Was der Schwäbische Chorverband für die Aus- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erzieher leistet
In den Tageseinrichtungen für Frühpädagogik, die sich aus den klassischen Kindergärten weiterentwickelt haben, zeigen sich die Herausforderungen, die unsere Gesellschaft in den kommenden Jahren meistern muss, wie in einem Brennglas. Die Selbstverständlichkeit, nach der Geburt eines Kindes im Beruf bleiben zu können, mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder, führt dazu, dass die Kinder immer jünger sind, wenn sie in die Einrichtungen kommen.
Erzieherinnen und Erzieher sind überall gesuchte Fachkräfte, die sich ihre Stellen aussuchen können. In sehr vielen Einrichtungen sind Stellen unbesetzt, was die Arbeitsbelastung der anderen deutlich verschärft. Zusätzlich kommen immer mehr Kinder in die Einrichtungen, die sprachlich große Defizite haben. Die Mehrsprachigkeit muss dabei kein Problem sein, allerdings haben wir viele Einrichtungen mit einem hohem Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund, bei denen die Sprachdefizite ein zentrales Problem darstellen. Zumeist nicht nur in der deutschen Sprache, sondern auch in der Erst-, Zweit-, oder sogar Drittsprache. Wenn dann die omnipräsenten Medien die Aufgabe der Sprachförderung außerhalb der Betreuungszeit übernehmen sollen, werden die Probleme immer größer.
Durch Singen Sprache lernen
Über das Singen von Kinderliedern bieten wir diesen Kindern die Möglichkeit, exemplarisch Sprache zu erlernen. Das Singen ist für die Sprachförderung eine wichtige Möglichkeit, Kindern richtige Sätze in immer gleicher Betonung (Sprachmelodie) anzubieten, die ihnen ermöglichen, das Regelsystem unserer Sprache zu erlernen. Beim Singen mit den Kleinsten spielt der emotionale Aspekt unserer Kinderlieder gerade auch im Krippenbereich eine ganz zentrale Rolle. Je selbstverständlicher wir für die Kleinen singen, desto wohler fühlen sie sich. Dabei ist die Beziehungsebene für das Singen mit ihnen wichtiger, als das intonationssichere Singen. Das versuchen wir zwar mit unseren Seminaren zu erreichen, wichtiger ist aber, dass ich als Bezugsperson für die mir anvertrauten Kinder singe, und zwar direkt, ohne CD, auf der eine gut ausgebildeter Sängerin, das „Heile, heile Segen“ singt.
Dieses Beispiel zeigt, dass meine noch so kratzige Stimme für mein zu tröstendes Kind viel wertvoller ist. Wenn die Erzieherinnen und Erzieher ein positives Verhältnis zum eigenen lustvollen Singen haben, können sie es auch am besten den ihnen anvertrauten Kindern vermitteln.
Singen muss wieder Spaß machen
Damit das Singen auch den Erzieherinnen und Erziehern Spaß macht und mit neuen Liedern und Ideen zum kreativen Umgang mit Liedern und Instrumenten aus der Elementaren Musikpädagogik bereichert werden kann, dazu gibt es über den Schwäbischen Chorverband das Fortbildungsangebot „Die Carusos und meine Stimme – erfolgreiches Singen im Kindergarten“. „Die Carusos“ – das ist die Qualitätsmarke des Deutschen Chorverbandes für kindgerechtes und gutes Singen mit Kindern in Kindertagesstätten. Das zweitägige Fortbildungsangebot wird vom SCV für Erzieherinnen und Erzieher kostenfrei angeboten. Die Teilnehmenden werden an zwei Tagen im Abstand von ca. einem Monat fortgebildet. Die Fortbildungsorte werden vom SCV in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Regionalchorverbänden organisiert. Zwischen den beiden Terminen können die Teilnehmenden bereits Erfahrungen sammeln, wie das neu Erlernte bei den Kindern ankommt. Hier ein Bericht von einer Kindergartenleiterin aus Nagold, die im letzten Jahr dabei war:
Ein Einblick ins Seminar
„Mein Name ist Sabine Meyer und ich habe im letzten Jahr das Seminar: „Die Carusos“ & meine Stimme- erfolgreich singen im Kindergarten besucht. Da ich schon 56 Jahre alt bin und meine Stimmlage immer tiefer wird, war ich besonders auf den Teil der Stimmbildung gespannt. Frau Mangold hat mir dazu phantastische Tipps gegeben.
Mein Fehler war, dass ich immer vor dem Singen die Luft besonders kräftig einzog. Dass man die Luft einfach in den Körper fließen lassen soll, war für mich ein wertvoller Hinweis. Diesen setze ich jetzt beim Singen um und konnte ihn auch an meine Kolleginnen im Team weitergeben.
Zu Beginn machten wir stets Übungen zur Lockerung der Mundmuskulatur und der Stimmbänder. Diese Übungen sind nun Teil unseres Singens in der Kita geworden. Die Kinder haben sehr viel Spaß dabei. Die Sprachförderung durch Singen war ebenfalls ein Teil des Seminars. Wir lernten viele Methoden zum Erlernen neuer Lieder. Besonders hat mir persönlich die „Stille Post“ gefallen. Die Kinder gehen im Kreis, die Erzieherin oder der Erzieher singt die Melodie des zu erlernenden Liedes, und auf ein bestimmtes Zeichen bleiben sie stehen. Ein Teil des Liedes wird einem Kind ins Ohr geflüstert. Beim nächsten Stopp flüstert man den nächsten Teil und die Kinder flüstern ihren an das nächste Kind. So geht es immer weiter bis der Text allen bekannt ist. Beim Gehen wird die Melodie gesummt. Diese für mich neue Methode kommt bei den Kindern super an!
Ich kann nur jeder Erzieherin und jedem Erzieher empfehlen diese Fortbildung zu besuchen. In meinem Alter gibt es leider nur sehr wenige Seminare, die sich wirklich lohnen – dieses war so eines. Mein herzlicher Dank gilt den Referentinnen.“
Die Gewichtung des Singens in der Ausbildung von Frühpädagogen
Zum Glück erfährt das Singen in der Frühpädagogik seit ca. 20 Jahren eine Wiederbelebung. Die Zeiten, als mir gesagt wurde, wir hätten keine Zeit mit unseren Kindern zu singen, wir müssten Sprachförderung machen, sind hoffentlich überwunden. Gerade durch das Singen fördere ich alle im Bildungsplan aufgeführten Bereiche nicht nur selbstverständlich sondern vor allen Dingen auch lustvoll.
Das Singen für und mit den Kindern wird je nach dem Ausbildungsort sehr unterschiedlich gewichtet. Dass mit der Stimme, dem körpereigenen Instrument, sicher umgegangen werden kann, ist leider in diesem Sprech- und Stimmberuf nicht mehr selbstverständlich. Unsere Angebote für die Frühpädagogen werden auch deshalb so gut angenommen, da manche Erzieher zwar gerne singen, aber aufgrund der extrem hohen Stimmbelastung und fehlender Ausbildung im Umgang mit der eigenen Stimme auch Probleme mit dem Singen bekommen. Gerade in der Einzelstimmbildung können wir in kurzer Zeit hilfreiche Tipps geben.
Es sind sowohl sehr erfahrene Erzieherinnen und Erzieher, als auch junge, direkt von der Ausbildung kommende pädagogische Fachkräfte in unseren Seminaren. Dabei spüren wir immer wieder eine zum Teil große Unsicherheit im Umgang mit der eigenen Stimme, mit dem eigenen Singen, mit dem eigenen Stimmklang. Das zeigt sich beim Angebot an alle Teilnehmenden, 20 Minuten Einzelstimmbildung zu bekommen. Wir hören manchmal die sorgenvolle Frage, ob das jeder machen müsse. Die Versicherung, es sei lediglich ein freiwilliges Angebot, alle dürfen, aber keiner muss, wirkt da erleichternd. Wenn aber die Mutigen beglückt und begeistert aus der Einzelstimmbildung kommen und fragen, ob sie dieses Angebot auch beim zweiten Fortbildungstag erneut in Anspruch nehmen dürften, schwinden bei den Unsicheren die Zweifel. Das freut uns dann besonders, wenn wir nicht nur zum Singen motivieren können, sondern das eigene Singen wiederpositiv erlebt werden kann.
Immer öfter kommen Teilnehmer, die von Absolventen der Seminare vergangener Jahre angeworben wurden. Auch im digitalen Zeitalter sind die „positiven Stimmen“ von Kollegen oft entscheidender als Flyer und Ankündigungen. Wenn mindestens 20 Erzieherinnen und Erzieher zusammen kommen, können wir auch außerhalb der fest ausgeschriebenen Seminare für Einrichtungen oder Träger gebucht werden.
In diesem Sinne freuen wir uns auch weiterhin über eine gute Zusammenarbeit mit den Fachkräften.
Annette Mangold