Was bei der Gründung eines Kinderchores alles beachtet werden muss.
Für jeden Verein ist ein Kinderchor eine unglaubliche Bereicherung: Leistungswillige junge Menschen wollen gefordert, gefördert und auch motiviert werden. Die Eltern der jungen Sängerinnen und Sänger engagieren sich im Verein, helfen Freizeiten zu organisieren und sind mit der ganzen Familie gern gesehene Gäste in den Konzerten.
Realität oder Vision?
In vielen Vereinen ist diese Vision bereits Wirklichkeit geworden. Hier hat man den Mehrwert für den Verein erkannt. Imagegewinn und die Eröffnung neuer (nicht nur musikalischer) Möglichkeiten sind bereichernd für den gesamten Verein. Leider gibt es aber immer noch zu viel Resignation und oft auch Angst vor der scheinbar zu großen und riskanten Aufgabe. Ich möchte diese Angst nehmen und versuchen zu motivieren, diese wunderbare Aufgabe ohne Vorbehalte anzupacken. Im Folgenden werde ich auf fünf Bereiche eingehen, die man bereits vor der eigentlichen Gründung eines Kinderchores klären sollte:
- Zuständigkeiten innerhalb des Vereins
- Musikalische Leitung
- Betreuung/Jugendbegleiter
- Kooperationen
- Elternarbeit
Zuständigkeiten innerhalb des Vereins (Organisation/Ansprechpartner)
Der Vorsitzende eines Vereins muss nicht alles selbst organisieren. Auch wenn er als Vorsitzender oft als erstes angesprochen wird, kann er Aufgaben und Zuständigkeiten delegieren. Häufig gibt es gerade in Bereich der Kinder- und Jugendarbeit interessierte (aktive oder auch fördernde) Vereinsmitglieder, die sicher gerne in diesem Bereich engagieren würden. Diese Position ist ein wichtiges Verbindungsglied zwischen Vereinsleitung und musikalischer Leitung. Eine enge und engagierte Zusammenarbeit in beide Richtungen ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit mit einem Kinderchor.
Musikalische Leitung
Für die musikalische Ausrichtung eines Chores und damit eines Vereines ist der musikalische Leiter zuständig. Die fachliche Kompetenz, erworben durch spezifische Fortbildungen, die von Verbänden oder Akademien angeboten werden, garantiert eine Qualität, die gerade im Bereich der Kinderchöre besonders wichtig ist. Der Verein sollte damit werben, dass die Kinder professionell betreut und ausgebildet werden, ist aber gleichzeitig in der Pflicht dies auch umzusetzen, was nur in Zusammenarbeit mit dem Chorleiter oder der Chorleiterin geschehen kann. Man sollte sich von dem Gedanken verabschieden, dass ein Kinderchorleiter finanziell weniger „wert“ ist. Fachkenntnisse zur Probenmethodik und -didaktik, spezifische Kenntnisse zur Kinderchorliteratur sowie zur Kinderstimmbildung und zur Funktionsweise der Kinderstimme und deren Veränderungen in der Mutation erfordern Expertenwissen.
Manche Vereine haben für mehrere Chöre den selben Chorleiter, andere haben mehrere Chorleiter für die verschiedenen Chorgattungen. Beides hat Vorteile: Ein Chorleiter alleine hat den kompletten Überblick über den gesamten Verein. Er kann Konzerte so planen, dass auch gemeinsame Auftritte verschiedener Chöre reibungslos ineinandergreifen. Bei mehreren Chorleitern ist es wichtig, dass das musikalische Team eines Vereines miteinander funktioniert und regelmäßig Absprachen getroffen und eingehalten werden. Konkurrenz belebt das Geschäft und jeder Chorleiter kann sich voll und ganz auf seinen Chor konzentrieren. Aber es darf nicht zu Kompetenzgerangel innerhalb eines Vereines kommen.
Verschiedene grundsätzlichen Punkte müssen außerdem geklärt sein. Hier muss die Vereinsleitung zusammen mit dem Chorleiter ein klares Statement treffen:
- Welcher Ausrichtung folgt der Chor hinsichtlich der Literatur (einstimmig/mehrstimmig, klassisch/modern)
- Auswahl der Mitglieder (jeder darf teilnehmen/Auswahlchor)
- Stimmbildung (externer Stimmbildner/Stimmbildung durch den Chorleiter innerhalb der Chorprobe)
- Probezeit
Betreuung/Jugendbegleiter
Neben dem Chorleiter ist der Betreuer/die Betreuerin (im Folgenden: Betreuer) eines Kinderchores die zweite Bezugsperson neben dem Chorleiter. Es sollte möglichst immer dieselbe Person Ansprechpartner der Kinder sein, besonders wenn der Chor aus sehr jungen Kindern besteht. Die Betreuungsperson und der Chorleiter bilden im besten Fall eine Einheit. Als Chorleiter kann man sich voll und ganz auf die musikalische Arbeit konzentrieren, wenn der Betreuer weiß, wo der Chorleiter Unterstützung benötigt und diese Dinge eigenständig umsetzt. Dies gilt nicht nur für die Anwesenheit der Betreuer in den Proben, sondern auch ganz besonders in Konzerten. Konkrete Unterstützungen liegen besonders in den Bereichen:
- Betreuung der Kinder, wenn der Chorleiter nicht da ist (Probe, vor Konzerten, Pausen etc.)
- Angebot von überfachlicher Jugendarbeit (Freizeiten, Bastelnachmittage, Spieleangebote, Ferienbetreuung, Kinobesuch etc.)
- Ablage und Archivierung von Chornoten
- Elternarbeit (siehe 5.)
Die Jugendleiterausbildung und der damit verbundene Erwerb der Jugendleiterkarte (juleica.de) hilft bei der Umsetzung der Betreuungsaufgaben. Wer sich in der Jugendarbeit engagiert, braucht spezifische Kenntnisse und eine entsprechende Schulung in Gruppenpädagogik, Recht, Spielepädagogik und Erster Hilfe. Jeder sollte die verschiedenen Führungsstile kennen, sollte Gruppenprozesse erkennen können und sich ein Basiswissen aneignen.
Kooperationen
Kooperationen dienen dem Austausch zweier oder mehrerer Partner. Eine Kooperation darf nicht einseitig verlaufen, sondern die beiden Partner müssen gleichberechtigt sein. Nur so kann eine dauerhafte Partnerschaft bestehen. Gerade für Kinderchöre gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit Partnern zu kooperieren:
Kooperationen mit Schule, Kirche, anderen Vereinen, Musikschulen, Altenheim/Seniorenheim oder Firmen: Bei jeder Kooperationsform sollten alle Mitglieder des Vereines über die Angebote und deren Stand informiert werden. Schließlich sollten sie in der Lage sein, auch bei Fragen über Entwicklungen oder aktuelle Projekte im Verein Auskunft zu geben. Somit präsentiert jedes einzelne Mitglied seinen Verein auch in der Öffentlichkeit. Außerdem dient dies der Imagebildung am Ort und auch darüber hinaus.
Elternarbeit
Regelmäßige Elternabende stützen das Vertrauensverhältnis zwischen Verein und Eltern. Hier erhalten sie allgemeine Informationen zum Chor und zu den anstehenden Terminen. Besonders wichtig ist jedoch, dass die Eltern mit der Auswirkung des Singens auf die Entwicklung und die Persönlichkeitsbildung ihrer Kinder vertraut gemacht werden. So verstehen die Eltern die Arbeit im Chor als einen wichtigen Baustein in der Ausbildung ihrer Kinder.