förderregelungen auf Vereinsprojekte erheblich erleichtert wird, allerdings auch nur bis dahin, ab wo man mit dem Fördergeber im persönlichen Kontakt die Förderanfrage konkretisieren und erläutern muss.
Auch hier sind die Möglichkeiten der KI schnell am Ende. Förderanträge können deshalb letztlich nur vorbereitet werden. Fristen, Termine, aber auch Erfolgsaussichten könnten mit Hilfe der KI besser und sicherer behandelt werden bis hin zur Verarbeitung von Antragsformularen und der Erhebung dafür notwendiger Daten.
Eine Risikoanalyse kann von KI relativ weit oder tief bearbeitet werden bis hin zur Frage, mit welchen Strafen oder Bußgeldern man rechnen muss, wenn man gesetzliche Bestimmungen nicht oder nur teilweise beachtet. Bei Bußgeldern, beispielsweise im Datenschutzrecht, kann die KI dabei behilflich sein, zu ermitteln, welches Bußgeldrisiko (auch der Höhe nach) man eingehen kann, wenn man vorsätzlich Bestimmungen nicht beachtet.
Grenzen der KI
Soweit die Vorteile, die man aufzählen kann. Ob sie für den jeweiligen Verein interessant sind und den Aufwand, der mit der Einführung einer KI verbunden ist, rechtfertigen, muss jeder Verein für sich entscheiden. Die Anschaffung einer Recherchemöglichkeit bei ChatGPT oder verwandten Systemen ist zunächst mit wenig Aufwand verbunden, auch mit geringem Kostenaufwand. Dies wird sich allerdings demnächst ändern, wenn die Bereitstellung von Ausgangsdaten und Bereitstellung in der Cloud mit zunehmend hohen Investitionen seitens der Anbieter verbunden ist.
Eine nach wie vor erhebliche Gefahr ist, dass im Bereich der Mitgliederkommunikation die KI nur dort eingesetzt werden kann, wo auch alle Mitglieder die technischen Voraussetzungen für den Einsatz der KI haben und deshalb an der Kommunikation teilnehmen können. Andere Vereinsmitglieder, die im Bereich der Chorvereine des Schwäbischen Chorverbandes noch sehr zahlreich sind, verfügen über diese Möglichkeiten nicht und sind dann von wesentlichen Teilen der Vereinsarbeit und Vereinskommunikation ausgeschlossen. Das kann das soziale Gefüge innerhalb des Vereins beeinträchtigen; wir haben Ähnliches schon im Zusammenhang mit Corona erleben müssen.
Aber auch für den Einzelnen ist KI ein erheblicher Nachteil. Die Vereinsarbeit lebt von der Kreativität, dem kritischen Denken, der sozialen und der Sprachkompetenz seiner Mitglieder und Vorstände. Diese Fähigkeiten werden durch den Einsatz von KI gefährdet, weil abgebaut bzw. nicht weiterentwickelt. Eigene Gedanken können zunehmend durch automatisierte Text- und Analyseproduktion ersetzt werden. Es besteht die Gefahr, dass die Reflektionsfähigkeit des Einzelnen und seine Kreativität durch den Einsatz von KI leiden und zurückgehen.
Der Mensch wird zwar nicht durch KI ersetzt, aber er stützt sich zunehmend auf sie (aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit) und verlässt sich zunehmend auf diese automatisierten Vorgänge mit der Gefahr, dass eigene Kreativität, Fähigkeiten und Organisationstalent verkümmern.
KI sollte deshalb nur als Instrument und Hilfsmittel eingesetzt werden. Sie muss der menschlichen Kontrolle unterliegen und darf wesentliche Aspekte der Vereinsarbeit (ethische, soziale und emotionale Aspekte) nicht beeinträchtigen oder ins Hintertreffen geraten lassen.
Achtung Datenschutz
Selbstverständlich müssen die Bestimmungen des Datenschutzrechts beachtet werden und dürfen nicht automatisierten Vorgängen im Rahmen der KI untergeordnet werden oder zum Opfer fallen. Eine entsprechende Datenschutz- und Risikoanalyse muss jeder Verein nach dem Umfang dessen vornehmen, in welchem er die KI konkret in seinem Verein anwendet.
Insbesondere ist bei der Verwendung von Mitgliederdaten im Rahmen der KI-Anwendung besondere Vorsicht geboten; die „Ausrede“, ein Datenschutzverstoß sei von der KI zu verantworten und nicht vom Verein, wird nicht zur Entlastung gegenüber der Datenschutzbehörde führen. Von den Vereinen muss insbesondere auch beachtet werden, wo die personenbezogenen Daten gespeichert werden. Dies ist seit einer Entscheidung des EuGH vom Juli 2020 nur noch auf Servern innerhalb der Europäischen Union möglich. Die Speicherung von Daten ist DSGVO-konform, wenn der Serverstandort innerhalb der EU liegt und die Kommunikation mit diesem mit einer End-to-end-Verschlüsselung versehen ist. Der Zugang zu den vom Verein gespeicherten Daten sollte schließlich den durch die Satzung oder das Datenschutzkonzept genannten Personen, insbesondere dem bzw. der im Verein Verantwortlichen für den Datenschutz vorbehalten sein. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Beschickung der Cloud mit personenbezogenen Daten unter Beachtung der DSGVO erfolgt.
Achtung Urheberrecht
Auch das Urheberrecht spielt im Rahmen der KI eine besondere Rolle. Dabei sind KI-generierte Inhalte nach der Auffassung vieler juristischer Fachleute nicht durch das Urheberrecht geschützt, wohl aber die Ergebnisse des Trainierens mit der KI durch den Verwender (beispielsweise von Sprachmodellen); die hier erarbeiteten Inhalte sind und bleiben urheberrechtlich geschützt.
Inhalte, die zum Trainieren von KI verwendet werden sollen, sind dem Schutz des Urheberrechts unterworfen und bedürfen der Erlaubnis der Rechteinhaber oder der GEMA. Hier ist aber noch vieles umstritten und es liegen auch nur – soweit ersichtlich – wenige ober- oder höchstrichterliche Entscheidungen vor, sodass unbedingt zu empfehlen ist, dass dann, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte im Rahmen der KI oder im KI-Training verwendet werden, unbedingt rechtlicher Rat eingeholt werden sollte.
Viele Fragen werden durch entsprechende Lizenz-Vereinbarungen geregelt werden müssen, auch bezüglich der Rechte an den KI-generierten Inhalten. Da diese grundsätzlich nicht geschützt sind, muss ein Schutz durch entsprechende vertragliche Regelung herbeigeführt werden.
Schließlich: Thema „Haftung“
KI-generierte Inhalte können gegen Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht sowie gegen allgemein zivilrechtliche Vorschriften verstoßen. Hier kann ggf. der Haftungsdurchgriff auf die handelnden Personen zu beachten sein, e für die KI-basierte Rechtsverletzung verantwortlich sind.
Merke: Hier würde mit Hilfe von KI ein wettbewerbs- oder urheberrechtswidriges Werk geschaffen und veröffentlicht, dessen etwaige Rechtswidrigkeit sich der Verwender der KI zurechnen lassen müsste.
Auch hier steht – jedenfalls für den Vereinsbereich – die Rechtsfortbildung noch ganz am Anfang, sodass es einstweilen ausreichen mag, sich der Problematik grundsätzlich bewusst zu sein.
Eine Schlussbemerkung: Der Einsatz von KI im Bereich der Vereine und anderen gemeinnützigen Einrichtungen kann – wie dargestellt – Vorteile bieten (Vereinfachung und Effektivierung von Vorgängen). Diesen Vorteilen stehen aber wesentliche Bedenken entgegen, die den Hinweis nahelegen, sich sehr wohl zu überlegen, ob und an welcher Stelle ein Verein Instrumente der künstlichen Intelligenz einsetzt. Vor allem ist schwerwiegend, dass wesentliche menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, Phantasie und Originalität beeinträchtigt werden können, was unseren Vereinen letztlich schaden würde. Es möge deshalb im Einzelfall sehr wohl und gründlich überlegt werden, ob man und in welchem Umfang KI einsetzt, oder ob und in welchen Bereichen man nicht mit den jetzt schon vorhandenen Hilfsmitteln für die Vereinsarbeit auskommt und sich dadurch der Risiken entledigt, die mit künstlicher Intelligenz nun einmal verbunden sind.
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.