Mehr als 100 Jahre gehört das Silcher-Museum zum Schwäbischen Chorverband und bietet immer wieder viel zu sehen.
Der Schwäbische Chorverband ist ein Traditionsverband. Das ist er, weil er seit 170 Jahren die Interessen der Sängerinnen und Sänger in Württemberg wahrnimmt. Die Geschichte dieses Verbandes lässt sich aber nicht ohne den Komponisten und Pädagogen Friedrich Silcher schreiben, der entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Chorbewegung in Württemberg und darüber hinaus hatte. Seit 1912 hält der Schwäbische Chorverband sein Andenken in Silchers Geburtshaus in Weinstadt-Schnait wach. Ein Erbe mit großer Verantwortung.
Alles muss sich entwickeln
Wolfgang Oberndorfer, Vizepräsident des SCV und lange Jahre Vorsitzender des Museumsbeirats besucht nicht nur gerne das Museum, er fühlt sich dort fast auch ein bisschen heimisch. Gerne bezeichnet er das Museum auch mal als „Die Gute Stube des Verbandes“. Nicht aus der Luft gegriffen. Betritt man den ehemaligen Wohntrakt der Silchers im ersten Obergeschoss, tritt man in die zeitgenössische Welt des Komponisten ein. Es ist wohlig und heimelig. Fast könnte man das Herdfeuer in der Küche prasseln hören. So lebte man also Anno dazumal. Ein Gefühl, das mittlerweile durch besondere Kostümführungen noch verstärkt wird. Einmal eintauchen in längst vergangene Zeiten.
Im „Großen Saal“ kann man dann Silchers Lebensweg abschreiten, Originalstücke betrachten. Auch die Sängerbewegung hat im zweiten Obergeschoss ihren festen Platz. Fahnen, Abzeichen aber auch so manche Skurrilität sind dort ausgestellt. Aber eben auch Dinge wie die Präsidentenkette des SCV, denn was manchmal vergessen wird: Hier wird auch bewahrt. „Herzstück des Museum ist für mich das Archiv, in dem immer noch Dinge lagern, die größtenteils unbekannt sind. Unter anderem auch Singspiele für Kinder“, erklärt Nikolai Ott, Mitglied im Musikbeirat des SCV und bekennender Freund alter Schriften. Ein Schatz, der in Zukunft gerne auch einem größeren Personenkreis zugänglich sein sollte. Ein möglicher Weg: Digitalisierung, um so Handschriften und andere wichtige Dokumente der Forschergemeinde unkompliziert zur Verfügung zu stellen. „Der Aufnahmeprozess für eine potentielle Digitalisierung und damit ein erster Schritt in Richtung der Wiederzugänglichmachung des Archivs wurde getan“, freut sich Ott, der selbst viele Stunden im Archiv zugebracht hat, um die Schriften zu sichten und zu inventarisieren.
Dabei geht es aber nicht alleine um die wertvollen originalen Autographe Silchers, sondern um eine gesamte Analyse von Veröffentlichungen. „Auch das Notenarchiv bietet Forschungsmöglichkeiten: Man kann durch die unterschiedlichen Auflagen viel über die Rezeptionsgeschichte Silchers lernen“, so Ott.
Ein Museum im Wandel der Zeit
Das Museum hat schon viele Umbauten erlebt. Das bleibt bei einem so historischen Haus nicht aus. Daher stand auch das Museumsjahr 2019 im Zeichen der Findungsphase. Wie soll sich das Museum und seine Ausstellung entwickeln, welchen Weg möchte der SCV hier einschlagen? „Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, das Silcher-Museum voran zu bringen“, sagt Susanne Blessing, Vorsitzende des Museumsbeirats, der sich um die Belange des Museums im SCV kümmert. „Daher haben wir einen Arbeitskreis und eine Expertenrunde zu diesem Thema ins Leben gerufen. Es geht darum, das Museum zukunftssicher zu machen. Wie stellen wir uns das Museum in Zukunft vor, wie kann es interessanter gestaltet werden, welche Zielgruppen wollen wir erreichen: Das sind die Fragen, die wir uns unter anderem stellen.“ Unterstützt wird der Museumsbeirat hier bundesweit von Fachleuten aus der Museumsszene wie Dr. Judith Oexle, Jürgen Ernst und Karsten Michael Drohsel.
Hier ist nun der erste Schritt getan. Wie sich das Silcher-Museum in Zukunft präsentieren wird, das ist noch nicht entschieden. Wichtig ist aber, dass jetzt nach findigen Lösungen gesucht wird. „Unsere Aufgabe ist es, das Museum für die Zukunft auf ein stabiles Fundament zu stellen“, gibt Susanne Blessing zu bedenken.
Forschung mit Ergebnis
Dieses Jahr erschien im Helbling Verlag das Buch „Chorkomponisten in Württemberg“ in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Musikgeschichte in Baden-Württemberg und dem Schwäbischen Chorverband. Ein Werk über das Leben und Wirken von 20 Chorkomponisten und -komponistinnen in Württemberg. Darunter auch Friedrich Silcher.
Herausgeber ist unter anderem Nikolai Ott, der in dieses Projekt viel Wissen und Arbeit investiert hat, weil er den Forschungsprozess als sehr spannend empfindet: „Ich finde, in diesem Buch sind einige Chorkomponisten und -komponistinnen von nationalem Rang wieder zu finden, wie zum Beispiel Samuel Capricornus und Johann Samuel Welter.“
Es steht für ihn außer Frage, warum er und auch der Verband sich so für dieses Projekt eingesetzt haben: „Der Schwäbische Chorverband hat sich unter anderem der Pflege des Chorgesangs verschrieben. Es ist wichtig, sich seiner Wurzeln bewusst zu machen und Verantwortung für die Entwicklung von Chorgesang und Gesellschaft zu übernehmen. Dazu gehört auch, Werke von Chorkomponisten wieder zugänglich zu machen.“