Aspekte für die GEMA-Meldungen von Veranstaltungen im Jahr 2019 (Teil 2)
In der Februarausgbe der Zeitschrift SINGEN in kurz & bündig haben wir uns in einem ersten Teil dieses Themas mit dem Veranstalterbegriff beschäftigt. Um eine GEMA-Meldung sinnvoll abzugeben ist es aber auch wichtig zu wissen, was man warum melden muss:
Was ist GEMA-Pflichtig?
Damit sind wir beim zweiten Stichwort: Die Meldung der veranstalteten Stücke:
Wie jedermann weiß, gibt es GEMA-freie und GEMA-pflichtige Musik. Ein Kriterium dazu ist, ob der Komponist des gemeldeten Stückes schon länger als 70 Jahre tot und seine Komposition deshalb gemeinfrei ist. Oder der Komponist lässt seine Kompositionen nicht von der GEMA verwalten und ist kein GEMA-Mitglied. Dazu kann bekanntlich niemand gezwungen werden. Es gibt auch noch andere Fälle, die hier jedoch unerörtert bleiben sollen.
Vor allem macht es immer wieder Probleme, wenn GEMA-freie Musik gar nicht gemeldet wurde, von der GEMA aber festgestellt wird, dass über die in der Meldung bezeichneten Stücke hinaus weitere Stücke musiziert worden sind. Dann kommt es nicht selten vor, dass die GEMA diese – auch GEMA-freien – Stücke in die Tarifierung miteinbezieht, was der meldende Chor gar nicht merkt, wenn er im Rahmen eines Gesamtvertrages meldet. Er merkt es nur, wenn er eine Rechnung erhält – aus welchem Grund auch immer -, und in dieser Rechnung auch die GEMA-freien Stücke auftauchen.
Bis zum Gesamtvertrag 2018 zwischen GEMA und DCV bestand die Meldepflicht auch für GEMA-freie Werke; es gab dann einen gestaffelten Rabatt, je nachdem, wie viele gemeinfreie Stücke im Gesamtrepertoire enthalten waren.
Melden ist zwar kein Muss, aber ein sollte
Der Deutsche Chorverband (DCV) hat diese Abrechnungsmethode beanstandet und im Übrigen darauf hingewiesen, dass gemeinfreie Stücke nicht gemeldet werden müssen.
Das hat die GEMA grundsätzlich auch eingesehen. Deshalb taucht im neuen Gesamtvertrag die neue Formulierung auf, dass GEMA-freie Werke nicht gemeldet werden müssen.
Aber: Es steht dort weiter: Es werde empfohlen, auch die GEMA-freien Stücke zu melden. Tarifiert würden sie nicht.
Warum hat der DCV eine solche Formulierung akzeptiert? Aus gutem Grund. Es gibt sie nämlich – immer noch -, die „GEMA-Vermutung“ des Bundesgerichtshofs, die er in ständiger Rechtsprechung vertritt und dies solange tun wird, wie die GEMA eine faktische, auch auf der Rechtsprechung des BGH selbst beruhende Monopolstellung hat.
Was ist die „GEMA-Vermutung“?
Sie bedeutet, dass vermutet wird, dass die gesamte Weltmusikliteratur sich in der Verwaltung der GEMA befindet und zu tarifieren ist. Das ist nicht natürlich nicht so. Darauf aber darf sich der Anmeldende weder verlassen noch berufen. Man könnte ja der Auffassung sein, man müsse nicht melden, da die GEMA erst einmal beweisen müsse, dass sie die Urheberrechte an dem nicht gemeldeten Stück überhaupt vertritt.
Dieser Auffassung ist der BGH aber gerade nicht. Auch im Hinblick darauf, dass die GEMA die einzige, für Musikaufführungen im Bundesgebiet existente Rechtewahrnehmungsgesellschaft ist, sei die Vermutung berechtigt, dass ein aufgeführtes Stück GEMA-pflichtig ist; es sei vielmehr Sache des Veranstalters, nachzuweisen, dass das aufgeführte Werk entgegen der GEMA-Vermutung rechtefrei ist.
Recherchieren, recherchieren, recherchieren…
Das ist vor allem für kleinere Chöre und Vereine unerfreulich und stellt eine zusätzliche Belastung dar, da man bei jedem Stück, für welches Zweifel bestehen, recherchieren muss, ob Rechtefreiheit vorliegt oder nicht.
Übrigens: Diese faktische „Beweislastumkehr“, welche die „GEMA-Vermutung“ zugunsten der GEMA darstellt, gilt nicht nur für die Wiedergabe von Kompositionen, sondern auch für alle anderen vergütungspflichtigen Tatbestände, etwa im Bereich des Leistungsschutzrechts, also bei der Wiedergabe von Live- oder Konservenmusik, bei Arrangements etc.
Eine Petition gegen die „GEMA-Vermutung“
Die Unzufriedenheit mit der GEMA-Vermutung ist nicht gering. Sie hat sogar dazu geführt, dass im Deutschen Bundestag gegen diese Vermutung eine Petition eingebracht wurde. Dies wurde damit begründet, dass im Zivilrecht allgemein üblich sei, dass derjenige, der sich auf eine Forderung berufe, die Grundlagen für diese Forderung auch beweisen müsse.
Die andere Meinung vertritt die Auffassung, zur Durchsetzung des Urheberrechts sei diese Beweislastumkehr erforderlich und es sei für die GEMA sehr schwierig, bei den Millionen von gemeldeten Titeln jeweils den Nachweis der GEMA-Pflichtigkeit zu führen.
Die Recherche ist leichter geworden
Ganz ernst genommen werden kann dieses Argument in Zeiten der modernen Datenverarbeitung nicht mehr. Die GEMA könnte mit ihren großen Möglichkeiten bei automatisierten Rechercheverfahren diesen Nachweis unschwer führen.
Allerdings ist auch für die Veranstalter das Recherchieren leichter geworden; bei der Deutschen Nationalbibliothek wird der „Bonner Katalog“ geführt, ein Verzeichnis reversgebundener musikalischer Ausführungsmaterialen. Dieser wird laufend aktualisiert; über die Homepage der Deutschen Nationalbibliothek können mit diesem Katalog Recherchen durchgeführt werden.
Vorerst keine Änderung in Sicht
Solange es die GEMA als faktischen Monopolisten gibt, wird sich an der GEMA-Vermutung nichts ändern. Die Bundesregierung hat kürzlich erst wieder verlauten lassen, dass sie an der GEMA-Vermutung festhält.
Die Tage der GEMA-Vermutung dürften aber allerdings gezählt sein, wenn sich in Deutschland eine oder mehrere andere Urheberrechtswahrnehmungsgesellschaften wie die GEMA bilden, vielleicht auch, wenn dies im europäischen Rahmen geschieht. Entsprechende Bemühungen gibt es; die vor einigen Jahren in Hamburg gegründete Genossenschaft unter dem Namen „C3S“ betreibt derzeit ihre Zulassung als Rechtewahrnehmungsgesellschaft beim Deutschen Patent- und Markenamt.
Es wird allerdings noch dauern, weniger das Zulassungsverfahren als vielmehr, eine Wahrnehmungsgesellschaft „ins Laufen“ zu bringen. Warten wir ab und legen wir bis dahin die jetzt und bis auf Weiteres geltenden Regeln und Gegebenheiten zugrunde.
Zum Verfasser:
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.