Der Chorverband Johannes Kepler wagte sich an die Inszenierung des Musicals Oklahoma! und baute auch die Kulissen selbst.
Es war anstrengend, es war kräftezehrend, nicht immer nur harmonisch, aber jede Erfahrung wert. Mit dem Musical „Oklahoma“ hatte sich der Chorverband Johannes Kepler (CVJK) in Zusammenarbeit mit seinen Vereinen ein ganz besonderes Projekt vorgenommen, geprägt von aufwendigen Kulissen, Kostümen und vielen Solostimmen.
Ein Projekt in diesen Dimensionen setzt nicht nur eine gute Vorbereitung voraus, sondern vor allem auch eine breite Akzeptanz und Unterstützung im gesamten Regionalchorverband. Im Falle des CVJK ergaben sich hier jedoch bereits die ersten Schwierigkeiten. Bereits 2014 hatte der Chorverband sehr erfolgreich die Oper „Orpheus und Eurydike“ inszeniert. Die Kooperationspartner von 2014, das Sinfonieorchester Leonberg und die Ballettschule Evi Rittet, konnten schnell wieder als Partner gewonnen werden. Schwieriger gestaltete sich allerdings die Findung des passenden Stückes. Das ursprünglich angedachte Opernprojekt des „Freischütz“ mit Sinfonieorchester musste auf Grund eines Mangels an Männerstimmen verworfen werden. Nach intensiven Beratungen, auch mit den Orchesterverantwortlichen, fiel die Wahl auf das Musical „Oklahoma“. „Mit dieser Entscheidung hatten wir zwar das Orchester verloren, aber Annette Glunk blieb bei ihrer Zusage als musikalische Leiterin mit dem angemeldeten Basischor auch für Musical, statt Oper zur Verfügung zu stehen“, erklärt Angelika Puritscher, Präsidentin des CVJK und Projektleiterin von „Oklahoma“.
Organisation und Umsetzung des Großprojektes mit Kooperationspartnern
Mit diesem Schritt war der Grundstein gelegt und alles weitere konnte in die Wege geleitet werden. Als erstes und mit einem Jahr Vorlauf, wurde die Stadthalle Leonberg für die zwei geplanten Musicalaufführungen gebucht. Für die musikalische Leitung hatte man bereits mit Annette Glunk eine kompetente und erfahrene Chorleiterin gefunden, die in ihren Aufgaben von Wiebke Huhs, der stellvertretenden Musikdirektorin im CVJK unterstützt wurde. Auch die Ball ettschule blieb bei ihrer Kooperationszusage und so fehlte beim Informationsabend am 10. Mai 2016 nur noch die Zusage eines Orchesters.
Solorollenbesetzung und die Einbindung eines Basischores
Ein Stück wie Oklahoma lebt vor allem auch von den ausgefeilten Solo-Partien. Hier muss auf eine gute Besetzung geachtet werden. „Die Ausschreibungen für die Rollen liefen zunächst intern bei den Chören, über unsere bereits nach dem Opernprojekt installierte Facebook-Seite „Musiktheater Leonberg“ und über www.theaterjob.de“, erklärt Puritscher das Vorgehen. Die Bewerber erhielten für das Vorsingen Textblätter und einen gesanglichen Solopart zur Vorbereitung. Diese durchdachte Vorgehensweise führte dazu, dass nahezu alle Rollen frühzeitig besetzt werden konnten. Einzig die Rolle des Curly wurde zunächst nur auf Probe besetzt. Der passende Kandidat wurde hier erst nach einer weiteren Neuausschreibung im Februar 2017 besetzt. „Natürlich gab es da auch Verärgerungen von Bewerbern, die nicht zum Charakter der Rolle oder zum Partner passten, aber solche Dinge lassen sich nicht vermeiden“, ergänzt die Präsidentin.
Nicht zu unterschätzen waren die Probenarbeiten für das Stück. Solisten und damit auch Regie und Regieassistenz hatten fast einen Monat lang nahezu täglich Probentage. „Unter der Solistengruppe und auch darüber hinaus, hat sich ein richtiger Freundschaftstrupp entwickelt“, freut sich Angelika Puritscher. Dies liege auch daran, dass die Unterbringung der auswärtigen Solisten (z. B. Berlin, Harz, Köln, Karlsruhe) weitestgehend privat bei Projektteilnehmern erfolgte. Die vielen gemeinsamen Stunden, Proben und Arbeiten haben also einen durchaus positiven Effekt auf die Gruppe gehabt. Man rückte näher zusammen und es zeigte sich schnell, dass der Spaß an der Gemeinschaft an erster Stelle stand und nicht der monetäre Anreiz. Das soll allerdings nicht bedeuten, dass bei Projekten dieser Größe alles allein im Ehrenamt geleistet werden kann. Insgesamt wurden 12 Chorsolisten in zwei speziellen Musicalworkshops und Einzeltrainings von Wiebke Huhs geschult oder bekamen Einzelstimmbildung, um eine möglichst hohe Qualität zu erreichen.
Die Sängerinnen und Sänger der SpVgg Warmbronn stellten als Basischor die Hälfte des erforderlichen Ensembles. Die übrigen 35 Teilnehmenden konnten aus 17 verschiedenen Verbandschören und einem Kirchenchor akquiriert werden. Besonders erfreulich war die Aufnahme von vier Projektchorsängern, die nur des Projektes wegen teilnahmen doch im Anschluss in den Chor der SpVgg Warmbronn eingetreten sind.
Organisatorische Knackpunkte
Bei einem Projekt, an dem so viele unterschiedliche Menschen und Institutionen mitarbeiten, kommt es natürlich auch zu Momenten, in dem Vorstellungen aufeinander treffen. Wer muss was bis wann erledigt haben, wer trägt die Verantwortung, wer hat wem etwas zu sagen. „Die Zusammenarbeit mit dem Basischor und der Einstellung der Vorstandschaft bei einer Projektvorgabe durch den RCV stellte sich etwas schwierig dar. Da differierte die Erwartungshaltung der beiden Zuständigkeiten und viele Gespräche waren nötig“, erklärt die Projektleiterin. Auch die Konstellation Basischor im Projektchor ist nicht immer einfach. Projektchorsängerinnen und Sänger bewerben sich gezielt auf ein Projekt, das ihre Neigungen und ihren Geschmack trifft. Diese Mitglieder stehen voll hinter dem Projekt, sind bereit einen Projektchorbeitrag zu bezahlen, identifizieren sich mit dem Projekt und sind auch sehr rege im Kartenverkauf.
Chorsänger, die quasi nur „qua Vereinszugehörigkeit“ zum Projekt berufen wurden, haben diese Einstellungen verständlicherweise nicht von Anfang an. Es muss im Laufe der Zeit zu einem gemeinsamen Projekt werden und letztlich muss es auch den Vereinssängerinnen und Sängern möglich sein, das Projekt zu verlassen, wenn sie es eben nicht zu ihrem eigenen machen können.
Nicht zu vernachlässigen sind die positiven Seiten, die die Teilnahme an einem überregionalen Projekt auch für einen Basischor haben kann. Zum einen können über solche Maßnahmen direkt neue Mitglieder aus dem Projektchor in den Verein eintreten – vorausgesetzt die neuen Sängerinnen und Sänger haben sich auch wohl gefühlt. Zum anderen erhöht die Teilnahme an einem Projekt wie „Oklahoma“ auch den Bekanntheitsgrad des einzelnen Vereins. Er kann zeigen, was er kann, Werbung für eigene Veranstaltungen machen und sowohl aus den gewonnenen Netzwerken, als auch durch gelungene Fotos des Projektes einen Vorteil ziehen.
Finanzierungsplan und Sponsorensuche
Die Inszenierung eines Musicals erfordert in finanzieller Hinsicht eine gute Vorarbeit. „ Ein Finanzierungsplan für solch ein circa 50.000 Euro-Projekt muss frühzeitig erstellt und eingereicht werden“, bestätigt auch Angelika Puritscher. Sie hat sich die Finanzierung durch die Mitgliederversammlung beschließen lassen und hat sich selbst intensiv um das Thema Fundraising gekümmert. Besonders dankbar ist der CVJK der Stadt Leonberg, die die Mietkosten der Stadthalle übernahm und so auch gezeigt hat wie wichtig ihr die kulturelle Beteiligung der Vereine in ihrem Veranstaltungskalender ist. Ebenso wurden Anträge an Stiftungen und auch den Schwäbischen Chorverband gestellt.
Marketing und Kartenverkauf
Fördermittel sind das eine, Eintrittsgelder durch eine gelungene Veranstaltung das andere. Werbeanzeigen im Programmheft der Stadthalle und eine Sonderseite in der Ludwigsburger Kreiszeitung waren nur zwei von vielen Einzelmaßnahmen, die Bekanntheit des Projektes und vor allem die Vorverkaufszahlen erhöhen sollten. Die Wirkung von Plakaten und Flyern ist ebenso nicht zu vernachlässigen. Facebook, Youtube und die Webpages der beteiligten Vereine wurden auch für die digitale Werbung genutzt. Und die Maßnahmen verfehlten ihre Wirkung nicht. Bei zwei Veranstaltungen war „Oklahoma“ zweimal nahezu ausgebucht und konnte damit mehr als 1.100 Zuschauer begeistern.
Isabelle Arnold