Das Verhältnis zwischen dem Verein und seinem Chorleiter
Seit Beginn meiner Beratungstätigkeit für die Vereine und Chöre des Schwäbischen Chorverbandes spielt deren Verhältnis zu ihren Chorleitern eine nicht unerhebliche Rolle. Ich habe mich deshalb auch in der Rubrik „kurz und bündig“ immer wieder einmal zu diversen Fragen geäußert. Im Jahr 2016 will der Schwäbische Chorverband insgesamt das Verhältnis zwischen Chor und Chorleiter stärker in den Blick nehmen. Damit will er dazu beizutragen, dass die immer wieder auftauchenden Fragen Chorleitern wie Chören in dem Sinn bewusster werden, dass sie sich mit ihnen auseinandersetzen – und mitein-ander! -, bevor, was nicht allzu selten geschieht, das Kind eines Konfliktes „in den Brunnen gefallen“ ist.
Konflikte zwischen Chorleitern und Chören gibt es bedauerlicherweise eine ganze Reihe:
Die Frage beispielsweise, ob ein Chorleiter Angestellter oder freier Mitarbeiter eines Chores sein soll, ist eine ganz bedeutsame und muss schon bei der Vereinbarung des Chorleitervertrages bedacht und besprochen werden. Die Folgen für einen Verein, der im guten Glauben, einen freien Mitarbeiter als Chorleiter zu beschäftigen, in Wirklichkeit einen Scheinselbstständigen und damit einen quasi-Angestellten beschäftigt, können geradezu ruinös sein, da Nachzahlungspflichten für die Sozial- und die Rentenversicherung die Folge sein können.
Ein oft unterschätztes Thema: der Chorleitervertrag
Die Frage, ob ein Chorleitervertrag schriftlich abgeschlossen werden sollte, wird immer wieder thematisiert. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Chorleiter sich fortbilden soll, ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen. Schließlich: Was ist im Zusammenhang mit der Beendigung eines Chorleitervertrages zu beachten, vor allem dann, wenn Chorleiter und Chor nicht friedlich auseinander gehen, sondern das Vertragsverhältnis durch (was für eine?) Kündigung beendet wird. Da ist die Frage der Kündigungsfrist und der Freistellung vor der Beendigung des Vertragsverhältnisses noch eine einfache Thematik.
Ich werde mich im Laufe dieses Jahres immer wieder einmal zu Fragen des Chorleitervertrages an dieser Stelle äußern. Dabei wird auch eine Rolle spielen, welches Verhältnis der Chorleiter formal zu seinem Chor oder Verein haben soll. Soll, muss, darf nicht, oder wie auch immer, der Chorleiter Mitglied des Vorstandes sein? Diese und andere Fragen sind häufig Gegenstand von Beratungsanfragen, die an mich im Rahmen der Erstberatung gerichtet werden.
Wie verhält es sich mit dem Urheberrecht des Chorleiters an Stücken, die er für den Chor verfasst hat?
Heute soll uns ein urheberrechtliches Thema beschäftigen, welches erst jüngst und mehrfach an mich herangetragen worden ist: Was passiert, wenn der Chorleiter oder der Verein, gekündigt hat und ein Konzert oder eine sonstige musikalische Veranstaltung bevorsteht, die ganz oder teilweise mit Werken (Kompositionen oder Arrangements) des Chorleiters gestaltet werden soll.
Viele Chorleiter schneiden Musikstücke speziell auf ihren Chor zu, indem sie für ihren Chor komponieren, Fremdkompositionen arrangieren oder anderweitig bearbeiten. Das kann schlicht mit der Tonhöhe, aber auch mit der dem Chor möglichen Besetzung zusammenhängen, ebenso aber auch mit besonderen Wünschen, wie der Umgestaltung und Bearbeitung von Texten und Melodien, um sie speziell für den Chor und seine Vereinsumgebung zu orientieren.
Schon die Umarbeitung des Textes eines Musikstückes ist eine Bearbeitung, auch dann, wenn sie nur beabsichtigt, anstelle der vorhandenen Namen und Handlungen aktuelle, den Chor oder Verein betreffende Änderungen vorzunehmen. Dann liegt eine Bearbeitung im Sinne von § 3 des Urheberrechtsgesetzes vor. Deshalb muss sich unter Umständen auch schon der Chorleiter vergewissern, dass er bei seiner Bearbeitung nicht die Urheberrechte des ursprünglichen Komponisten oder Textdichters verletzt.
Außerdem wird der Chorleiter durch Komposition oder Bearbeitung selbst Urheberrechtsinhaber.
Er wird dafür sorgen, eine entsprechende Zustimmung des Rechteinhabers herbeizuführen. Er wird daneben auch vor der Aufführung eine Anmeldung an die GEMA im Rahmen des abgeschlossenen Gesamtvertrages vornehmen.
Nun kommt es manchmal, wie es eigentlich nicht kommen müsste: Vor der Veranstaltung geraten Chorleiter und Chor in Streit. Der Chorleiter „wirft hin“ und kündigt, oder aber der Verein. Die Frage, was mit den Rechten geschieht, die der Chorleiter an der Bearbeitung oder Neukomposition urheberrechtlich erworben hat, ist im Chorleitervertrag natürlich nicht geregelt. Der Chorleiter kann deshalb seinem Verein untersagen, beim bevor-stehenden Konzert seine Komposition oder Bearbeitung zur Aufführung zu bringen. Das kann im Einzelfall ein bereits weitgehend vorbereitetes Konzert nachhaltig gefährden; bekanntlich sind insbesondere dann, wenn kein schriftlicher Chorleitervertrag geschlossen ist, die Kündigungsfristen (für beide Seiten!) sehr kurz, § 621 BGB. Das Dienstverhältnis kann in diesem Fall zum 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats gekündigt werden. Das sind zwei Wochen! Dieses Problems kann sich der Chor nur dadurch entledigen, dass er bei der Abfassung des Chorleitervertrages daran denkt und mit dem Chorleiter eine Regelung vereinbart, wonach der Chor die vom Chorleiter während seiner Tätigkeit für den Chor angefertigten Kompositionen und Bearbeitungen dem Chor, gegebenenfalls zeitlich beschränkt, zur Nutzung übertragen erhält.
Eine Formulierung im Chorleitervertrag könnte beispielsweise lauten:
„Der Chorleiter überträgt dem Verein (Chor) unentgeltlich für die Dauer von (… etwa 2) Jahren über die Dauer der Vertragsbeziehung hinaus sämtliche Nutzungsrechte an Kompositionen oder Bearbeitungen, die er während der Vertragsdauer für den Chor angefertigt hat.
Die Übertragung der Nutzungsrechte ist nicht ausschließlich. Der Chorleiter ist berechtigt, seine Kompositionen und Bearbeitungen auch selbst zu nutzen.“
Es wäre zu empfehlen, eine solche Formulierung in einen neuen Chorleitervertrag aufzunehmen; ob die Möglichkeit besteht, dass der Chorleiter im laufenden Vertrag zu einer solchen Vertragsergänzung bereit ist, muss im Einzelfall geklärt werden.
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Rechtsanwalt Christian Heieck
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