Wie wollen wir uns in der Öffentlichkeit präsentieren?
Traditionelle Pressearbeit, das Pflegen einer Website, Posts auf Social Media und die Bewerbung von Veranstaltungen – das alles sind Elemente, mit denen Chöre sich in der Öffentlichkeit präsentieren und so ein bestimmtes Bild von sich nach außen tragen. Wie professionell muss dieses Bild in der Amateurmusik sein?
Tatsächlich geht das Erscheinungsbild eines Chores heutzutage aber weit über die Outfit-Frage hinaus. Fast jeder Chor hat ein eigenes Logo, eine Website und macht mit Flyern oder Plakaten Werbung für Veranstaltungen. Gerade im Sinne des Wiedererkennungseffekts lohnt es sich, diese verschiedenen Elemente und Kanäle aufeinander abzustimmen und ein einheitliches Bild zu erzeugen.
Selbst- und Fremdbild müssen harmonieren
Corporate Identities sind in Unternehmen heutzutage Standard und zumeist ausgeklügelt bis ins kleinste Detail. Es handelt sich dabei um das Selbstbild, das die Firma von sich nach außen transportieren möchte. Der Vorteil: Es gelten feste Regeln für das Erscheinungsbild, Farben und Schriften sind bspw. klar definiert, das Logo steht nicht nur für sich, sondern wird in verschiedene Kontexte (z. B. Visitenkarten, Briefpapier, Online-Auftritte, Broschüren und evtl. sogar Arbeitskleidung) eingebettet und weiterentwickelt. So wirkt der Auftritt des Unternehmens professionell und aufgeräumt – und ist je nach Bekanntheitsgrad unmittelbar der Firma zuzuordnen. Oder wer denkt bei weißer Schrift auf leuchtend rotem Hintergrund nicht direkt an die Sparkasse?
Diesen Wiedererkennungswert würden sich viele Chöre wünschen. Aber eine Corporate Identity hat ihren Preis. Nicht jeder Verein hat dieses Geld auf der hohen Kante. Und ein Garant für mehr Mitglieder, Besucher:innen oder Aufmerksamkeit ist sie nicht automatisch. Lohnt es sich also, Sponsoren oder Fördermittel dafür aufzutreiben bzw. muss es tatsächlich gleich ein Corporate Design sein? Oder lässt sich schon mit kleineren, wirkungsvollen Details ein ähnlicher Effekt erzielen? Auf jeden Fall muss ich mir überlegen, welches Bild ich von meinem Chor denn eigentlich in der Öffentlichkeit präsentieren möchte. Wer schon einmal eine sogenannte Leitbilddiskussion geführt hat, weiß, dass diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten ist – auch wenn es so scheint. Es ist jedoch wichtig, sich diese Gedanken einmal zu machen, denn nur so findet man heraus, ob das aktuell kommunizierte Selbstbild eigentlich mit dem tatsächlichen Leitbild übereinstimmt, oder ob hier vielleicht ein ganz falsches Bild transportiert wird.
Es geht also auch um Authentizität und Glaubwürdigkeit. Wer zwar ein modernes Erscheinungsbild hat, jedoch nur traditionelles Liedgut singt, seinen Online-Auftritt nicht pflegt und neuen Ideen oder Mitgliedern gegenüber verschlossen ist, darf sich nicht wundern, wenn Leute, die vom dynamischen Look angelockt wurden, enttäuscht sind und ein nachhaltiger Effekt ausbleibt. Umgekehrt genauso: Wer eine Internetseite aus den 90ern hat – oder noch schlimmer: online gar nicht erst präsent ist –, das Logo seit 30 Jahren nicht mehr überarbeitet hat und Plakat-Überschriften mit WordArt macht, kann auch nicht damit rechnen, dass junge Menschen sich davon angesprochen fühlen.
Aber keine Angst, ein stimmiger Gesamteindruck erfordert nicht zwangsweise ein professionell ausgearbeitetes Corporate Design. Ihr Chor hat schon ein gutes, zu Ihnen passendes Logo? Perfekt! Möglicherweise lassen sich daraus ja Farben oder Gestaltungselemente ableiten, die Sie bei der Erstellung einer Website oder für Plakate übernehmen können. Oder Sie haben bereits ein stimmiges Bühnen-Outfit in einer bestimmten Farbe, was wiederum bei der Erstellung eines neuen Logos aufgegriffen werden kann.
Welche Kanäle sind wichtig?
Überlegen Sie sich gut, wer Ihre Zielgruppe ist und wo Sie diese am besten erreichen. In den sozialen Medien haben sich die Altersstrukturen in den letzten Jahren etwas verschoben. Während Facebook bei Unter-30-Jährigen heutzutage kaum mehr eine Rolle spielt, ist das sogenannte „Mittelalter“ hier noch gut vertreten und zum Teil sehr aktiv. Jüngere Menschen erreichen Sie v. a. auf Instagram oder TikTok. Auch Social-Media-Auftritte wollen gepflegt werden, wenn sie erfolgreich sein sollen. Das erfordert Zeit und Aufwand. Umso wichtiger ist die Frage, welche Kanäle für Sie überhaupt notwendig oder sinnvoll sind.
Bündeln Sie Ihre Ressourcen und schrecken Sie nicht davor zurück, Kanäle auch wieder zu deaktivieren, wenn sie nur Zeit kosten, aber nicht den gewünschten Effekt haben. Darüber hinaus muss nicht jede Information auf jedem Kanal ausgespielt werden. Websites dienen heutzutage vor allem als (eher statische) Informationsplattformen. Halten Sie den Bereich mit aktuellen Infos überschaubar. Die dadurch gewonnene Zeit können Sie dann für Social-Media-Posts verwenden. Die hier kommunizierten Inhalte sind viel kurzlebiger und aktueller.
Auch wenn Social Media und Co. heutzutage hervorragende Werkzeuge zur Selbstvermarktung sind, sollten Sie dennoch die traditionelle Pressearbeit nicht vernachlässigen. Für viele Menschen ist die Tageszeitung nach wie vor die Informationsquelle Nr. 1 – und kann evtl. auch neue Interessensgruppen erschließen.
Professionalität und Ansprechbarkeit
Ein professionelles Auftreten ist auch im Amateurmusikbereich unverzichtbar, besonders gegenüber Sponsoren und Fördernden. Dazu gehört, dass der Chor für Außenstehende ansprechbar ist. Das Minimum ist eine auf der Website angegebene E-Mail-Adresse und/oder Telefonnummer. Das allein ist aber nur die halbe Miete – eingehende Nachrichten müssen natürlich auch zeitnah – d. h. innerhalb weniger Tage – beantwortet werden. Reaktionszeiten von vier Wochen oder gar keine Antworten sind unprofessionell, machen einen unzuverlässigen Eindruck oder signalisieren schlicht die Botschaft „Kein Interesse“ – was sehr schade ist, gerade wenn potenziell neue Mitglieder Sie so erreichen wollen.
Machen Sie sich auch Gedanken über die E-Mail-Adressen selbst, die Sie nach außen kommunizieren. Ist es wirklich sinnvoll, Vereins-Themen über Ihre private E-Mail-Adresse abzuwickeln? Vereins-Adressen wie info@beispielchor.de oder vorstand@gesangverein-musterstadt.de wirken einheitlicher und haben den Vorteil, dass sie bei einem Wechsel in der Vorstandschaft einfach von einer Person auf die andere übertragen werden können. Das macht es auch für übergeordnete Verbände einfacher, Sie zu kontaktieren.
Mitglieder als Multiplikatoren
Ob Sie sich nun also zunächst einmal Gedanken über Ihr Leitbild machen wollen, ein neues Bühnen-Outfit planen oder bereits an einem Corporate Design feilen: Nehmen Sie Ihre Mitglieder mit auf diesen Weg und binden Sie sie unbedingt in den Prozess mit ein! Wenn Ihre Mitglieder das Leitbild Ihres Chors leben und hinter dessen Auftritt stehen, werden Sie zu unverzichtbaren Multiplikatoren – auch in der Öffentlichkeit.