Gedächtnis und Arbeitspapier des Vereins
In wenigen Wochen findet der Chorverbandstag des Schwäbischen Chorverbands statt. Dieser ist – wie jeder seiner Vereine auch – ein eingetragener, gemeinnütziger Verein. Nur, dass seine Mitglieder keine natürlichen Personen, sondern ihrerseits Vereine sind, ob eingetragen oder nicht. Gelegenheit also, über ein praktisches Thema zu sprechen, welches für jede Mitgliederversammlung gleichermaßen von Bedeutung ist: das Protokoll.
Schon die alten Griechen benutzten diesen Begriff. Es bezeichnete ein Blatt mit dem knapp zusammengefassten Inhalt einer Papyrusrolle, auf die es geklebt wurde. Das Protokoll dient dazu, Inhalt und Verlauf einer Versammlung zusammenzufassen und zu beurkunden. Also auch eine Mitgliederversammlung. Es gibt verschiedene Protokollformen: Das ausführliche Protokoll, welches nicht nur den Verlauf und die Beschlüsse, sondern auch deren Zustandekommen und Diskussionsverlauf wiedergibt.
Andere Protokolle geben nur den Verlauf einer Versammlung wieder, also die Formalien einer Versammlung und den formalen Verlauf, wozu auch die Durchführung von Wahlen sowie Satzungsänderungen, zum Beispiel eine Änderung des Vereinszwecks etc.
Schließlich: das Ergebnisprotokoll. Es ist jene Protokollform, die das BGB vom Verein verlangt. Es enthält nur die Formalia, Beschlüsse und (Verfahrens-) Entscheidungen, aber keinen Diskussionsverlauf. Es ist die kürzeste Protollform, das Gegenteil des sogenannten Wortprotokolls, welches aber im Vereinsbereich praktisch nicht vorkommt – glücklicherweise!
Grundsätzlich wäre das Protokoll einer Mitgliederversammlung gar nicht erforderlich. Es dient dem Nachweis darüber, was in der Versammlung beschlossen wurde. Es beurkundet Satzungsänderungen, Zweckänderungen, Namensänderungen etc. (§ 71 Abs. 1 BGB) oder Änderungen in der Vorstandsbesetzung (§ 67 Abs. 1 BGB) insbesondere für die Anmeldung der diesbezüglichen Beschlüsse zum Vereinsregister. Vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder, (§ 26 BGB), die den Verein nach außen zu vertreten befugt sind, müssen ins Vereinsregister eingetragen werden (und ausscheidende müssen ausgetragen werden); des weiteren muss jede Satzungsänderung zum Vereinsregister angemeldet werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Im Prozess (Klage eines Mitglieds auf Nichtigkeit eines Beschlusses) ist das Protokoll wichtiges Beweismittel über den Inhalt und das Zustandekommen von Beschlüssen. Schließlich dient das Protokoll auch dazu, die Auskunftspflicht des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern zu erfüllen. Zweck-, Satzungs- und Namensänderungen müssen selbstverständlich eben-so wie Wahlergebnisse dem Registergericht mitgeteilt werden. Auch ihr Inhalt ergibt sich aus dem Protokoll.
Schließlich: auch das Finanzamt interessiert sich für die Protokolle der Mitgliederversammlung im Hinblick beispielsweise auf die Berichte zur Erfüllung des Vereinszwecks als Voraussetzung für die Fortdauer der Anerkennung des Vereins als gemeinnützig.
Im BGB nicht geregelt, jedoch unbedingt erforderlich sind die „Essentialia“ einer Versammlung, wie sie sich im Protokoll abbilden:
Ort, Datum und Uhrzeit der Versammlung, Benennung des Versammlungsleiters und des Protokollführers (beide können von der Mitgliederversammlung bestimmt werden; es muss also nicht immer der Vorstand, der 1. Vorsitzende und der Schriftführer des Vereins sein), Zahl der erschienenen Mitglieder (zweckmäßig: Teilnehmerliste), Tagesordnung, Durchführung von Wahlen und Ergebnis, Durchführung von Satzungsänderungen, Wahlen und Ergebnisse, Wortlaut anderer Beschlüsse und Abstimmungsergebnisse. Hinweis: Es wird dringend empfohlen, die Protokolle der Mitgliederversammlungen und – mehr noch! – die Protokolle der Vorstandssitzungen in einem Beschlussbuch festzuhalten (wobei dieses Beschlussbuch durchaus auch ein elektronisches sein kann!); Beschlüsse der Mitgliederversammlung sind für das Vereinsleben von erheblicher Bedeutung; sie sollten deshalb in jeder Mitgliederversammlung verfügbar sein, um ggf. darauf zurückgreifen zu können.
„Genehmigung“ des Protokolls
Das Gesetz sieht eine Genehmigung des Protokolls nicht vor. Eine Protokollgenehmigungspflicht kann sich allerdings aus der Satzung ergeben. Das ist in der Regel nicht der Fall. Die meist als solche bezeichnete „Genehmigung des Protokolls“ zu Beginn einer Folgeversammlung bedeutet also praktisch nichts anderes, als die Feststellung, dass Einwendungen gegen den Inhalt des Protokolls der letzten Versammlung nicht erhoben werden. Rechtsfolgen ergeben sich nicht, wenn eine solche „Genehmigung“ unterblieben ist.
Gegen das Protokoll können auch Gegenvorstellungen vorgebracht werden; das Protokoll kann „angefochten“ werden. Meistens finden sich dazu keine Regelungen in der Satzung, was auch nicht erforderlich ist. Eine Änderung des Protokolls –beispielsweise auf Grund einer Anfechtung – wird dadurch bewerkstelligt, dass im Protokoll der neuen Versammlung ein Hinweis auf die Berichtigung aufgenommen wird und im Nachgang zum alten Protokoll die Änderung festgehalten wird. Auch ohne Widerspruch oder Anfechtung sind Änderungen des Protokolls möglich. Allerdings nur mit Zustimmung aller, die das Protokoll unterzeichnet haben.
Einen Anspruch auf Protokollberichtigung hat indessen kein Vereinsmitglied, es sei denn, es wird durch den Protokollinhalt in seinen Persönlichkeitsrechten betroffen.
Als Ausfluss der Auskunftspflicht des Vorstandes gegenüber seinen Vereinsmitgliedern ist auf das Recht zur Einsichtnahme ins Protokoll zu verweisen, außerhalb einer Mitgliederversammlung nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses. Herausgabe, Kopie oder Zusendung schuldet der Verein seinem Mitglied allerdings nicht.
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.