Mehr als drei Jahrzehnte für den Chorverband | Monika Brocks
Ohne die Wegbegleitung von Frau Brocks ist mein Weg im Schwäbischen Chorverband nicht zu denken. Sie war da, als ich im Jahr 2000 das Amt des Präsidenten nach dem unvergessenen Prof. Theo Balle übernahm. Sie blieb, als ich 2010 das Amt in andere Hände übergab. Und jetzt geht auch sie. Auf so einem Weg wächst man zusammen. Man kennt die Stärken und Schwächen des anderen. Man teilt die Sorgen, aber man freut sich über das, was gemeinsam gelungen ist. Da wird das Amt des Präsidenten, bei aller Arbeit, zum Vergnügen. Der SCV ist für mich untrennbar mit dem Namen von Frau Brocks verbunden. Freilich, alles was gelungen ist, ist das Gemeinschaftswerk vieler auf allen Ebenen. Aber, da braucht es eben in einem ehrenamtlich verfassten Verband wie den SCV einen hauptamtlichen Partner, der kompetent und verlässlich ist. Dass wir an der Spitze der zwar kleinen, aber schlagkräftigen Geschäftsstelle eine Persönlichkeit von der Struktur von Frau Brocks hatten, das war ein Glücksfall für uns, vor allem für mich als Präsident. Und dafür bin ich von Herzen dankbar. An Frau Brocks habe ich die besonderen Eigenschaften schätzen gelernt, die Menschen von der Ostalb oft haben: gerade heraus, eigene Meinung, zupackend, Leidenschaft für die Sache. Wir waren nicht immer gleicher Meinung. Aber wir wollten immer gemeinsam das Beste für die Chorfamilie. Da hat sogar das Streiten Spaß gemacht. Und so habe ich Frau Brocks erlebt als unermüdlicher Motor im Alltagsgeschäft, als Anlaufstelle für alle Sorgen und Nöte unserer Chöre, als Netzwerkerin, die ein großartige Kenntnis von Personen und Strukturen hatte, angefangen von den Vereinen bis hinauf zum Bundesverband. Eine mutige Frau, die auch, wenn es sein musste, dem Konflikt nicht aus dem Wege ging. Sie hat den bundesweit guten Ruf des SCV in all den Jahren mitgeprägt. Sie hat es getan mit leidenschaftlichem Einsatz, mit Herz und Verstand. Eine solche Bilanz darf Frau Brocks stolz machen. Ich möchte ihr von Herzen dafür danken.
Wie oft saßen wir bis tief in der Nacht in der bescheidenen Geschäftsstelle in der Stuttgarter Wagenburgstr.115 beieinander bei Sitzungen der Gremien. Wie oft fuhren wir gemeinsam übers Land zu Veranstaltungen und Gesprächen. Immer war spürbar, wie sehr sich Frau Brocks als Dienstleisterin für unsere Chöre und den Chorverband verstand. Es waren Jahre der Veränderungen. Aus der Schwäbischen Sängerzeitung wurde 2007 die Zeitschrift Singen. Die Chorlandschaft veränderte sich. Neben der schwindenden Zahl der Männerchöre wuchsen Gemischte Chöre und Junge Chöre heran. Aus dem Schwäbischen Sängerbund wurde der Schwäbische Chorverband. Frau Brocks war überzeugt, auch der Chorverband lebt von der Veränderung. Das wird auch künftig gelten. Liebe Frau Brocks, ich danke Ihnen für die gute gemeinsame Zeit im SCV. Danke für Ihren Rat und Ihre Hilfe. Vieles habe ich von Ihnen gelernt. Vielleicht haben Sie auch manches von mir gelernt. Das ist ja das Schöne eines gemeinsamen Weges: jeder lernt vom anderen. Und es war ein schöner, gemeinsamer Weg. Ich wünsche Ihnen von Herzen eine gute Zukunft in Frieden und Gesundheit. Und vergessen Sie den alt gewordenen Präsidenten nicht, der immer noch von den besten Schwarzwürsten des Landes aus Hüttlingen träumt.
Dr. Lorenz Menz, Ehrenpräsident des SCV
Vom Papier zum digitalen Dienstleister | Gisela Scheuble-Stoll
Gisela Scheuble-Stoll war bereits beim Schwäbischen Sängerbund angestellt, als Monika Brocks 1986 ihre Stelle beim Verband antrat. Als Buchhalterin arbeitete sie bis zu ihrem Ruhestand 2010 eng mit der Geschäftsführerin zusammen. Viele Veranstaltungen und Projekte, vor allem aber eine ganze Bandbreite an Weiterentwicklungen im Büro und Verbandsmanagement haben sie zusammen erlebt. Initiatorin vieler Neuerungen: Monika Brocks. Gisela Scheuble-Stoll erinnert sich noch gut an die ersten Jahre in der Wagenburgstraße. Vorkriegsmöbel, wenig Technik, wenig Personal. Vieles bis fast alles wurde analog ausgeführt und dauerte seine Zeit. Seither hat sich viel getan: Zunächst wurde die Geschäftsstelle in Stuttgart immer wieder erweitert, zügig kamen die ersten beiden PCs, schnell folgten weitere und mit ihnen – für damalige Verhältnisse – innovative Technik und mehr Personal. Digitale Bestandsdatenerhebung, Online-Ehrungstool, eine moderne Medienlandschaft, zuletzt auch Corona-bedingt eine starke virtuelle Präsenz in Seminaren und Versammlungen. Der Schwäbische Chorverband gilt bis heute in der Amateurchorszene als Vorreiter, der sich nicht scheut neue Wege zu gehen.
Gestern, heute, morgen:
Eine kleine Dreizimmerwohnung in Stuttgart-Ost mit zwei bis drei Angestellten, Telefon, Schreibmaschine. Der Verband als Verwalter der Vereine. Heute kümmern sich im Musikzentrum Plochingen, einem modernen Gebäude ganz im Geiste der Amateurmusik, neun hauptamtliche Kräfte um die Projekte des Verbandes und vor allem die vielfältigen Anliegen der Vereine. Die Aufgaben und Herausforderungen sind gewachsen, die Dienst- und Serviceleistungen des Schwäbischen Chorverbandes ebenso. Ob digital, print oder persönlich – der Schwäbische Chorverband steht mit seiner Geschäftsstelle und seinen Gremien als verlässlicher Partner an der Seite seiner Vereine.
Redaktion
Invest in die Zukunft: Die Gründung der Chorjugend
Die Notwendigkeit der Gründung einer Jugendorganisation wird heute kein vernünftiger Mensch mehr in Frage stellen. Zum 25-jährigen Jubiläum wurde Wesentliches in der SINGEN 03.2015 sehr treffend dokumentiert. Der Start damals wird als „holperig“ beschrieben. Das verträgt noch etwas mehr Gewicht. Es wurden Steine, oft Felsbrocken aus dem Weg geräumt, es wurde mit einer Tatkraft gearbeitet, die sich aus bisherigen Beschreibungen nicht erahnen lässt. Viele Engagierte müsste man noch nennen, die all diese Entwicklungen gestemmt haben und letztlich auch ausgestrahlt haben in andere Verbände, bis zum Deutschen Chorverband und bis zum Entwickeln von Konzepten zur Vereinsführung. Für solche Aufgaben sind Kompetenzen nötig an allen Ecken und Enden, besonders auch in der operativen Umsetzung. Diese Leistungen bleiben oft im Schatten trotz eines grenzenlosen Engagements. Ein starker Motor war Monika Brocks. Ihre Ideen, ihre angebotenen klugen Schachzüge, der volle Fokus auf das Projekt „Chorjugend“, waren wichtige Bestandteile. Wir waren unbequem und hatten viel Widerstand zu überwinden, die Klugen und Verantwortungsvollen.
Gerhard Werz, 1989 erster Vorsitzender der Chorjugend im SCV
Heute kann die Chorjugend schon auf eine 35-jährige Geschichte zurückblicken. Auch wenn heute nicht mehr so viele Steine im Weg liegen, gibt es viel zu tun. Die Chorjugend ist vor allem der Ort, an dem neue Ideen entwickelt und ausprobiert werden. Neben der Fortführung von langjährig Bewährtem werden neue Formate entwickelt, neue Ausbildungen entwickelt und passgenau auf den Bedarf zugeschnitten. Es werden medial und in der Kommunikation sowie in Arbeitsweisen und –abläufen neue Wege beschritten, um am Puls der Zeit zu bleiben, aber auch um die Zielgruppe, die „Jugend“ zu erreichen, zu unterstützen, zu motivieren und einzubinden. Diese Arbeit erfordert zum einen Kreativität, Flexibilität und Mut zum Ausprobieren von den Verantwortlichen in der Chorjugend, aber auch Verständnis, Rückhalt und Unterstützung in der Geschäftsstelle und im gesamten Schwäbischen Chorverband. Egal ob direkt für die Chorjugend zuständig oder auch „nur“ indirekt in Person der Geschäftsführerin hat Monika Brocks stets sämtliche Vorhaben der Chorjugend unterstützt, sie hat die Chorjugend immer als einen wichtigen Motor im SCV gesehen. Und nicht zuletzt auch wegen dieser Unterstützung ist die Chorjugend heute so aufgestellt. Sie wirkt nicht nur in ihrem Bereich, der Chorjugend, sondern auch als wichtiger Ideengeber im gesamten Schwäbischen Chorverband, sowie bundesweit in der Deutschen Chorjugend, als Vorreiterin und Mitdenkerin an wichtigen Themen und Aufgaben.
Andreas Schulz, Musikdirektor der Chorjugend
Wohin mit unseren Chören?
VISION UND WANDEL
Man spricht gerne vom rasanten Wandel und schließt dabei viele Lebensbereiche ein: Politik, Wirtschaft, Soziales … und denkt zuletzt an die Kultur. Sie macht die Identität eines Volkes aus – sie zeigt sich in der Summe des gewachsenen Gedankenguts, dargestellt in eigener Sprachkultur, dem erworbenen Habitus der Menschen, den Entwicklungen der künstlerischen Fähigkeiten in allen Disziplinen und der Gestaltung des je eigenen Lebensraums im Äußeren wie im Sozialgefüge.
Unsere Chöre sind Teil all dessen. Wer sich in diesen Lebenskreis einbindet, sieht sich vielfältigem Geschehen und historischem Wandel gegenüber. Allein Zahlen zu listen und zu bewerten und Programme aus den letzten 50 Jahren des Schwäbischen Chorverbandes zu studieren, offenbart diesen Wandel. Menschen stecken dahinter, die ihn aufhalten oder befeuern, ihn tolerieren oder negieren. Führen und verwalten, eine Geschäftsstelle für beides zu sein – das sind Aufgaben einer Vision und der Begegnung einem Wandel gegenüber. Was entstand? Kinderchöre, Jugendchöre, Frauenchöre, neue Ensembleformen, neue Inhalte, neue Geschäftsstellen, neue mediale Formen in Kursen, Organisationshilfen, Strukturen, eine Jugendorganisation. Was verschwand? Eine Vielzahl von Chören, nahezu eine ganze Chorgattung (Männerchor), die Heimat vieler Menschen in einem großen Chorgebilde. Die größte Umwälzung ist die der Inhalte: Sie bedeutet den Eingriff in kulturelle Traditionen und gewachsene Selbstverständlichkeiten. So ergeben sich zwangsläufig Ablehnung und Abgrenzungen, unter welchen sogar das soziokulturelle Umfeld leidet. Nur mit Bildung und Ausbildung kann Offenheit gefördert werden.
Und der Schwäbische Chorverband mit seiner Jahrzehnte lang offenen Geschäftsführerin stellte sich all diesen Aufgaben, den zuletzt genannten zuvorderst. So erscheint trotz der äußeren nicht förderlichen Umstände aus dem unabdingbaren Wandel ein visionärer Blick. Danke – verehrte Monika Brocks – für diese führende Begleitung.
Alfons Scheirle, Ehrenbundeschormeister des SCV
35 Jahre Chormusik im Wandel und immer wieder neu am Puls der Zeit
Der Wandel in der Chorlandschaft lässt sich sehr gut an den Titeln der Standard-Chorbüchern ersehen.
Der Sammelband „ars musica“ ist seit 1965 das Standardwerk für vielfältige Chormusik. Von der Gregorianik über Klassische Vokalpolyphonie bis hin zu „neuer“ Chormusik von Strawinsky oder Arnold Schönberg ist hier alles vertreten. Aber selbst mein Computer zeigt mir wie alt der lateinische Buchtitel ist, indem er vehement versucht aus „musica“ zumindest Musical zu korrigieren.
„Chor aktuell“ mit einem deutschen Titel bereitet da keine Schwierigkeiten. In diesem Sammelband wurden auch rhythmische Lieder aufgenommen. Stellvertretend sei hier ein wunderschöner Satz „Michelle“ von den Beatles genannt. Wohin die Reise geht zeigt der nächste Sammelband: Pop 4 Voices. Das versteht mein Computer sofort! Die Synkope wird zum Selbstzweck.
Das totgesagte Volkslied wurde durch den SWR und den Carus-Verlag ausgehend mit „Wiegenlieder“ (initiiert durch Cornelius Hauptmann) wieder belebt und fand in dem Buch „Loreley“ seinen hervorragenden Sammelband. Nach und nach wurden alle gut verkauften Bände für Männer- und Frauenstimmen getrennt angeboten. Neu kamen Ausgaben für S A M, also für drei-stimmigen Chor mit nur einer Männerstimme. Die Männer waren (und sind?) Mangelware. Mit dem Kinderliederbuch „Alle Lieder sind schon da“ und den „100 Chorsätzen für Ältergewordene – Weitersingen!“ wurde das Spektrum nach oben und unten erweitert. An diesen unvollständigen Schlaglichtern ist erkennbar was in den 35 Jahren Dienstzeit von Frau Brocks allein in der Chorliteratur gewachsen ist. Jede dieser Pflänzchen bedurfte der Hege und Pflege. Heute stehen wir im Spektrum
der Chorliteratur breit aufgestellt da. Die Förderung der großen zyklischen Chorwerke ist uns ebenso Anliegen wie das Engagement in den Kindergärten mit „Carusos“ und in der Geriagogik. Frau Brocks hinterlässt einen großen bunten Garten, der wohlgepflegt ist.
Marcel Dreiling, Musikdirektor des SCV