Wie das Hinterfragen der Ämterstruktur Vereinen helfen kann
Die Vereinsstruktur ist in Deutschland durch das BGB geregelt. Die Struktur eines Vereins beruht, vereinfacht gesagt, meist auf der „Hoheit“ des Vorstandes, der die Verantwortung trägt und Aufgaben delegiert. Die Aufgabenempfänger – die restlichen Vereinsmitglieder – führen diese Aufgaben aus.
In der Realität der meisten Vereine machen oft wenige engagierte Personen den Großteil der Arbeit, was schnell zu Frustration und Stress führen kann. Das Motto „Gemeinsam sind wir stark“ schwächt sich häufig ab zu einem „Schon wieder? Nein, ich habe keine Zeit“ – ein mitunter vorgeschobenes Argument für ein Motivationsdefizit. Die (theoretisch) richtige Arbeitsstruktur eines Vereins lässt sich in der Satzung ablesen. Der Großteil der Chöre ist ehrenamtlich organisiert. Je größer der Verein, desto klarer müssen die internen Strukturen benannt werden, denn sonst kommt nach kurzer Zeit das Chaos. Zahlreiche Vereine kommen – aus unterschiedlichen Gründen – einmal an einen Punkt, an dem es kriselt. Um solchen Szenarien zuvorzukommen ist es wichtig, sich als Verein regelmäßig zu hinterfragen.
Was bedeutet Selbsthinterfragung im Verein?
Es bedeutet, sich zu überlegen, ob die jetzige Struktur des Vereins mit allen Facetten zukunftsfähig ist. Brauchen wir ein bestimmtes Amt noch? Soll das Amt des Notenwarts lieber jemand anders übernehmen? Brauchen wir vielleicht ein neues Amt für Jugendarbeit oder Social Media? Auch finanzielle Hinterfragung ist wichtig. Arbeiten wir wirtschaftlich? Können wir irgendwo Förderungsmaßnahmen wahrnehmen? Es bedarf in jedem Fall einer organisierten Person, die den Überblick behält, im besten Fall der Vorstand. Bei kleineren Vereinen hilft es außerdem, wenn die Stärken und Schwächen der einzelnen Mitglieder der koordinierenden Person bekannt sind. Ist dies nicht der Fall, hilft es auch hier einen Schritt aufeinander zuzugehen und in Aufgaben bzw. Ämter hineinzuwachsen. Ziele bewusst zu formulieren und abzuändern ordnet nicht nur die Prioritäten des Vereis neu, sondern motiviert die Mitglieder auch zur weiteren oder höheren Beteiligung. Darüber hinaus kann der Verein in der öffentlichen Wahrnehmung von selbst einen Schritt nach vorne machen, wenn er sich seiner wird und sie anpasst. Wichtig dabei: realistisch sein. Ein formuliertes Ziel sollte anhand von aktuellen Mitgliederzahlen und der eventuellen Verfügbarkeit in der nahen Zukunft dahingehend überprüft werden, ob es auch so umsetzbar ist. „Gute“ Ziele sind realistisch und konkret, haben den Rückhalt vom Großteil der Mitglieder und beantworten von selbst, warum ein Engagement zustande kommt.
Neue Ämter?
Neben den vorgeschriebenen Organen kann ein Verein auch zusätzliche Strukturen etablieren, um die internen Abläufe zu verbessern. Dazu zählen der Beirat (meist politische Amtsträger, z.B. Kommunalpolitiker zur zielorientierten Beratung) oder auch verschiedene Gremien und Ausschüsse (Expertengremien für die Themen Finanzen, Rechtsschwierigkeiten, Zertifizierungen, Eintragungen). So kann beispielsweise ein Vorstandsmitglied, das in der Finanzabteilung eines Unternehmens arbeitet, manche Herausforderungen sicher besser einordnen als andere. Zusätzliche Strukturen können separate Arbeitsgruppen (z.B. zur Ausrichtung von Veranstaltungen, für die Öffentlichkeitsarbeit etc.) sein, Geschäftsstellen (organisatorische und administrative Aufgaben wie Buchhaltung, Verwaltung der Mitgliederkartei oder Einkauf von Materialien) oder der Ehrenrat als ein beratendes und schlichtendes Organ, das zwischen Mitgliedern und Vorstand bzw. Chorleitung als neutrale Instanz vermitteln kann. Meistens kristallisieren sich diese „Schlichter“ von selbst heraus, indem sie keine allzu starke Meinung bei Diskussionen haben und von vorneherein versuchen zu vermitteln.
Geteiltes Leid ist halbes Leid
Ämterstrukturen zu hinterfragen, heißt aber nicht nur neue Ämter aufgrund von alten und neuen Aufgaben zu schaffen oder zu beenden, es heißt auch die bisherigen „Machtstrukturen“ zu hinterfragen. Das kann beispielsweise beinhalten, das Vorstandsteam von einer auf drei Personen zu erweitern. Das bietet insofern Vorteile, da es die vielen Aufgaben auf mehrere Personen aufteilt. Zur Nachfolge können dann einzelne Mitglieder rotierend eingesetzt werden, um Kompetenzen auszuprobieren. Es bietet sich auch an, viele kleine (aber notwendige) Aufgaben aus allen Ämtern auf viele Personen zu verteilen und die Arbeitslast für den Einzelnen klein zu halten. So ist dem Vorstand ein großer administrativer Aufwand abgenommen. Heißt: Ämter wie Notenwart, Zeugwart, Getränkewart, Freizeitbeauftragter oder Social-Media-Beauftragter erhalten jeweils eine Stellvertretung, verwalten sich weitestgehend selbst und versuchen bei jedem neuen Mitglied entsprechende Kompetenzen abzufragen. Es bietet sich ebenfalls an, den “Auszubildenden” zusätzliche digitale und haptische Arbeitsmaterialien bereitzustellen. Das ist zum einen effektiver und beugt Überforderung und Frustration vor und zeugt zum anderen von persönlicher Wertschätzung.
Am allerwichtigsten ist aber: Was wollen die Mitglieder? Es bedarf in jedem Fall einer klaren Kommunikation und Transparenz. Das schafft Vertrauen innerhalb des Vereins und kommt Missverständnissen zuvor. Nützlich können bei der internen Vereinsarbeit ein Schwarzes Brett, teilweise öffentliche Vorstandssitzungen, eine interne Vereinszeitung mit regelmäßigen Updates aus dem Vereinsleben sowie eine geheime Mitgliederbefragung für Kritik und Anregungen sein. In der Kommunikation nach außen bieten sich beispielsweise Presseartikel, Leserbriefe, Mitteilungen in Schaukästen, Plakate, ein Tag der offenen Tür, Veranstaltungen, ein „Schnuppertag“ für neue Mitglieder und auch Social Media an.
Jetzt sind Sie an der Reihe – Läuft in Ihrem Verein alles rund oder wünschen Sie sich eine Veränderung? Dann teilen Sie Ihre Meinung mit den anderen Vereinsmitgliedern oder zumindest mit denen Ihres Vertrauens und schaffen Sie einen Schritt in die neue Positionierung und Vermarktung ihres Chores!
Ist mein Vorstand richtig aufgestellt?
Diese Frage beleuchtet die Arbeitshilfe „Organisation im Vorstand“ aus verschiedenen Perspektiven. Die Arbeitshilfe finden Sie unter: www.s-chorverband.de/downloads