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Rezensionen, Singen & Stimme, SINGEN Juni 2025

Philosophische (Über-)Forderung

Sandra Bildmann
1. Juni 2025

Rezension: „Musik allein genügt“ von Dominik Šedivý

Wer den Klappentext zu Dominik Šedivýs „Musik allein genügt“ liest, fühlt sich ein wenig ertappt: Werde ich der Musik nicht gerecht? Gehe ich zu lapidar mit ihr um? Und man fragt sich vielleicht auch ein wenig verunsichert: Bin ich diesem Buch gewachsen? Denn es fordert nicht weniger, als Bedingungen für eine musikalische Praxis, in seinem Untertitel „Voraussetzungen für musikalisches Erleben“. Offenbar gibt es keine künstlerische Legitimation ohne hinreichende innerliche Erfahrung. Darf ich jetzt womöglich nicht mehr musizieren? Wird hier ein grenzgängerisches Dilemma offenbart oder ist doch alles halb so wild? An wen richtet sich dieses Buch überhaupt – den Profi, der bezahlt wird, oder die Amateurin, die an Musik einfach nur Freude haben will?

Šedivý ist der Ansicht, „dass das wirkliche Verstehen nicht nur im Erfassen bloßer Sachverhalte liegt, sondern maßgeblich auch in der Qualität des Erlebens und Erfahrens“. Seine Theorie über kausale Zusammenhänge und seine generelle Auffassung zur Wirkungsweise von Musik ist teils tief philosophisch und in manchen Momenten des Lesens un-praktisch.

„Musik allein genügt“ ist kein pädagogisches Handbuch, eher ein mahnender Ratgeber, stellenweise kann man ihn als anmaßend empfinden. Da hat man vielleicht in mühsamer Vermittlungsarbeit Menschen dazu gebracht, sich für klassische Musik zu interessieren – und schon verliert man sie postwendend wieder, weil durch eine hohe Erwartungshaltung genau jene Ängste des Elitären geschürt werden. Ansprüche, denen man kaum gerecht werden kann. Und verliert man als Rezipientin oder Hobbymusiker nicht gerade deshalb die Lust an Musik, wenn man sie nicht einfach machen darf, sondern sich ihr erst in einem inneren Eignungsprozess aussetzen muss?

Und ein:e Berufsmusiker:in? Hat in einer Saison vielleicht fünf Neuproduktionen abendfüllender Werke, sechs Wiederaufnahmen und Dutzende Konzerte unterschiedlichen Programms. Abgesehen von den technischen und inhaltlichen Anforderungen der Literatur: Wann soll er/sie sich auf die Reise der inneren Entdeckung machen? Vom alltäglichen Stress und privaten Verpflichtungen mal ganz abgesehen.

Šedivý wirkt bemüht, Worte für die Komplexität der Musikerfahrung zu finden, und es mag vermutlich nicht seine Absicht sein, das Rezipieren und Ausüben von Musik zu untersagen. Denn in Anbetracht ihrer großen Bereicherung für den menschlichen Kosmos und ihre positiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben wäre dies auch fatal. Doch fühlt man sich als Leser:in permanent erzieherischen Maßnahmen unterzogen, die einer unbeschwerten Unbefangenheit im Umgang mit Musik eher entgegensteht.

 

Wo Sprache an ihre Grenzen kommt

Möglicherweise haben „Gefühlsmenschen“ hier einen Vorteil. Intuition und Loslassen erleben sie vielleicht auf eine ganz andere Art als „Kopfmenschen“. Für den Autor ist klar: „Unser Lernen in der Kunst besteht in der Übung des Loslassens mit dem Ziel der Öffnung gegenüber dem, was uns das nur sinnlich Wahrnehmbare und das durch Nachlernen Wissbare nicht näherbringen kann. In engem Zusammenhang mit dieser Art von Unvoreingenommenheit steht die Intuition, die eine Grundvoraussetzung für musikalisches Erleben ist.“ Auch dieser Absatz, der versucht, mit Worten zu umreißen, was gemeint ist, zeigt die Schwierigkeit, die damit einhergeht, und auch die Problematik der Auslegung von Begriffen. Von „Intuition“ hat vermutlich jede:r ein eigenes Verständnis.

„Solange man sich der Welt der Musik nur öffnet und bereit ist zu hören, kann man sich ohne jede Gefahr einlassen und sich den Klängen ganz hingeben. Die Musik wartet unablässig darauf, die Menschen zu erfüllen, ganz der Bereitschaft gemäß, die sie ihr entgegenbringen. Darauf dürfen sie stets vertrauen, ebenso wie auf die Erkenntnis, dass es für Musik ansonsten nichts weiter braucht. Denn die Musik allein genügt.“ Ist am Ende doch alles ganz einfach? Liest man Dominik Šedivýs Buch, tendiert man eher zu einem Nein, denn Emotionen sachlich zu erklären, funktioniert in den seltensten Fällen. Denkt man aber nicht länger drüber nach, sondern macht einfach, funktioniert das vermutlich ganz gut.

„Musik allein genügt“ von Dominik Šedivý, 2022 im Wiener Hollitzer-Verlag erschienen, 175 Seiten, 35,00 €.

 

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