Herausgeberin Bettina Strübel erklärt, warum man keine Angst vor interreligiöser Chorliteratur haben muss.
Welche Lieder kann ich singen? Kann ich das singen? Woher kann ich eine Übersetzung bekommen? Sich für das Singen interreligiöser Musik zu entscheiden heißt, sich mit vielen Herausforderungen auseinander zu setzen, zu recherchieren und immer ein bisschen zu hoffen, dass es passt. Das muss aber nicht sein. Breitkopf und Härtel hat mit dem Projekt „Trimum“ nicht nur interreligiöse Lieder zusammengefasst, sondern auch neue geschaffen.
ein Buch als Brückenbauer
Bettina Strübel ist Kirchenmusikerin und Herausgeberin des Buches „Trimum – Interreligiöses Liederbuch, Gemeinsam feiern und singen“. Sie kennt die Probleme mit religiösen Liedern aus ihrem Alltag gut. Besonders um interreligiöse und religiöse Musikliteratur wird oft ein großer Bogen gemacht. Eine Vorsicht, die oft aus einer Unsicherheit im Thema rührt. Hier möchte das Liederbuch helfen. „Das Liederbuch kann ein erster Anknüpfungspunkt sein, um miteinander ins Gespräch zu kommen“, erklärt Strübel. „Und natürlich geht es vor allem um das gemeinsame Singen. Die Lieder sind eine wunderbare Möglichkeit, sich besser kennenzulernen – singend und sprechend.“
Was erwartet mich im Buch?
Das interreligiöse Liederbuch enthält Lieder aus verschiedenen religiösen Traditionen. Dabei sind viele bearbeitet und in unterschiedliche Sprachen übersetzt. Dies kann als Anfangspunkt gedacht werden. „Man bekommt hier viele Anregungen und kommt sich beim gemeinsamen Singen näher. Dies ist quasi ein Doppelpunkt.
Mündliche Überlieferung trifft auf notierte Tradition
Es ist oft problematisch, wenn eine mündlich überlieferte Musiktradition wie z. B. die Orientalische, auf die westliche Tradition mit schriftlich geprägtem System stößt. Als Chorleiter muss man sich diesen Unterschied immer wieder bewusst machen, da er in jeder interkulturellen und interreligiösen Chorarbeit eine wichtige Rolle spielt. Wenn orientalische Lieder aufgeschrieben werden, sind die Noten lediglich der rote Faden, an dem sich die Sänger orientieren. So ist es äußerst wichtig, aufeinander zu hören und versuchen, all die nichtaufgeschriebenen kleinen Verzierungen nachzusingen. „So kann man sich Zeile für Zeile vorantasten und dabei z.B. die unglaubliche Fülle orientalischer Verzierungsmöglichkeiten wahrnehmen.“
Hilfreich für westliche Sänger ist sicherlich, dass die Lieder notiert wurden. Ganz ohne Noten zu singen ist für viele Choristen ungewöhnlich und verunsichernd.
Hören und nachmachen. Dieses Prinzip ist wichtig. Daher gibt es zu den Liedern im Buch auch Hörbeispiele auf der Website des Trimum-Projekts. Empfehlenswert ist auch, zum Beispiel beim Singen der türkischen Liedern auch türkische Musiker zur Begleitung einzuladen. Es ist dann einfacher, die unterschiedliche Modalität der türkischen Musik zu erfassen und vielleicht auch ab und zu Mikrotöne zu singen.
Ein Buch für musikalische Entdecker
In diesem Buch treffen Melodien und Texte aus den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen aufeinander. Dabei treten auch fast vergessene Juwelen zum Vorschein. „Für mich waren die christlich-arabischen Lieder eine wunderschöne Entdeckung“, sagt die Kirchenmusikerin Strübel. Die intensive Arbeit bei der Erstellung des Buches hatte auch professionelle Auswir- kungen auf Strübel. „Mein Blick hat sich sehr geändert“, sagt sie. Der Einblick in die Vielfalt der Musik hat ihren musikalischen Horizont noch einmal sehr erweitert.
Ein Tipp zu Schluss:
Und einen Tipp hat die Herausgeberin des Trimum-Liederbuches noch für alle, die sich mit dem Gedanken beschäftigen ein interreligiöses Singprojekt zu beginnen: „Einfach machen. Lassen Sie sich durch das Buch anregen, hören Sie die Musikbeispiele, laden Sie Musiker ein….. Das wichtigste ist aber: anfangen und schauen, wohin der Weg führt.“
Isabelle Arnold