Auf in den April – mit einem „Froschkonzert mit Dagobert“
Wie das beliebte „Froschkonzert“ und andere heitere Froschlieder zeigen, haben unsere Lurche einen guten Ruf in der Singszene. Das war nicht immer so.
Jahrhundertelang gehörten Frösche, Unken und Kröten (man machte früher zwischen diesen Lurchen keine Unterscheidung) zu den unbeliebtesten Geschöpfen in Gottes schöner Natur. Sie galten unseren Vorfahren als eklig und hässlich, aufgrund ihrer Lebensweise im Morast als unrein und giftig, und man brachte sie mit Krankheit und Tod in Verbindung. Nach christlichen Moralvorstellungen zählten sie zum sittlich verderbten Gefolge des Teufels. In der Kunst dienten sie deshalb als Sinnbilder einer triebhaften, sündigen Lebensführung. (Aus jener Zeit stammt noch der Begriff „krottenschlecht“, der bekanntlich von den Krotten / Kröten hergeleitet ist.)
Das negative Zerrbild von den Lurchen begann sich im Zeitalter der Aufklärung allmählich zu wandeln. Man sah diese Tiere nun nicht mehr durch die moralisch gefärbte Brille der Religion, sondern mit den ungetrübten Augen der Wissenschaft. Da erschienen die Winzlinge gleich deutlich harmloser.
Und mit Darwin drehte sich die Sichtweise dann gänzlich: Aus den kleinen schlüpfrigen Dämonen wurden plötzlich unsere evolutionsgeschichtlichen Vorfahren. Die wiederum konnten nun in Kunst und Literatur sogar in menschliche Haut schlüpfen – und der Mensch in ihre. Froschkönige lassen grüßen! Sänger übrigens auch! Man sehe sich nur die vielen Ansichtskarten an, die Frösche als Sänger zeigen. Oder Ludwig Bechsteins heiteres Kinderbuch vom Frosch-Gesangverein „Brüllaria“.
Komischer Gesang für Männerstimmen – Mit obligatem Froschconcertando
Zum üblen Image der Froschlurche haben sicher auch ihre wenig harmonischen „Froschkantaten“ beigetragen. Man kann sie ab April wieder an Seen und Sümpfen vernehmen, wenn die Männchen mit ihren prallgefüllten Schallblasen versuchen, die Weibchen durch lautes Keckern und Quaken auf sich aufmerksam zu machen.
Das disharmonische Geschrei der zum Chor vereinten Solisten ist dann auch gern ein Aufhänger für allerlei Froschlieder aus menschlicher Feder gewesen. Man denke hier zum Beispiel an Albert Brachvogels Einakter „Die Frösche der Latona“, eine „Lustige Historia, in unterschiedliche Reimlein gebracht mit obligatem Froschconcertando“ aus dem Jahr 1849. Es ist eine von Franz Mücke (1819-1863) vertonte Satire auf das Revolutionsjahr 1848, in der die Volksdeputierten und die Patrizier den Chor bilden.
Ein weiteres Beispiel ist die „Froschkantate“ („In den Seen, Teichen, Bachen“) von Karl Hennig (1819-1873). Dieser „Komische Gesang für Männerstimmen“ war längere Zeit recht beliebt und ist auch heute noch manchmal auf heiteren Konzertprogrammen zu finden.
Große Frösch, kleine Frösch quaken zugleich!
Ein modernes Kinderlied beschreibt die Aufführungssituation singender Frösche schlicht so:
Heut ist Konzert bei den Fröschen am Teich, große Frösch, kleine Frösch quaken zugleich!
Quak quak quak quak, quak quak quak quak!
Etwas anspruchsvoller im Text, für einen erwachsenen Solisten und einen ein- bis zweistimmigen Kinderchor konzipiert, ist das heute sehr gern aufgeführte „Froschkonzert mit Dagobert“ von Peter Schindler (2014):
Heut Abend gibt Frosch Dagobert
mit seinem Froschchor ein Konzert.
Zu hör´n im schönsten Froschtutti
ist Mozarts Krötensinfonie.
Ein jeder hat sich fein gemacht
fürs Wunschkonzert um halber acht.
Vorhang auf, der Froschchor bebt,
wenn Dagobert den Taktstock hebt.
Quaaak, quak, quak, quak …
Von Kuno Knallfrosch bis Kermit the Frog
Eine ganze Reihe weiterer Stücke, die auf die kindliche Musik- und Bewegungspädagogik ausgerichtet sind, ließe sich hier noch anfügen, zum Beispiel das Mini-Musical „Kuno Knallfrosch“ oder „Fränki-Frosch und die Mondscheintomate“ mit „swingenden Melodien und groovigen Beats“.
Die einst Ekel erregenden Frösche sind demnach längst zu Sympathieträgern geworden. Sie dienen nicht nur als Totemtiere (Seelengefährten) der Umweltbewegung, sondern auch der Werbung für Singgruppen. So machte vor einigen Jahren der „Ich-kann-nicht-singen-Chor Stuttgart“ mit einem Aufkleber auf sich aufmerksam, der eine grasgrüne Froschtruppe mit dem Schriftzug zeigte: „Auch Frösche können singen!“ Natürlich! Wir wissen das. Spätestens seit Kermit the Frog aus der Muppet Show uns mit dem Song „It´s not easy being green“ beglückte.
Auch Frösche können singen
Last, not least: Wie verhält es sich eigentlich mit den Gesangskünsten der realen Froschlurche? Gibt es da wirklich nur das in unseren Liedern so oft zitierte eintönige „Quak“ zu hören?
Mitnichten! Neben den melancholischen Rufen der Unken (die ja als „Unkenrufe“ sprichwörtlich geworden sind) gibt es da noch so manche Besonderheit. Die Lieder des chinesischen „Kaskadenfrosches“ zum Beispiel klingen wie reines Vogelgezwitscher. Die Männchen steigern sich beim Wettbewerb in Vielfalt, Komplexität und Frequenz ihrer Laute so stark, dass die Forscher:innen in zwölfstündiger Beobachtungszeit keine einzige Wiederholung feststellen konnten. Eine andere Froschart wiederum quakt im Ultraschallbereich. Unsereins bekommt davon also gar nichts mit. Und mancher mag dafür sogar dankbar sein.