Zunächst: Ich bin wiederholt gefragt worden, ob das Liquidationsvermögen (also das, was nach der „Versilberung“ des Vereinsvermögens und Begleichung aller Verbindlichkeiten übrigbleibt) nicht einfach an die Vereinsmitglieder zu gleichen Teilen ausbezahlt werden kann.
Das ist grundsätzlich möglich, aber: Das geht nur bei sogenannten „selbstnützigen Vereinen“. Bei Vereinen also, die nur dem Interesse ihrer Mitglieder dienen, was nur im Fall der wirtschaftlichen Vereine (§ 22 BGB) der Fall sein kann. Diese Möglichkeit scheidet also bei allen Vereinen, die Mitglied des Schwäbischen Chorverbandes sind, aus, da sie nicht wirtschaftliche Vereine im Sinne von § 21 BGB sind.
Nach §§ 45 Abs. 3, 46 BGB kann also nur bei wirtschaftlichen Vereinen eine Verteilung des Vereinsvermögens an seine Mitglieder erfolgen. Sind solche nicht vorhanden, „erbt“ der Fiskus des Landes, in dem der Verein seinen Sitz hatte, bevor er aufgelöst wurde.
Manche Vereine haben gefragt, ob sie nicht das verbliebene Vereinsvermögen (oder das nach der Liquidation verbleibende) dazu verwenden können, für die Mitglieder des Vereins eine schöne, große Abschiedsfestivität zu veranstalten und die dabei entstehenden Kosten durch das Liquidationsvermögen zu begleichen.
Das geht ebenso wenig. Denn: Das Vermögen des Vereins ist durch die Verwendung im Rahmen des Vereinszwecks, im Übrigen der Gemeinnützigkeit gebunden und darf nur in diesem Zusammenhang verwendet werden. Eine Abschiedsveranstaltung ist zwar möglich; jedoch darf nur ein Betrag von maximal 60,00 Euro für die Mitglieder des Vereins im Rahmen der Vereinsveranstaltung jeweils ausgegeben werden. Und nur für die Mitglieder; Familienangehörige, insbesondere Ehefrauen, dürfen dabei nicht bedacht werden.
Gemeinnützige Konzertreise möglich
Führen Sie allerdings eine Konzertreise zum Abschied des Vereins durch, die den Anforderungen an die Gemeinnützigkeit genügt, können Sie auch mehr, sogar das verbleibende Gesamtvermögen dafür verwenden. Das Finanzamt ist allerdings sehr aufmerksam, was die Qualifikation einer solchen Veranstaltung angeht; zwei oder drei „Alibi-Konzerte“ im Rahmen einer zehntägigen geselligen Reise reichen selbstverständlich nicht aus, die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit dieser Veranstaltung zu erfüllen. Es empfiehlt sich in einem solchen Fall, vorher eine Abstimmung mit dem Finanzamt herbeizuführen.
Soweit die Möglichkeiten – oder Unmög-
lichkeiten – der „mitgliederinternen“ Verwendung des Liquidationsvermögens. Der Regelfall ist allerdings die Weitergabe des Liquidationsvermögens an eine gemeinnützige Körperschaft, also einen gemeinnützigen Verein, eine Stiftung, eine Gemeinde, eine Genossenschaft o. ä. Nur sie können Empfänger des Vereinsvermögens nach Auflösung sein, wie sich aus den §§ 45 ff. BGB ergibt. Die Satzung muss dies nicht vorschreiben, kann dies aber, § 45 Abs. 2 BGB. Dabei muss der Beschluss, wer das Vereinsvermögen erhält, nicht von der Mitgliederversammlung getroffen werden; die Satzung kann auch ein anderes Organ, etwa den Vorstand, damit beauftragen. In der Regel ist es aber die Mitgliederversammlung, vor allem auch dann, wenn die Satzung nichts regelt.
Das Vermögen eines gemeinnützigen, nicht eingetragenen oder eingetragenen Vereins wurde dem Verein zur Verwendung im Rahmen der Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke des Vereins zugewendet, sei es durch Spenden, durch Mitgliedsbeiträge, durch öffentliche Zuwendungen oder durch Erbschaften, Vermächtnisse etc. Der Geldgeber (auch bei Sachspenden) erwartet vom Verein, dass er das Geld im Rahmen seiner gemeinnützigen Zweckbindung und Aufgabenerfüllung verwendet.
An Gemeinnützigkeit des Vereins gebunden
Diese Bindung besteht während des gesamten Vereinslebens, also nicht nur im Zusammenhang mit der Auflösung des Vereins. Bei zweckwidriger Verwendung des Vereinsvermögens kann die Finanzverwaltung dem Verein die Gemeinnützigkeit entziehen. Das Registergericht kann den Verein von Amts wegen löschen, wenn der Verein satzungswidrig einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Und natürlich: Das Amtsgericht oder auch die Finanzverwaltung kann die Amtslöschung betreiben/die Gemeinnützigkeit entziehen, wenn im Zusammenhang mit der Auflösung des Vereins die Zweckbindung der Gemeinnützigkeit verletzt wird. Dann kann die Löschung/Entziehung der Gemeinnützigkeit auch mit Rückwirkung erfolgen; in diesem Falle entstehen auch rückwirkend (bis zu zehn Jahren) die Steuerpflichten, die durch die Anerkennung als gemeinnützig nicht begründet worden sind. Das Vereinsvermögen kann dann auch durch die Bedienung von Steuerschulden verwendet und sistiert werden, die durch die nicht gemeinnützige Verwendung des Liquidationsvermögens entstehen.
Das Problem wird in der Praxis allerdings schon von Anfang an dadurch entschärft, dass das Registergericht und die Finanzverwaltung bei der Gründung eines Vereins die Satzung prüfen und für den Fall, dass gemeinnützigkeitsrechtliche Mängel oder unzulässige Regelungen enthalten sind, die Eintragung ins Vereinsregister bzw. die Anerkennung als gemeinnützig versagen kann. Durch diese Vorprüfung vor Eintragung und Anerkennung stellen – im Regelfall – die Finanzverwaltung und das Amtsgericht sicher, dass die Satzung den Anforderungen entspricht, die aus den genannten Gründen an sie gestellt werden. Nun gibt es auch schon sehr betagte Satzungen – und auch solche, bei deren Prüfung seitens des Amtsgerichts oder der Finanzverwaltung etwas übersehen wurde oder Fehler gemacht worden sind. Dann müssen diese Fehler beseitigt werden, bevor eine ordnungsgemäße Abwicklung durch Liquidation möglich ist. Diese Fälle sind allerdings sehr selten.
Anfallberechtigung kann geändert werden
Sehr häufig ist in den Satzungen unserer Vereine geregelt, dass bei der Auflösung des Vereins das Liquidationsvermögen an die „Heimatgemeinde“ gegeben wird, oft schon deshalb, weil die Gemeinde den Verein während der Dauer seines Vereinslebens unterstützt hat, etwa durch die Zurverfügungstellung eines Probenlokals, durch regelmäßige Zuwendungen oder in anderer Weise.
Allerdings kann die Anfallberechtigung auch vor Auflösung des Vereins in einer Mitgliederversammlung noch geändert werden, was hin und wieder vorkommt, etwa, weil man das Vereinsvermögen auf einen neuen, gemeinnützigen Verein übertragen will, etwa im Rahmen einer Fusion oder einer Kooperationsvereinbarung. Allerdings muss in solchen Fällen, wenn die Gemeinde als Anfallberechtigte ausdrücklich in der Satzung genannt ist, die Satzung geändert werden dadurch, dass das Liquidationsvermögen nicht der Gemeinde, sondern einem anderen Verein oder einer anderen gemeinnützigen Körperschaft zugewendet werden soll. Einer Zustimmung der Gemeinde bedarf es nicht.
Enthält die Satzung nur die Klausel, dass im Falle der Auflösung des Vereins das Liquidationsvermögen an eine gemeinnützige Einrichtung gehen soll, deren Identität erst bei der auflösenden Mitgliederversammlung festgestellt werden soll, ist in diesem Fall eine Satzungsänderung selbstverständlich nicht erforderlich.
So viel für heute. In einer der nächsten Ausgaben der Kolumne „kurz und bündig“ wird etwas über das Liquidationsverfahren berichtet werden.
Dann aber geht der Blick wieder nach vorn: Mit dem beginnenden Jahr wollen wir den Blick auf die Zukunft richten: Auf das Gründen neuer Vereine, auf die Optimierung bestehender Vereine und Anpassung an neue, sich ändernde Anforderungen. Dazu gehört das Thema „Datenschutz“, die Themen „Moderne Satzungsgestaltung“ und „Zukunftsgerichtete Vorstandsarbeit“. Diese Themen sollen die Vereine im ersten Halbjahr 2025 begleiten.
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.