Auch wenn das Jahr noch nicht zu Ende ist: Viele Vereine bereiten sich schon jetzt auf die überwiegend im ersten Quartal des kommenden Jahres stattfindenden Mitgliederversammlungen vor. Dabei spielen auch Überlegungen zu Satzungsänderungen und Satzungsneufassungen eine Rolle.
Diese Themen machen in der Beratungspraxis der kostenlosen Erstberatung des SCV „gefühlt“ ein Drittel bis die Hälfte der Beratungsanfragen aus. Dazu gehört natürlich auch die Beratung im Zusammenhang mit Vereinsneugründungen oder zumindest mit Überlegungen, statt einzelner Satzungsänderungen bei älteren Satzungen gleich an eine Satzungsneufassung zu denken. Ein guter Anlass, wieder einmal Hinweise und Empfehlungen zum Thema „Satzungsgestaltung“ zu geben.
Bei den Vereinen des SCV muss bei der Satzungsberatung nicht bei „Adam und Eva“ begonnen werden: Es ist allgemein bekannt, dass die Satzung das wichtigste Gesetz des Vereins ist, wichtiger als das BGB oder die Abgabenordnung (AO).
Wie zu zeigen sein wird, gibt es gesetzliche Vorschriften, die in die Satzung übernommen werden müssen und denen Satzungsregelungen nicht widersprechen dürfen. Aus § 25 BGB ergibt sich aber, dass die Vereinssatzung ein rechtliches „Muss“ ist, dem Verein aber auch die Freiheit gibt, seine Angelegenheiten weitgehend frei und autonom zu regeln; das Gesetz gilt – nur – dort, wo eine Satzungsregelung fehlt oder rechtswidrig ist. Dann gilt das BGB. Im Übrigen besagt § 40 BGB, dass selbst da, wo das Gesetz Regelungen für den Verein aufstellt, diese Regelungen durch Satzungsregelungen abgeändert oder aufgehoben werden können. Voraussetzung ist aber stets eine entsprechende Satzungsregelung, die von der Mitgliederversammlung beschlossen werden muss.
Was „kann“, „muss“ und „soll“ geregelt werden?
Nur einige Beispiele für das „Muss“, das „Soll“ und das „Kann“ von Regelungen in der Satzung.
„Muss“-Regelungen sind solche, die zwingend in der Satzung verankert sein müssen. Beispiel: § 24 BGB fordert, dass in der Satzung der Sitz des Vereins geregelt sein muss. Hintergrund ist, dass sich aus dem Vereinssitz die örtliche Zuständigkeit des Registergerichts ergibt.
Oder: Der Verein muss eine Satzung haben – auf jeden Fall dann, wenn der Verein eingetragen ist oder eingetragen werden soll.
Keine Satzungsregelung, aber dennoch ein „Muss“: Jedes Vorstandsmitglied kann jederzeit zurücktreten können, § 27 Abs. 3 Satz 1 BGB. Ausnahmen gibt es nur für den Rücktritt „zur Unzeit“, also dann, wenn durch den Rücktritt dem Verein ein Schaden entstehen würde.
§ 29 BGB regelt die Bestellung eines Notvorstands durch das zuständige Amtsgericht, wenn der Verein nicht mehr ordnungsgemäß vertreten ist, § 26 BGB. Diese gesetzliche Regelung kann ebenfalls nicht durch Satzungsregelung geändert oder aufgehoben werden.
§ 26 BGB bestimmt, dass der Verein ein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied haben muss. Er kann auch mehrere Vorstandsmitglieder haben, was die Regel in der Vereinslandschaft ist. Von denen muss aber zumindest ein Vorstandsmitglied außenvertretungsberechtigt sein.
Vorstandsmitglieder können nicht nur jederzeit ihr Amt niederlegen; sie können auch jederzeit von der Mitgliederversammlung abberufen werden (§ 27 Abs. 2 BGB). Die Satzung kann allenfalls regeln, dass dafür ein wichtiger Grund gegeben sein muss.
Ebenso wenig kann die Satzung dem Vereinsmitglied den Austritt aus dem Verein verwehren (§ 39 BGB). Die Austrittsfrist, die die Satzung regeln kann, darf zwei Jahre nicht überschreiten.
Es gibt noch weitere „Muss“-Bestimmungen im BGB, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Solche „Muss“-Vorschriften sind teilweise auch mit „Kann“-Vorschriften kombiniert, etwa § 36 BGB: Die Satzung kann die Einberufung der Mitgliederversammlung nicht ausschließen, aber frei regeln, wann wer eine Mitgliederversammlung einberufen kann.
Im Übrigen lässt das BGB (§ 40) dem Verein freie Hand bei der Gestaltung des Vereinslebens durch die Satzung. Beispiel: § 32 Abs. 1 BGB regelt die Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung und das Erfordernis einer Tagesordnung. Beschlussmehrheiten und die Einladung zur Mitgliederversammlung mit Tagesordnung können vom Verein in der Satzung frei gestaltet werden. Die in § 32 Abs. 2 BGB neu geregelte virtuelle Mitgliederversammlung kann durch Satzung abbedungen oder abgeändert werden.
Eine wichtige Regelung ist in § 37 Abs. 3 Satz 2 BGB enthalten: Danach dürfen die Vorstandsmitglieder für ihre Vorstandstätigkeit nicht vergütet werden. Allerdings kann – § 40 BGB – in der Satzung geregelt werden, dass dem Vorstand für seine Vorstandstätigkeit eine angemessene Vergütung bezahlt werden kann. Diese Regelung muss allerdings in der Satzung enthalten sein, ansonsten gefährdet der Verein die ihm verliehene Gemeinnützigkeit, wenn er trotzdem Vorstandsmitgliedern für ihre Vorstandstätigkeit Zahlungen leistet.
Oder: § 38 BGB regelt, dass die Mitgliedschaft nicht übertragbar/vererblich ist und die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte einem anderen nicht überlassen werden darf. Über § 40 BGB kann allerdings von dieser Regel abgewichen werden und Stimmrechtsübertragung und Mitgliedschaftsübertragung können in der Satzung frei geregelt werden.
Wesentliche Grundsätze begrenzen die Satzungsautonomie und müssen von jeder Satzung beachtet werden:
Das „Königsrecht“ des Mitglieds eines Vereins, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen und das dort auszuübende Rede- und Antragsrecht kann keinem Mitglied entzogen werden. Allerdings können bestimmten Personengruppen durch die Satzung das Rede- und Antragsrecht entzogen werden (Beispiel: Minderjährige, Fördermitglieder etc.); das Teilnahmerecht kann keinem Mitglied entzogen werden.
Dem Vorstand kann die durch § 26 BGB verliehene Außenvertretungsbefugnis nicht entzogen werden. Die Satzung kann auf die Regelung der Mitgliederversammlung und die Regelungen zum Vorstand nicht verzichten; die Mitgliederversammlung muss einberufen werden können.
Die Satzungskompetenz der Mitgliederversammlung kann dieser nicht entzogen werden; die Satzung kann auch nicht regeln, dass die Satzung nicht geändert werden kann.
Satzungsänderungen bedürfen nach § 33 BGB einer Dreiviertelmehrheit in der Mitgliederversammlung. Das kann durch die Satzung geändert werden. Soll eine Änderung des Vereinszwecks abweichend von der Einstimmigkeitsregelung (§ 33 BGB) geregelt werden, so ist dies grundsätzlich möglich, muss aber ausdrücklich in der Satzung geregelt sein. § 33 BGB schützt die Mitglieder davor, dass durch kleine Mehrheiten in der Satzung die Eigenart und der Charakter des Vereins verändert werden. Deshalb wird häufig auch in der Satzung eine Regelung zu finden sein, wonach mindestens ein bestimmtes Quorum (ein bestimmter Prozentsatz aller Mitglieder) bei einer Satzungs- oder Zweckänderung in der Mitgliederversammlung anwesend sein muss.
Auch diese Regelung ist abdingbar, doch wird häufig und zutreffend die Auffassung vertreten, dass bei derart wichtigen Änderungen die Schwelle für Entscheidungen möglichst hoch gelegt werden soll.
Andererseits soll eine hohe Mehrheitsanforderung auch bei wichtigen Entscheidungen eine solche nicht blockieren können. Deshalb wird bei modernen Satzungen die Regel eingeführt, dass dann, wenn ein Quorum bei der Mitgliederversammlung nicht erreicht wird – diese also nicht beschlussfähig ist – im Anschluss daran in einer neuen Mitgliederversammlung eine Entscheidung ohne Rücksicht auf das Quorum getroffen werden kann. Da dies einen wichtigen Regelungsgrundsatz (§ 33 BGB) abändert, muss hierauf in der Einladung hingewiesen werden.
Schlussbemerkung
Dieser Beitrag ist weder vollständig noch abschließend und kann es auch nicht sein. Die mitgeteilten Beispiele zeigen aber eines: Dem Verein ist ein großer Entscheidungs- und Regelungsspielraum gegeben, der durch das Bürgerliche Gesetzbuch und andere Vorschriften nur in Maßen eingeschränkt ist.
Jeder Verein oder jede Gründungsversammlung sollte sich dessen bewusst sein, das eigene Vereinsleben durch eine individuelle, den Besonderheiten des Vereins gerecht werdende Satzungsformulierung zu gestalten. Viele Fragen zur Satzungsgestaltung im Rahmen der kostenlosen Erstberatung des SCV zeigen, dass es doch immer wieder Unsicherheiten und Missverständnisse hierzu gibt, die im Rahmen der Erstberatung behandelt und ausgeräumt werden können. Machen Sie gerne auch weiterhin von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Zum Verfasser:
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
Telefon: 07453 1677
Telefax: 07453 9554596
Email: kanzlei@rechtsanwalt-heieck.de
Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.
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