Im Rahmen des Chorfests 2019 in Heilbronn initiierte der Schwäbische Chorverband erfolgreich ein interkulturelles Projekt
Ich wohne seit ein paar Jahren in Heilbronn und singe für mein Leben gern. Auf der Suche nach einem neuen Chor stieß ich zufällig auf das Projekt „Klänge der Welt“. Sofort war mein Interesse geweckt und ich informierte mich, was es mit diesem Projekt auf sich hatte. Ich fand heraus, dass es ein Projekt des Schwäbischen Chorverbandes war, bei dem Musiker aus verschiedenen Ländern zusammenkommen und Musik machen sollten.
Ein Projekt nach dem Konzept der Ethno-Pädagogik
Doch das war noch nicht alles. Am Ende eines Workshop-Wochenendes sollte es einen Auftritt auf der Bundesgartenschau im Rahmen des Chorfestes 2019 in Heilbronn geben. In der Projektbeschreibung stand, dass man Musik aus dem eigenen Land zum Workshop mitbringen und den anderen Teilnehmern beibringen könne. Dieses Konzept nennt sich Ethno-Pädagogik und war mir vollkommen neu. Ich fragte mich, wie man an nur einem Wochenende Lieder in vielen verschiedenen Sprachen lernen sollte. Als Lehrerin war mein Ehrgeiz aber sofort geweckt. Ein wenig skeptisch, aber dennoch sehr neugierig meldete ich mich schließlich an. Mit großer Spannung erwartete ich das Workshop-Wochenende.
Der Projektstart im Mai
Am Samstag, den 25. Mai 2019 war es soweit. Schon als ich hereinkam, herrschte eine tolle Stimmung. Musiker unterhielten sich, lernten sich kennen und probten erste Musikstücke miteinander. Als dann alle da waren, stellten sich unsere Coaches, die Ethno-Pädagogen Cédric Berner und Jacinta Pereira vor. Wir starteten mir einigen Kennenlern- und Aufwärmübungen und plötzlich befanden wir uns schon mitten im ersten Stück – „Amarula“, einem Lied aus Namibia. Jacinta sprach und sang den Text und das Lied vor und wir sangen nach. Ich war überrascht, wie schnell wir das Lied auf diese Art und Weise lernten und erinnerte mich an Vokabelübungen aus dem Englischunterricht – im Prinzip das gleiche System. Direkt herrschte eine tolle Stimmung und alle sangen und tanzten ausgelassen.
ein schneller Lerneffekt stellt sich ein
Auch die anderen Lieder von den Philippinen, aus Mazedonien, Eritrea, Togo und Bangladesch lernten wir auf diese Art und Weise. Der Musiker oder die Musikerin aus dem besagten Land sang vor und wir sangen nach. Dies wiederholten wir viele Male. Wir lernten schnelle, langsame, fröhliche und traurige Lieder kennen. Ein ganz besonderes Highlight mit Gänsehaut-Feeling war ein Lied von vier Aramäer-Schwestern, das von der Verfolgung und Ermordung der Aramäer handelt. Mit jedem Lied wuchs der Gruppenzusammenhalt und unsere Köpfe schwirrten vor fremden Sprachen. Die beiden Workshoptage vergingen wie im Flug und wir erwarteten voller Spannung unser Konzert auf der Sparkassenbühne der Bundesgartenschau. Donnerstagmittags trafen wir uns zur Generalprobe und freuten uns sehr, uns alle wiederzusehen.
Der Auftritt auf der Hauptbühne
Um 21 Uhr war es soweit. Das Zelt der Sparkassenbühne war bis auf den letzten Platz besetzt und unsere Aufregung wuchs. In einem kurzen Soundcheck wurden die Mikrofone und Instrumente getestet. Aus Eritrea hatten wir ein ganz besonderes Zupfinstrument dabei, eine „Krar“. Der Teilnehmer Yebio hatte sie selbst aus Holz und Fahrradbremsschläuchen gebaut, da er sie in Deutschland nicht kaufen konnte.
Als wir dann endlich mit dem ersten Lied „Walee“ („Wilkommen“) aus Togo starteten, fiel die Anspannung ab und wir genossen es einfach, gemeinsam auf der Bühne zu stehen und zu singen. Die Resonanz war überwältigend und beim deutschen Lied „Kein schöner Land“ sangen viele Zuschauer mit. Bei unserem letzten Stück „Amarula“ gab es kein Halten mehr und wir tanzten singend über die Bühne, viele Zuschauer standen auf und tanzten und sangen mit. Was für ein toller Abschluss dieses Projektes!
Der Auftritt war erst der Anfang
Doch halt, eigentlich sollte dies erst der Anfang sein. Wir waren alle so überwältigt und begeistert von der Stimmung in unserer Gruppe und der Resonanz der Zuschauer, dass wir nach dem Konzert beschlossen, auf jeden Fall weiter zu machen, in welcher Form auch immer.
Schon bald ergab sich die erste Gelegenheit. Ende Juni wurden wir eingeladen, unser Projekt auf einer samo.fa-Dialogkonferenz des Netzwerk der Kulturen Heilbronn in der Stadtbibliothek vorzustellen, die sich mit dem Thema Menschen mit Fluchterfahrung und deren Ankommen in der Stadt beschäftigt. So sangen wir dort nochmals zwei unserer erlernten Stücke von den Philippinen und aus Bangladesch.
Die Zusammenarbeit geht weiter
Sowohl das Netzwerk der Kulturen als auch die Stabsstelle für Partizipation und Integration Heilbronn waren bei „Klänge der Welt“ Kooperationspartner des Schwäbischen Chorverbandes. Auch sie waren von dem Projekt begeistert und möchten es mit uns weiterführen. So bekamen wir Ende September die Ehre, „Klänge der Welt“ auf der Integrationsbeiratssitzung vor dem Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel zu präsentieren, um Werbung für das Projekt und seine langfristige und regelmäßige Fortführung zu machen. Wieder sangen wir zwei Lieder und ernteten viel Zuspruch.
Ich freue mich auf viele weitere Gelegenheiten, mit den Mitgliedern des Projektes „Klänge der Welt“ zu musizieren. Auch fände ich es toll, wenn unsere Gruppe noch wächst und ich noch mehr solch wunderbare Menschen mit einer Leidenschaft für Musik kennenlernen darf.
Lena Koerner