Ein Jahressteuergesetz regelt – wie der Name schon sagt – in regelmäßigen Abständen notwendige gesetzliche Neuregelungen, die sich aus EU-Recht, EuGH- und BFH-Rechtsprechung ergeben haben, wobei in diesem Jahr Regelungen aufgrund der Corona-Situation hinzukommen, die gesetzliche Anpassungen erfordern. Auch andere Änderungen mit steuerrechtlichen Auswirkungen sind Gegenstand der Regelung in einem solchen Jahressteuergesetz.
In diesem Jahr werden wieder – auch wieder – für Vereine steuerrechtliche Regelungen geändert, die sich ab dem kommenden Jahr auf die steuerliche Situation der Vereine im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts auswirken werden.
Eine wesentliche Verbesserung ist die Anhebung der Bagatellgrenze, bei deren Überschreitung eine gemeinnützige Organisation ihr Ergebnis (also das Delta aus Gewinn und Verlust) im Bereich des Ertragssteuerrechts rückwirkend auf den 01.01.2020 ermitteln muss (§ 64 Abs. 3 AO); die Grenze von derzeit 35.000,00 € wird auf 45.000,00 € angehoben. Das heißt: Die Bruttoeinnahmen eines Vereins aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, unterliegen künftig nicht der Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer, wenn sie 45.000,00 € (bisher 35.000,00 €) pro Jahr nicht überschreiten.
- Befreiung von zeitnaher Mittelverwendung
Gravierend ist die Änderung, die darin besteht, dass Vereine mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000,00 € von der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung befreit werden sollen. § 55 (1) Ziff. 5 AO fordert bisher, dass die Mittel des Vereins spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden müssen. Diese Pflicht soll künftig entfallen; es wird künftig auch ordnungsgemäßer tatsächlicher Geschäftsführung entsprechen, wenn bei der Verwendung der Mittel des Vereins diese Frist nicht mehr eingehalten wird, § 63 Abs. 4 Satz 2 AO.
Diese Regelung erweitert den Handlungs- und Planungsspielraum der Vereine ganz erheblich und stellt deshalb für diese eine erhebliche Verbesserung dar.
- Pauschale Ausstiegsabgabe:
Neu ist die Regelung zur „pauschalen Ausstiegsabgabe“. Was heißt das? Wenn eine gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel schwerwiegend fehlverwendet, verstößt sie gegen das Gebot der Vermögensbindung, §§ 61, 55 Abs. 1 Nr. 4 AO. Diese Bestimmung regelt die Verwendung des Liquidationsvermögens am Ende eines Vereins und deren satzungsgemäße Regelung. Eine Verletzung der Vermögensbindungspflicht durch Satzungsänderung oder Mittelfehlverwendung („für nicht gemeinnützige Zwecke“) führt dazu, dass die Bestimmung bzw. die Fehlverwendung als steuerlich nicht ausreichend angesehen werden und der solchermaßen handelnde Verein nach bisheriger Rechtslage zehn Kalenderjahre rückwirkend voll steuerpflichtig wird, § 61 Abs. 3 AO.
Die Nachversteuerung als Folge des rückwirkenden Verlustes der Gemeinnützigkeit ist schwierig zu berechnen und kalkulieren. Deshalb soll künftig die Nachversteuerung auf der Grundlage einer pauschalen Ausstiegsabgabe in Höhe von 30 Prozent des zum Zeitpunkt des Verstoßes vorhandenen Vermögens des Vereins erfolgen. Dabei soll der sogenannte „gemeine Wert“ bei der Bewertung des Vermögens angesetzt werden. Der „gemeine Wert“ wird allgemein auch als „Verkehrswert“ bezeichnet und ist ein Bruttowert. Es liegt auf der Hand, dass hier die Ermittlungsvereinfachung bei der Bemessung der zu entrichtenden Steuer im Vordergrund stand; nach altem wie nach neuem Recht ist die Ausstiegsabgabe in jedenfalls den Fällen, in denen der Verein über Vermögen, etwa Grundvermögen, verfügt, mit einem erheblichen Substanzwertverlust verbunden.
- Anpassung Übungsleiterpauschale
Für die gemeinnützigen Körperschaften ist des Weiteren die Anpassung der Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26 EStG von 2.400,00 € auf 3.000,00 € pro Jahr von Bedeutung, ebenso die Anhebung der Ehrenamtspauschale von 720,00 € auf 840,00 € pro Kalenderjahr. Vor allem die Übungsleiterpauschale ermöglicht es freiberuflichen Chorleitern und anderen Vereinsmitarbeitern, einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Tätigkeitsvergütung, nämlich 250,00 € monatlich, steuerfrei zu vereinnahmen. Nach den im Bereich des Schwäbischen Chorverbandes durchschnittlich bezahlten Chorleitervergütungen von grob ca. 500,00 € monatlich bedeutet das eine steuerliche Entlastung des freiberuflichen Chorleiters um die Hälfte seiner Einnahmen.
- Vereinfachter Zuwendungsnachweis
Eine weitere Erleichterung für die Vereine ist schließlich darin zu sehen, dass künftig der vereinfachte Zuwendungsnachweis bis zu einem Betrag von 300,00 € pro Zuwendung (Spende) angehoben wird; bis zu diesem Betrag kann also eine Spende durch die Vorlage des Einzahlungsbeleges (Überweisungsbeleg) bei der Steuererklärung geführt werden. Da bei den Vereinen des Schwäbischen Chorverbands die im unteren Bereich liegenden Zuwendungen für die gemeinnützige Tätigkeit eines Vereins einen überwiegenden Anteil ausmachen, ergibt sich hieraus eine erhebliche Erleichterung der Verwaltungstätigkeit des Vereins durch Wegfall der Ausstellung von Zuwendungsbescheinigungen für diese Beträge.
Geplante Verabschiedung im November 2020
Die zweite und dritte Lesung des Jahressteuergesetzes 2020 mit den hier geschilderten, für die Vereine relevanten Änderungen ist für den 20. November 2020 geplant, die Verabschiedung durch den Bundesrat am 27. November2020. Wollen wir hoffen, dass die Stärkung des Ehrenamtes durch die geschilderten gesetzlichen Änderungen die Billigung der Bundesregierung findet, die zuletzt noch Zeit brauchte, zum Gesetzesentwurf und zur Stellungnahme des Bundesrates eine Gegenäußerung vorzulegen. Nach den überwiegenden Verlautbarungen aus dem Parlament ist jedoch mit der Zustimmung zu rechnen. „SINGEN“ wird Sie über die Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2020 zeitnah unterrichten.
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.