Gedanken um Zielgruppen, Ziele, Konzepte und wie man erreicht, was man sich vornimmt
Keine Zukunft ohne Weiterentwicklung. Keine Weiterentwicklung während der Corona-Pandemie? Nicht wie üblich proben zu können bedeutet nicht, sich nicht über und mit seinem Verein Gedanken um weitere Projekte zu machen. Silke Rosumek und Brigitte Wuttke des Schorndorfer Chores „Stimmwerk“ im Gespräch:
Wir sind der Schorndorfer Chor Stimmwerk e.V. Uns gibt es seit März 2017 und inzwischen singen wir mit 70 Sänger*innen. Wie die meisten gemischten Chöre leiden wir unter dem Mangel an Sängern.
Wir verstehen uns als Themenchor. Wir singen, weil wir was zu sagen haben. Die ersten beiden Jahreskonzerte führten wir sehr erfolgreich zu den Themen TOLERANZ (2018) und N@TUR (2019) auf. Mit dabei waren stets 3 Profi-Sänger*innen; ein Moderator führte durch das Programm. Begleitet wurden wir jeweils von 15-20 Instrumentalist*innen. Das für 2020 geplante 3. Jahreskonzert sollte unter dem Motto ZUSAMMEN stehen und in der Barbara-Künkelin-Halle stattfinden. Doch dann kam die Corona-Pandemie und erzwang eine Pause.
Die Pause wolltet ihr für gemeinsames Denken in einem Workshop nutzen. Was war der Grund und was waren hier die Ziele?
Die Corona-Pandemie war in unserem Fall nur der „Brandbeschleuniger“. Schon vor der Corona-Pandemie hatten Chorleiter und Gesamtvorstand die Idee und den Wunsch, etwas im zu verändern. Anstoß hierfür sind der Männermangel, aber auch die Altersstruktur der Sängerschaft.
Erste Eckpunkte für die Weiterentwicklung unseres Chores wurden festgelegt:
Wir sind ein Themenchor. Wir möchten unsere Zielgruppe erweitern. Wir wollen die Außenwirkung unseres Vereins überprüfen. Auch hätten wir uns vorstellen können, über andere Konzert- bzw. Aufführungsformen und -orte nachzudenken.
So gebündelt trugen wir im Februar diesen Jahres dem Schwäbischen Chorverband (SCV) unser Coaching-Anliegen vor.
Wie entwickelte sich schließlich der Workshop?
Der SCV vermittelte uns Siegfried Bütefisch, der den Verband bereits in vielen Fragen von Werbung, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich beraten und viele Initiativen in Gang gesetzt hat.
In einer Online-Vorbesprechung wurde der Arbeitsauftrag für einen eineinhalb tägigen Online-Workshop definiert. Aus unseren Ausgangsfragen wählten wir schließlich drei Themenbereiche aus, zu denen wir Ideen sammeln wollten:
Haltung, Werte und Leitbild:
Wie definieren und leben wir unseren gemischten Themenchor?
Portfolio und Leistungen:
Was sind unsere Angebote, vor allem musikalisch?
Kommunikation und Marketing:
Wie stellen wir uns nach außen und innen dar?
Wie gewinnen wir Männer und Jüngere für das Mitsingen im Stimmwerk?
Wie sprechen wir unsere Mitglieder persönlich und medial noch direkter und nachhaltiger an?
Eigentlich wollten wir in einem realen Workshop vor Ort so viel wie möglich interessierte Sänger*innen einbeziehen. Auch für den durch Corona erzwungenen Online-Workshop war uns dies wichtig. Neben Corona erwies sich vor allem das Online-Setting als Hindernis. Vielen mangelt es an der richtigen Ausstattung und an der Erfahrung. Auch das Zutrauen, dass es auch im virtuellen Austausch gelingt, zu guten Ergebnissen zu kommen, war gering. An dem für 30 Teilnehmer*innen konzipierten Workshop beteiligten sich neben Vorstand und Chorleiter leider nur sehr wenige Sänger*innen.
Wie dürfen wir uns den Ablauf vorstellen? War die Arbeit für die Teilnehmer*innen hilfreich?
Es war für uns alle interessant und anregend, mit ungewöhnlichen Methoden im virtuellen Raum zu kreativen Ergebnissen zu kommen. Über den Einstieg „Welches Lied fällt mir ein, das den Chor ebenso repräsentiert wie unser Hauptanliegen, Männer und Jüngere zu gewinnen?“ gelangten wir schnell zu der Einsicht, dass uns Gemeinschaft, Freiheit, Verständnis, Akzeptanz und Spaß wichtig sind. Mit diesem Fokus auf unsere Website geschaut, erkannten wir sofort, dass wir das, was wir mit unserem Chor verbinden, zur Zeit nicht als Botschaft transportieren. Grundsätze für die Zielgruppenansprache mussten also erarbeitet werden. Wir waren überrascht und beeindruckt, wie schnell einige Erkenntnisse möglich waren. Speziell die Gruppenarbeitsphasen zur Textproduktion und Bildgestaltung und Überlegungen zur Webseite haben zu guten Ergebnissen geführt und uns klar gemacht, dass wir auch in Coronazeiten online gut arbeiten können.
Zeigen sich im Nachhinein Probleme, die ihr nicht bedacht hattet?
Selbstkritisch zurückblickend stellen wir fest, dass wir zwei Fehler begangen haben: Wir hätten mehr Sänger*innen für die Mitarbeit gewinnen müssen. Auch haben wir den Workshop ohne unseren Internetverantwortlichen durchgeführt, der in dieser Zeit im Urlaub war. Seine Blickweise hat uns gefehlt, sodass wir im Anschluss an den Workshop einige Entscheidungen revidieren mussten. Und wir müssen uns auch die Frage stellen, ob es sinnvoll war, den Workshop in Coronazeiten durchzuführen. Nach dem Workshop haben wir uns vor allem auf die Suche eines geeigneten Probenraumes für die Wiederaufnahme von Chorproben konzentriert und uns damit beschäftigt, Abstände auszumessen und neue Proben- und Hygienekonzepte zu entwickeln. D.h. unsere Energie ist in andere Themen geflossen.
Ja. Wir sind entschlossen, die im Workshop gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen. Für die Ansprache von Männern und Jüngeren haben wir in Rollenspielen wertvolle Tipps für die Struktur von Werbegesprächen erhalten. Eine „Hausaufgabe“ aus dem Workshop ist, dass jede*r Teilnehmer*in jeweils drei Werbegespräche mit potentiellen Interessent*innen führen soll.
Wir haben uns für die textuelle, visuelle und auditive Überarbeitung unserer Webseite vorgenommen, unser Selbstverständnis und unsere Ziele treffender zum Ausdruck zu bringen und so den Aufmerksamkeitsgehalt unserer Webseite weiter zu steigern. Hierfür hat sich eine Arbeitsgruppe etabliert.
Als weiteres Paket steht die Erarbeitung eines umfassenden Marketingkonzeptes auf unserer Agenda, das auf „Bauch und Herz“ unserer Mitglieder und neuer Zielgruppen zielt. Wir sind zuversichtlich, dass wir damit auch die Kommunikation mit und den Zusammenhalt unter den Sänger*innen weiter stärken.
Mit welchem Fazit blickt ihr auf den Workshop?
Es war sehr hilfreich, mit dem professionellen Blick von Siegfried Bütefisch auf unsere Themen zu schauen, da er die Chorszene sehr gut kennt. Souverän, methodisch abwechslungsreich, gut strukturiert und mit unendlich viel Geduld bei auftretenden technischen Schwierigkeiten hat er uns an die wichtigen Fragen herangeführt. Das Arbeiten fiel uns leicht, der Spaß kam nicht zu kurz. Wir durften uns als produktives, lernendes Team erfahren. Eine Erfahrung, die wir gerne auch mit mehr Sänger*innen geteilt hätten. Alles in allem war es gut möglich, den Workshop online durchzuführen.