Neue Aufgaben, neue Herausforderungen im Ehrenamt und wie man ihnen mit Wissen begegnet
Derzeit erleben das Land und die Gesellschaft massive Umbrüche, die Konsequenzen in allen Lebensbereichen nach sich ziehen und zahlreiche Zukunftsfragen aufwerfen. Die Megatrends Globalisierung, demographische Veränderungen mit umgekehrter Alterspyramide und Migration, Digitalisierung und Mobilität zeigen auch Wirkungen in der gesamten Vereinslandschaft. Diese ist in Deutschland besonders vielfältig und traditionsreich. Doch wie kann man die im Leitbild des Schwäbischen Chorverbandes gesetzten Ziele weiter verfolgen oder unterstützen?
Auch die Arbeitswelt ist von dieser Dynamik betroffen. Berufsprofile wandeln sich schnell; Beschäftigte müssen die Fähigkeit und die Bereitschaft mitbringen, sich auf neue Themen einzustellen. Diese Notwendigkeit führt zu einem Boom bei Weiterbildungen wie auch die jüngsten Umfrageergebnisse vom Januar 2017 zum Thema zeigen, 88 % der Beschäftigten wollen sich im Verlauf des Jahres weiterbilden. Dieser Wunsch beschränkt sich jedoch nicht nur auf berufliche Kompetenzen, es zeichnet sich auch für ehrenamtlich Beschäftigte ein wachsender Bedarf an Fort- und Weiterbildung ab. Fest steht, dass sich mittel- und lang-fristig auch das Ehrenamt ständig weiter professionalisieren wird.
Die Amateurmusik, in der sich rund acht Millionen Menschen zivilgesellschaftlich engagieren, ist eine der tragenden Säulen des Musiklebens und der Musikbetriebe in Deutschland. Wie kann diese Basis auch für die Zukunft gesichert werden, wenn sich die Gesellschaft aus der ehrenamtlichen Verantwortung zurückzieht, die öffentliche Hand ihre Förderung reduziert und die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Ehrenamt verschlechtert?
Im September 2016 widersprach der Präsident des Landesmusikrates Baden-Württemberg im Editorial dieser Zeitschrift der Behauptung, dass die Ehrenamtsgesellschaft vor dem Aus stünde. Den aufgezählten Argumenten ist zuzustimmen, doch ist zu ergänzen, dass die Verantwortlichen in den verschiedenen Vereinspositionen andere Kompetenzen benötigen werden als in der Vergangenheit. Das Ehrenamt wird sich weiter professionalisieren müssen. Letztlich ist hier eine Parallele zwischen Arbeitswelt und Ehrenamt zu erkennen: die Notwendigkeit von lebenslangem Lernen und die kontinuierliche Erweiterung und Anpassung der Kompetenzen.
Die Musikvereine und Chöre wollen ihre Existenz sichern und müssen daher Antworten auf die folgenden akuten Fragen finden: Wie können wir Mitglieder, Förderer und Publikum auf unsere Leistungen und Angebote aufmerksam machen und wie können wir sie langfristig binden? Wie können wir erreichen, dass sie Verantwortung übernehmen?
Jeder Verein befindet sich in gewisser Weise im Wettbewerb. Dieser beschränkt sich nicht nur auf den Kernbereich, etwa das Singen. Vielmehr muss er sich auch gegen andere Formen der Freizeitgestaltung wie etwa Sport, Wellness, Fernsehen, andere Kulturangebote, das Treffen von Freunden oder Familie durchsetzen.
Ein Verein muss sich aber auch mit sich selbst auseinandersetzen und das setzt voraus, die eigene Arbeit gut zu kennen und strategisch auszurichten. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist es, ein Leitbild oder Mission Statement für den Verein zu entwickeln („The reason why we exist“) und daraus seine Ziele, Visionen, Strategien und Maßnahmen, abzuleiten.Dafür sind Planung, Führung und Steuerung notwendig. Ein zentraler Faktor ist auch die Information: Die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge aufbereitet zu bekommen, ist ein wichtiger Schritt zur Professionalisierung. Ebenso sollten die Verantwortlichen ihr Umfeld und ihre Umwelten, in denen sie agieren, genau kennen. Dazu bedarf es umfangreicher Analysen, auf denen dann jene Strategien fußen, die helfen die formulierten Ziele zu erreichen.
Letztlich sind es also drei zentrale Fragen, auf die in der ehrenamtlichen Vereinsarbeit Antworten gefunden werden müssen: Wie erreiche ich mein Publikum (Vereinsmitglieder und Konzertbesucher)? Wie kann ich mich langfristig finanzieren? und wie steuere ich zielorientiert und effizient?
Der Schwäbische Chorverband hat sich schon vor einigen Jahren um eine Partnerschaft für die notwendigen Fortbildungen im Themenfeld Kulturmanagement bemüht und kooperiert mit dem Kontaktstudium Kulturmanagement am Institut für Kulturmanagement Ludwigsburg.
Das Kontaktstudium Kulturmanagement richtet sich an Interessenten, die hauptberuflich, nebenberuflich oder ehrenamtlich im Kulturbereich tätig sind. Es ist praxisorientiert und soll den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand für die tägliche Arbeit fruchtbar machen. Die Seminare des Kontaktstudiums Kulturmanagement versetzen ihre Teilnehmer in die Lage, die oben genannten und weitere Fragen systematisch und passgenau für ihren Kulturbetrieb, ihren Verein und ihre Vorhaben zu beantworten.
Dr. Petra Schneidewind
Dr. Petra Schneidewind: Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim (1984 bis 1990); Tätigkeit als Controllerin im Bereich Softwareentwicklung sowie Unternehmensberatung in Karlsruhe (1991 bis1996); Magisteraufbaustudium Kulturmanagement in Ludwigsburg (1993 bis 1996). Vizepräsidentin des Bundes deutscher Zupfmusiker Landesverband Baden-Württemberg e. V.; Mitglied im Präsidium des Landesmusikverbandes