Ende 2015 ist Frau Hannelore Rauscher-Dahl nach zwei Jahrzehnten als Kustodin des Silcher-Museums in Ruhestand gegangen – für unser Heft Anlass zu einem kurzen Rückblick auf die bisherigen Betreuer und Betreuerinnen des Museums.
Als das Silcher-Museum 1912 erstmals seine Pforten öffnete, war die Frage, wer diese Einrichtung und ihre Besucher künftig vor Ort betreuen sollte, bereits gelöst. Der Schnaiter Dorfschultheiß Wendel, der Professor Emil Fladt bei der Einrichtung der Gedenkstätte tatkräftig unterstützt hatte, war auch bereit, die Schlüssel aus der Hand des damaligen Chorverbandspräsidenten Friedrich List entgegenzunehmen. Wendel hatte das Museumsprojekt von Anfang an gefördert und wohnte zudem mit seiner Familie Tür an Tür mit der Gedenkstätte.
1912-1922: Schultheiß Wendel und seine Frau
Die 1912 noch kleine, in drei Kammern untergebrachte Schausammlung hatte „täglich geöffnet, sommers bis abends 7 Uhr, winters bis Einbruch der Dunkelheit“. Da der Bürgermeister sich aber nicht selbst um die Besucher kümmern konnte, übernahm diese Aufgabe – gegen eine kleine jährliche Entschädigung vom Chorverband – seine Gattin. Frau Wendel pflegte die Räume, öffnete sie den Gästen und passte auf die Besucher auf.
Die Schlüssel für die Vitrinen mit den Silcher-Handschriften blieben allerdings in der Hand des Schultes selbst. Nur mit Genehmigung des Schwäbischen Sängerbundes und Professor Fladts, der weiterhin der Leiter der Sammlung blieb, durfte er die „Schatztruhen“ für Forscher wie z. B. den Silcher-Biographen August Bopp öffnen. Dieses Betreuungssystem funktionierte ein ganzes Jahrzehnt lang gut. Als die Wendels 1922 Schnait und damit auch das Museum verließen, konnte der Schwäbische Chorverband dem Ehepaar ohne Vorbehalt bestätigen, Silchers Geburtsstätte stets „in treuer Obhut gehalten“ zu haben.
1922 – 1937: Schultheiß Amann und Hauptlehrer Rauschnabel
1922 übernahm Wendels Nachfolger Georg Amann als neuer Ortsvorsteher in Schnait die Museumsschlüssel. Fladt, inzwischen mit dem Aufbau des Deutschen Sängermuseums in Nürnberg betraut, kam nur noch ganz selten ins Museum nach Schnait. So überließen er und Amann immer häufiger den Schnaiter Lehrern die Aufgabe, sich um das Museum zu kümmern, allen voran Hans Rauschnabel.
Rauschnabel, der auch Chorleiter des Schnaiter „Silcher-Vereins“ war, betrieb nach Fladts Tod 1930 beim Schwäbischen Chorverband seine offizielle Ernennung zum Museumsleiter. Der ehrgeizige Hauptlehrer und Silcherverehrer setzte 1935 einen weitgehenden Neubau des Hauses und eine Ausweitung der Sammlung mit einem heimatkundlichen Teil durch. Für die Besucherbetreuung hatte er allerdings bald keine Zeit mehr. 1937 ging er schließlich als Kreisleiter nach Tübingen.
1938 – 1994: Carl Lachenmann
1935 war dem Museum auch eine Wohnung hinzugefügt worden – eine wichtige Voraussetzung für eine ständige, unkomplizierte Betreuung des Hauses! In diese Wohnung zog 1938 der vom Chorverband als Kustos eingestellte Carl Lachenmann ein. Lachenmann, ursprünglich Maschinenschlosser und Rezitator, hatte in den folgenden anderthalb Jahrzehnten schwierige Situationen zu bewältigen. Er musste das
Ausstellungshaus durch die Jahre des Zweiten Weltkriegs und die anschließenden Notjahre manövrieren. Ohne den persönlichen Einsatz des Kustos würde es diese Institution, deren Zukunft zwischen 1945 und 1954 auf äußerst unsicheren Beinen stand, heute wohl gar nicht mehr geben!
In den Fünfzigerjahren übernahm Lachenmann zunehmend weitere Aufgaben. Er vergrößerte die Handschriftensammlung durch wertvolle Dokumente, fügte der Ausstellung eine Musikanlage hinzu, beantwortete schriftliche Anfragen und warb in der Öffentlichkeit für das Haus. Gleichzeitig kümmerte sich von 1954 bis 1989 Prof. Hermann-Josef Dahmen als Leiter eines „Silcherarchivs“ um die wissenschaftliche Forschung und um die Neuausgabe von Silcher-Werken.
Ende der Achtziger Jahre war nicht nur der Kustos, sondern auch das Museum in die Jahre gekommen. Das Gebäude musste saniert und die Ausstellung an die Erwartungen eines neuen Museumspublikums angepasst werden. So entschloss sich der Chorverband damals für eine gründliche Modernisierung des Hauses. Dabei trat an die Stelle der persönlichen Besucherführung durch den Kustos eine von Didaktik und Tonbildschau begleitete „selbstführende Ausstellung“.
Nach Lachenmanns Tod 1995 wurde das Haus dann bis 1995 von seiner Frau versorgt und nach deren Tod ein Jahr lang (in eingeschränkter Form) durch zwei Schnaiter Nachbarn.
1996 – 2015: Hannelore Rauscher-Dahl
Die Notlösung bei der Betreuung des Hauses seit Lachenmanns Tod konnte glücklicherweise nach der Sanierung der alten Museumswohnung 1996 wieder beendet werden. Jetzt zog Frau Rauscher-Dahl als neue Kustodin in Schnait ein. Sie ist vielen Besuchern nicht nur als eine liebenswürdige Gastgeberin aufgefallen, sie hat sich in den folgenden zwei Jahrzehnten auch intensiv um die Pflege und den Erhalt des Gebäudes gekümmert. Vor allem aber hat sie mit den vielen von ihr organisierten Veranstaltungen wie z. B. den „Musikminiaturen“, den „Tagen der offenen Tür“ und den Kinderprogrammen einen neuen Akzent in der Museumsarbeit gesetzt.