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Singen & Stimme, SINGEN 2020-02

Haltet die Fahne hoch!

Sonja Müller
1. Februar 2020
Die Vereinsfahne ist ein Traditionswert des Vereins, der heute sein Dasein oft nur noch im Schatten fristet. Sie sinnvoll aufzubewahren kann aber Kosten sparen.

Fahnen. Kaum ein Gegenstand war früher so populär und ist heute so vollständig aus dem Alltag verschwunden wie Fahnen. Während früher alle Vereine, Gemeinden und auch Chöre, die es sich leisten konnten, eine oder sogar mehrere besaßen, die zu feierlichen Anlässen hervorgeholt und stolz präsentiert wurden, stehen sie heute kaum noch auf den Anschaffungslisten.

Und die noch vorhandenen Fahnen liegen oft vergessen in der Ecke. Für diese Fahnen will dieser Artikel eine Lanze brechen. Er will dabei helfen, diese Zeitzeugnisse für die Zukunft zu bewahren. In meiner langjährigen Tätigkeit als Textilrestauratorin sind mir viele Fahnen gezeigt und bin ich oft gefragt worden, „ob man da noch was machen kann“. Bislang konnte ich dies immer bejahen. Im Folgenden möchte ich auf die häufigsten Fragen rund um den Erhalt historischer Fahnen eingehen. Die meisten Fahnen im deutschsprachigen Raum stammen aus der Zeit von 1830 bis 1920, sind also 100 bis 190 Jahre alt. In der Regel bestehen sie aus maschinenbestickter Seide oder die Stickereien wurden separat hergestellt und auf die Fahne genäht. Zur Verstärkung erhielten sie häufig Zwischenlagen aus Baumwolle. Die Außenkanten sind oft mit Metallfadenborten eingefasst. Diese Fahnen sind vergleichsweise steif und schwer. Sie können – und sollen – daher nicht „im Winde wehen“, sondern werden gerade hängend präsentiert. Es gibt auch bemalte oder bedruckte Fahnen, sie sind aber selten.

 

Häufige Schäden

Aufgrund ihrer ähnlichen Herstellung haben die meisten Fahnen auch ähnliche Schäden.

Regelmäßig findet man Wasserflecken und Schimmel. Das ist unschön, aber solange die Fahne trocken gehalten wird, vergrößern sich die Schäden nicht. Die gefürchteten Kleidermotten finden sich auch nur selten an Fahnen.

Ein prophylaktisches Behandeln mit der „chemischen Keule“ ist daher nicht nötig. Häufiger sind aufgerissene Nähte. Hier muss vor allem darauf geachtet werden, dass keine Teile verloren gehen. Wenn doch Teile abfallen, sollten sie unbedingt an der Fahne aufbewahrt, wenn möglich sogar angebunden werden. Allzu oft wird irgendwo ein Briefumschlag mit Borten gefunden und keiner weiß mehr, wohin sie gehören.

Ein großes Problem sind Stickereien mit Metallfäden. Die silbernen, jetzt meist schwarzen, oder goldenen Fäden sind meist mit sehr empfindlichen Seidenfäden angenäht. Diese brechen leicht und die Metallfäden beginnen in alle Richtungen abzustehen. Diese Schadensart kann gut restauriert werden, sollte aber dem Fachmann überlassen werden. Bis dahin sollten diese Bereiche mit Seidenpapier abgedeckt werden.

Das größte Problem jedoch sind die Seidenstoffe, die den Hintergrund bilden. Durch Licht und Staub sind sie oft so stark versprödet, dass sie förmlich zerbrechen. Sie zerfallen im Laufe der Zeit in kleinere, oft rechteckige Fragmente. Sollten Sie diese Schäden feststellen, sollte die Fahne nach Möglichkeit nicht mehr bewegt werden. Eine hängende Fahne sollte spätestens jetzt abgenommen werden. Muss sie aufgerollt werden, ist eine Zwischenlage aus Seidenpapier unabdingbar.

Auch wenn manche Fahne „unrettbar“ aussieht, ist es dem Fachmann sehr oft noch möglich, sie zu restaurieren: Offene Nähte, lose Borten und abstehende Stickfäden werden von Hand wieder angenäht. Risse und Löcher im Grund werden mit farblich passend gefärbten Stoffen hinterlegt und die Fragmente darauf gesichert. Manchmal müssen auch Bereiche mit entsprechend gefärbten Tüll abgedeckt werden. Die Sicherungsarbeiten werden so unauffällig wie möglich durchgeführt, so dass wieder ein geschlossenes Erscheinungsbild entsteht, der aufmerksame Betrachter kann jedoch immer eine gealterte und nun wertgeschätzte Fahne erkennen.

Eine Fahne mit „klassischem Schadensbild: Die Stickerei ist intakt, aber das Seidengewebe beginnt zu zerbrechen und viele der Fragmente sind verloren gegangen.

Foto: Autorin

Die Löcher wurden mit einem farblich passenden Gewebe geschlossen und die Reste der Seide darauf gesichert. Als „Nebeneffekt“ wurde das Erscheinungsbild deutlich verbessert.

Foto: Autorin

Wie bewahrt man eine Fahne am besten auf?

Idealerweise wird eine Fahne dunkel, trocken und kühl aufbewahrt. Das heißt: Nicht an einem Fenster, nicht in einem feuchten Keller und nicht über der Heizung. Ein Ort mit einem guten Büro-Klima ist in aller Regel geeignet.

Die Fahne sollte vor Staub geschützt werden. Das Abdecken mit glatten, dichten Baumwolltüchern hat sich dafür bewährt. Diese stellen gleichzeitig einen gewissen Lichtschutz dar. Folien haben sich nicht bewährt, da es unter ihnen leicht zur Schimmelbildung kommt.

Am liebsten möchte eine Fahne flach liegen. Aufgrund ihrer Größe ist das leider meist nicht möglich. Sie zu falten ist aber keine gute Idee. Die Falten lassen sich im günstigsten Fall nur mühsam wieder entfernen. Im ungünstigsten Fall können die Gewebe brechen.

Wenn sie für die Lagerung „verkleinert“ werden müssen, können die meisten aufgerollt werden. Dabei ist es wichtig, dass sie nicht möglichst eng um die Fahnenstange gewickelt wird. Dies für zu Falten und Rissen. Stattdessen sollte sie eher locker um eine Röhre von wenigstens 10 cm Durchmesser gerollt werden. Solche Rollen kann man z. B. unentgeltlich beim Raumausstatter bekommen. Ist an der Fahne noch eine Fahnenstange befestigt, wird sie mit Bändern an der Rolle festgebunden. Die Rolle sollte dann waagerecht gelagert werden.

 

Wie kann man eine Fahne ausstellen?

Schön ist es, wenn eine Fahne gezeigt werden kann. Dabei sollten aber ein paar Dinge beachtet werden. Denn das wahrscheinlich Schlimmste, was Sie einer Fahne antun können, ist, sie womöglich jahrzehntelang frei in einem Raum oder an der Wand aufzuhängen. Der mittelfristige Totalverlust ist vorprogrammiert. Um das zu vermeiden, sollte man sich über den geeigneten Präsentationsort klar werden:

Ungeeignet sind Außenwände, da sie potentiell kühler und daher auch feuchter sind. Standorte über Heizungen wiederrum sind starker Staubbelastungen ausgesetzt. Sonnenbeschienene Orte sind auch nicht geeignet, da Licht Farben verblasen und Fasern verspröden lässt.

Eine Fahne sollte auch nicht offen präsentiert werden. Zum einen stauben sie so schnell ein und ein historisches Textil sollte nicht öfter als unbedingt nötig gereinigt werden müssen. Eine flache Vitrine schützt zuverlässig vor Staub und hilft gleichzeitig, das Klima um die Fahne konstant zu halten. Die Fahne wird hier auch nicht einfach hineingehängt, sondern gezielt auf der mit Textil bezogenen Rückwand befestigt, so dass nicht das gesamte Gewicht der Fahne an der Oberkante „zieht“. Im Idealfall ist die Rückwand etwas schräg gestellt, so dass die Fahne möglichst flächig aufliegt. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass sie sich dann leichter ausleuchten lässt. Die Beleuchtung sollte natürlich nur dann eingeschaltet werden, wenn die Fahne auch betrachtet wird.

 

Was, wenn man eine Fahne restaurieren lassen möchte?

Beim verantwortungsvollen Umgang geht es nicht darum, eine Fahne (oder einen anderen alten Gegenstand) „wieder neu zu machen“. Vielmehr geht es darum, die Originalsubstanz und die Geschichte, die sie erzählt, zu erhalten. Und es ist wie bei Gesichtern: Falten und Narben erzählen diese Geschichte.

Es gibt Fachleute, die sich ausschließlich mit den Schäden an historischen Textilien befassen: Textilrestauratoren /-innen. An sie können Sie sich wenden, wenn Sie Fragen zum Erhalt von Fahnen haben. Seriöse Restauratoren werden Ihnen kein Konzept oder Angebot erstellen, ohne die Fahne wenigstens anhand von ein paar Fotos gesehen zu haben, meist ist sogar eine Besichtigung bei Ihnen nötig.

Das Konzept ist immer maßgeschneidert für Ihre Fahne und zielt darauf ab, möglichst viel von der vorhandenen Substanz zu respektieren und erhalten. Üblicherweise entstehen für die Erstellung von Konzepten und Angeboten keine Kosten für Sie.

Wenn Ihnen jemand vorschlägt, die Stickereien auszuschneiden und auf eine neue Fahne zu nähen, sollte man sich dies gut überlegen. Das ist ungefähr so, als ob jemand vorschlagen würde, bei einem historischen Gemälde die Figuren auszuschneiden und auf ein nachgemaltes Bild zu kleben. Für Übersticken, auch „Überkurbeln“ genannt, gilt das Gleiche.

Hier einer der eher seltenen Fälle, wo die Stickerei gesichert werden musste.

Foto: Autorin

Die Löcher wurden hinterlegt und die Stickfäden durch eine feine Gaze vor weiterem Verlust geschützt.

Foto: Autorin

Was, wenn man eine historische Fahne nutzen möchte?

So leid es mir auch tut, ich muss Ihnen davon abraten, eine Fahne dem Wetter auszusetzen – weder Regen noch Sonnenschein bekommen ihr.

Stattdessen empfehle ich Ihnen, eine Kopie anfertigen zu lassen. Mit dem modernen Digitaldruck gibt es mittlerweile eine kostengünstige Möglichkeit, qualitätvolle „Zwillinge“ anzufertigen. Mit digitaler Bildbearbeitung haben Sie sogar die Möglichkeit, die Fahne im alten Glanz wieder auferstehen zu lassen, da ausgeblichene Farben wieder kräftiger eingestellt werden können. Auch andere optische Schäden wie Löcher oder Wasserflecken können wieder behoben werden.

 

Ihre Vereinsfahne benötigt zuwendung?

Müller & Schweizer GbR in Waiblingen sind professionelle Ansprechpartner auf dem Gebiet der Restauration von Fahnen und vielem mehr. Lassen Sie sich über eine passgenaue Lösung für Ihren Verein informieren:
kontakt@mueller-schweizer.de

Jahrzehntelange Vernachlässigung haben diese Fahne zu einem Häufchen Elend zerfallen lassen

Foto: Autorin

Dennoch konnte sie noch entrollt und geordnet werden. Die ganzen Fragmente sind jetzt zwischen zwei Lagen Gaze gesichert. So kann sie bis zur endgültigen Restaurierung gefahrlos gelagert werden.

Foto: Autorin

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