Den Begriff der „ruhenden Mitgliedschaft“ sieht das Gesetz nicht vor. Im Gegenteil: Die Erfüllung des Vereinszwecks, die zeitnahe Mittelverwendung und ein aktives Vereinsleben mit Vorstandssitzungen und Mitgliederversammlungen machen den vom BGB und der Abgabenordnung gemeinten gemeinnützigen Verein aus. Deshalb kommt ihm das Privileg zu, von der Körperschaftssteuer und anderen Steuerarten verschont zu bleiben.
Warum gibt es „ruhende Mitgliedschaften“?
In der Vereinspraxis der Gegenwart ist der Antrag eines Vereins beim Schwäbischen Chorverband auf ruhende Mitgliedschaft Folge eines Mitglieder- und – vor allem – Sängerschwundes, nicht selten auch der Not, Vorstandsämter nicht besetzen oder einen Chorleiter nicht (mehr) bezahlen zu können. Dann liegt es nahe, eine Bestandsaufnahme zu machen und Faden zu schlagen für die künftige Ausrichtung des Vereins.
Das kann nur durch Beschlüsse im Vorstand und – letztlich – der Mitgliederversammlung geschehen. In aller Regel findet sich in der Satzung keine Regelung zum Ruhen der Vereinstätigkeit. Vielmehr sind die Erfüllung des Satzungszwecks, die Durchführung von Mitgliederversammlungen und der Wahl der Vorstandsmitglieder, die Beitragspflicht und andere grundlegende Inhalte jeder Vereinssatzung, ohne die auch nicht die Zustimmung des Registergerichts und die Anerkennung als gemeinnützig durch die Finanzverwaltung erwartet werden kann.
Das ist zu beachten:
Wichtig ist hier, dass alle Entscheidungen möglichst von der Mitgliederversammlung beschlossen werden. Das gilt insbesondere für Entscheidungen über die Beitragspflicht. Wird der Mitgliedsbeitrag nicht eingezogen, ohne dass die Mitgliederversammlung dies beschlossen hätte, kann sich der Vorstand ggf. gegenüber dem Verein schadenersatzpflichtig machen, da diesem durch die Nichterhebung des Mitgliedsbeitrages ein Schaden entsteht. Die Einstellung des Gesangsbetriebes, die Kündigung des Chorleiters und Einstellung der Singstunden hat in der Regel zur Folge, dass der Chor des Vereins nicht mehr singt und deshalb der zentrale Satzungszweck (Pflege von Kunst und Kultur, insbesondere des Chorgesangs) nicht mehr erfüllt werden kann.
Dann ist der Entzug der Gemeinnützigkeit nicht mehr weit. Hat der Vorstand im Übrigen keine vertretungsberechtigten Mitglieder (§ 26 BGB; einer genügt!) mehr, wird die Mitgliederversammlung nicht mehr einberufen (obwohl die Satzung dieses vorsieht) und kommt der Verein seinen sonstigen Verpflichtungen Dritten gegenüber nicht mehr nach, beispielsweise den Meldungen der Mitgliederzahl an den Verband, die Erfüllung von Steuerpflichten etc., ist auch schnell damit zu rechnen, dass das Registergericht entweder einen Notvorstand (§ 29 BGB) bestellt oder aber an die Löschung des Vereins im Vereinsregister denkt.
Dies ist nach den gesetzlichen Bestimmungen erst möglich, wenn die Zahl der Vereinsmitglieder auf drei gesunken ist; dann ist es „aus“ mit der Rechtsfähigkeit, auch dann, wenn wieder die erforderliche Zahl an Vereinsmitgliedern vorhanden ist. Dann lebt der Verein als nicht rechtsfähiger Verein (§ 54 BGB) weiter.
Hat der Verein keine Mitglieder mehr, wird er nicht aufgelöst, sondern erlischt „von selbst“. Aber auch dann, wenn die Vereinsmitglieder zwar nicht offiziell ausgetreten sind, das Vereinsleben jedoch darniederliegt und über Jahre hinweg der Satzungszweck nicht mehr erfüllt wird, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die automatische Auflösung die Folge sein.
Kann jeder Verein eine ruhende Mitgliedschaft beantragen?
Der Schwäbische Chorverband nimmt immer wieder Anträge entgegen, die ruhende Mitgliedschaft eines Vereins festzustellen. Diesen Anträgen wird längst nicht immer entsprochen. Denn: Nicht selten liegen die Voraussetzungen für das Ruhen des Vereins gar nicht vor; der Verein führt nach wie vor ein – wenn auch bescheidenes – Vereinsleben, die Mitglieder des Chores singen im eigenen oder einem befreundeten Chor; es gibt einen gewählten Vorstand. Der Antrag eines solchen Vereins, ihn ruhend zu stellen (mit den Kosteneinsparungen, die für den antragstellenden Verein damit verbunden sind!) muss also vom Verband zurückgewiesen werden. Das Ruhen des Vereins darf nicht als Mittel zur Kosteneinsparung genutzt werden.
Ebenso wenig kann die Mitgliedschaft eines Vereins ruhend gestellt werden, bei dem die Voraussetzungen für die Auflösung von Amts wegen oder gar das Erlöschen bevorstehen.
Übrigens: Auch geeignete Bemühungen, den Verein wieder „ins Laufen zu bringen“, reichen für die Fortdauer der Annahme der Erfüllung des Satzungszwecks aus. Ein Verein muss sich nicht gleich auflösen, wenn er – vorübergehend – mangels Chorleiter oder mangels ausreichender Sängerzahl nicht mehr singfähig ist. Aber: Die Bemühungen des Vorstandes müssen den ernsthaften Versuch erkennen lassen, das Vereinsleben wieder zu aktivieren.
Hilfe durch den Schwäbischen Chorverband
Der Schwäbische Chorverband ist selbstverständlich und sehr intensiv bemüht und daran interessiert, seine Vereine aktiv und lebendig zu sehen. Das gilt vor allem – aber längst nicht nur – für die schwierige Zeit der Corona-Pandemie, in der vor allem unsere älteren Mitglieder der Chorfamilie der wöchentlichen Chorstunde und des so wichtigen gesellschaftlichen Chorlebens beraubt sind und die deshalb Resignation überfällt, die nicht selten im Austritt endet.
Der Schwäbische Chorverband bietet seine engagierte Hilfe in Beratung und Unterstützung an, um dies zu vermeiden. Nicht selten ist eine Fusion mit einem oder mehreren anderen Vereinen eine sinnvolle Lösung. Dies natürlich alles erst, wenn der Verein – nicht zuletzt der Vorstand und der Chorleiter – alles gerade auch in Corona-Zeiten Mögliche getan haben, um das Vereinsleben und die Choraktivitäten in der Erwartung lebendig zu halten, dass die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen – gerade für Chöre und Vereine – demnächst ihr Ende haben wird. Das wünsche ich Ihnen und uns allen von Herzen!
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.